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Urpferd aus dem Lautertal im Gestütsmuseum Offenhausen

Ein Zeitgenosse von Ötzi?

14. August 2007: Pferde in und um Marbach hatten zu allen Zeiten einen hohen Stellenwert und eine sehr lange Tradition. Eine Leihgabe des Münsinger Heimatmuseums zeigt nun auf, dass Pferde nicht erst zu Lebzeiten des vor einigen Jahren in den Stubaier Alpen aufgefundenen Ötzi, sondern womöglich schon viel früher auf der Alb zuhause waren.

Im Jahr 1953 stießen Arbeiter bei Baggerarbeiten im Bachbett der Lauter in Hundersingen, hinter dem damaligen Gasthof zum Löwen in drei Meter Tiefe auf einen Kalkklumpen, der beim Ausladen aus der Baggerschaufel an einer Seite aufsprang und den Blick in ein Gebiss frei machte. Nachträglich ist den Arbeitern Dank zu sagen, dass der Klumpen nicht den Weg des übrigen Aushubs gehen musste, sondern zur Begutachtung an die Universität Tübingen gelangte. Dort bestätigte ein Paläontologe, dass es sich um den Kopf eines Hippoiden vom Typ des Equus Caballus, also zweifelsfrei eines Pferdes handelte. Als paläontologisch bedeutungslos gelangte das Fundstück wieder zurück nach Hundersingen und, da vom Wissenschaftler wegen der Erhaltung im Gestein als recht schön bezeichnet, unmittelbar danach ins Museum der benachbarten Amtsstadt Münsingen.

Dort lag der Kopf nun 54 Jahre in einer bunten Gesellschaft von Ofenplatten, Münzen, Schusters alten Werkzeugen und palöolithischen Artefakten. Sicher wäre auch noch eine weitere Besuchergeneration daran vorbeigegangen, wären alle Exponate in den letzten Monaten im Hinblick auf eine Neukonzeption des Heimatmuseums nicht kritisch gesichtet und das Fundstück aus Hundersingen aussortiert worden. Inzwischen hat der Pferdekopf etliche Reisen durch das Land gemacht und wurde Fachleuten zur Begutachtung vorgelegt, da die Betreuer des Gestütsmuseums mehr über den Kopf erfahren wollten.

Die jetzt vorliegenden Aussagen lassen freilich derart weit gefächerte Deutungen zu, dass eigentlich mehr neue Fragen auftraten als bisherige beantwortet wurden. Allein in einem Punkt gibt es keine Zweifel: Es handelt sich um den Kopf eines relativ kleinen Robustpferdes. Frau Dr. H. Priess vom Haupt- und Landgestüt nennt den Kopf kürzer als den eines heutigen Arabers. Der den Kopf umgebende Kalkmantel gibt aber Rätsel auf. Vor 54 Jahren deutete der Paläontologe Dr. Hölder von der Universität Tübingen den Fund als Kopf eines Pferdes, das sicher nacheiszeitlich, vermutlich viel später im Lautertal gelebt hat, da die Bildung von Kalktuff erst danach einsetzte. Seiner Größe nach könnte es sich dann noch um ein Wildtier gehandelt haben, das von unseren Vorfahren gejagt wurde wie anderes Wild.

Freilich könnte es nach dieser Erkenntnis auch der Kopf eines bereits dem Menschen dienenden Pferdes sein, fand doch der Vorgang der Domestikation vermutlich im mittleren Neolithikum, also an der Wende des 3. zum 2. Jahrtausend vor Christus statt. Fachleute führen die rasche Ausbreitung der sogenannten Glockenbecherkultur quer durch Europa in dieser Zeit eben auf den Gebrauch des Pferdes zurück. Reitende Krieger aus den Steppen Mittelasiens verwüsteten in der Folgezeit ganze Landstriche Palästinas. Das hochgerüstete Ägypten war den Eindringlingen der sogenannten Hyksos mit ihren von Pferden gezogenen Kriegswagen geradezu hilflos ausgeliefert.

In diese Zeit führen auch die frühesten, in Felsen geritzten Darstellungen von Reitern aus dem Val Camonica in der Nähe des Gardasees und vom Onega-See in Südrußland. Archäologische Spuren deuten auf eine vergleichweise dichte Besiedlung der Gegend um Hundersingen während der jetzt einsetzenden Hügelgräberbronzezeit, also um die Mitte des 2. Jahrtausends vor Christus hin. Mehrere Grabhügel gaben bei Untersuchungen vor 80 Jahren ganze Friedhöfe mit bis zu 35 Skeletten frei von Menschen, die Bernsteinschmuck und andere Luxusgüter besessen hatten. Mit Sicherheit haben die damaligen Bewohner des Lautertales auch längst über gezähmte Pferde verfügt.

Sicher wäre uns dieses Bild vom Pferd aus Ötzis Zeit auch weiterhin erhalten geblieben, hätten nicht die Aussagen von zwei Mitarbeiterinnen des Landesamts für Denkmalpflege in Konstanz in diesen Tagen die bisherigen Deutungen in Frage gestellt. Die Geologin Dr. Schatz sowie die Osteologin Dr. Elisabeth Stephan untersuchten die Außenschicht und stellten fest, dass der Kalkmantel in einem fließenden Gewässer nicht entstanden sein kann. Das Fehlen organischer Ablagerungen weist darauf hin. Da sich keine Höhlen in der unmittelbaren Umgebung befinden, muss auch die Fundtiefe von 3 Metern in alle weiteren Überlegungen einbezogen werden.

Es kann sich bei der Fundstelle eigentlich nicht um die Überlagerung nach einer Rodungsphase handeln. Dagegen könnte es sich beim jetzt im Gestütsmuseum befindlichen Exponat tatsächlich um den Kopf eines kleinwüchsigen Steppenpferdes aus der letzten Zwischeneiszeit, also um ein echtes Urpferd handeln. Zur Erinnerung: In der Kälte Mitteleuropas lebten während der letzten, in die Zeitspanne zwischen 125 000 und 18 000 Jahre v.Chr. fallenden Eiszeit Pferde nicht, sehr wohl aber in der Zeit davor. Um letzte Gewissheit zum Alter des Kopfes zu erhalten, hätte ein größerer Teil des Kiefers oder der einzige Zahn entnommen werden müssen. Dazu wollte man sich nicht entschließen, eben weil es sich – nach den Worten des Paläontologen Hölder – um ein wegen der Erhaltung im Gestein recht schönes Museumsstück handelt.

Adresse:

Gestütsmuseum Klosterkirche
72532 Gomadingen-Offenhausen
Tel.: (07385) 9696-33


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Übrigens: Die nächste Sphäre erscheint am: 1. Dezember 2007. Jetzt schon abonnieren

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