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Die Explosionsgefahr im Münsinger Hardt nicht unterschätzen
Sprengungen auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz
29.12.2006:
Es ist Samstag, 16. Dezember 2006. Das verlassene Dorf Gruorn im Münsiger
Hardt ist komplett abgeriegelt. Der ehemalige Stabsfeldwebel und Feuerwerker
bei der Bundeswehr Bernie Diether (Foto) und Sprengmeister Heinrich-Bernhard
Scho bereiten die Sprengung scharfer Munition in einem Erdloch nahe des
Dorfes vor. Nach zwei kurzen Warnsignalen fliegen eine Panzerfaust, ein
20-Millimeter-Geschoss und mehrere Patronen mitsamt den 500 Gramm Semtex-Sprengstoff,
Steinen und Erdklumpen aus der Umgebung in die Luft.
Bei der Kartierung von Obstbäumen hatte Ulrich Schroefel, Grünflächenberater
beim Landkreis, eine verrostete aber scharfe amerikanische 89 Millimeter
Panzerfaust entdeckt. Und das, obwohl man in Gruorn schon allein
wegen der traditionellen Treffen an Allerheiligen und Pfingsten schon
seit Jahren das Gelände nach Munitionsresten absucht, zeigt
Diether die Tücken der mörderischen Überbleibsel auf.
Die Idylle auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz trügt. Unter
der Grasnabe der weitläufigen Schafweiden, zwischen den alten Weidbuchen
und in den Wäldern stecken Munitionsreste aus einer Zeit von rund
100 Jahren Schießbetrieb im Herzen der Biosphäre. Grobe Schätzungen
gehen von rund 500 000 Geschossen mit Zünder aus, die noch unerkannt
im Boden liegen. Vielleicht hat ihr Aufschlagzünder bei Übungen
irgendwann im Laufe des vergangenen Jahrhunderts nicht ausgelöst?
Bernie Diether kennt die Gefahren und ihre Folgen sehr genau. Immer
dann, wenn Förster, Waldarbeiter oder Besucher alte Geschosse finden,
wird er alarmiert. Er beurteilt, ob er die Munition selbst abtransportieren
kann, oder ob sie so gefährlich ist, dass ein spezielles Einsatzteam
den Blindgänger vor Ort sprengen muss.
Ein Transport der Panzerfaust wäre auch in diesem Fall zu
riskant gewesen, schildert Bernie Diether die Lage, denn keiner
kann voraussehen, ob und wann der Aufschlagzünder doch noch auslöst.
Diese Problematik besteht grundsätzlich bei allen alten Geschossen.
Ihr Innenleben ist meist noch intakt, durch einen Schlag oder auch Hitzeeinwirkung
können noch scharfe Geschosse explodieren.
Solche Einsätze sind mittlerweile Routine. So wurde im Spätsommer
Heroldstatt ein Fußweg für den Albverein als Zugang zum dortigen
Gitterturm angelegt. Noch außerhalb der Panzerringstraße fanden
die Arbeiter bei Grabungen den Blindgänger eines 76-Millimeter-Nebelgeschosses,
das mit Weißem Phosphor gefüllt war. Weißer
Phosphor brennt in Verbindung mit Luftsauerstoff mit sehr heißer
Flamme ab und erzeugt giftige Dämpfe und weißen Nebel. Er ist
nicht mit Wasser löschbar. Wird die Flamme zum Beispiel mit Sand
erstickt, brennt der Phosphor sofort wieder, sobald der Sand entfernt
wird, machte Bernie Diether die Gefahr, die von diesem Schrott ausging
deutlich. Der Blindgänger wurde im Herbst dieses Jahres gesprengt.
SPHÄRE WISSEN
Wie gefährlich sind Blindgänger?
Rund
500 000 Geschosse mit Zünder so die Schätzungen
liegen auf dem rund 6700 Hektar großen Gelände im Erdreich
verborgen. Wanderer sollten einige Vorsichtsmaßnahmen beherzigen,
um sich und andere nicht in unnötige Gefahr zu bringen. So dürfen
generell keine Munitionsreste oder auch nur leere Patronenhülsen
aufgesammelt werden. Oft sind die Geschosse äußerlich
verrostet und sehen kaputt aus, doch der Mechanismus im Inneren kann durchaus
intakt sein, erklärt Bernie Diether. Man kann also vom äußeren
Anschein her nie beurteilen, ob das Geschoss scharf ist, ob und wann es
explodiert. Herumliegende Patronen einfach liegen lassen,
fasst der Feuerwerker denn auch das einzig richtige Verhalten zusammen.
Manche Geschosse können auch durch Hitzeeinwirkung ausgelöst
werden, daher ist offenes Feuer im ehemaligen Truppenübungsplatz
verboten.
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Übrigens: Die nächste Sphäre erscheint ab: 1. April 2007.
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