Autofahren ohne Autofahrer

Landesnaturschutzverband hat viele Fragen

Autoindustrie und Politik haben nach aktuellen Medienberichten ein gemeinsames Ziel: das automatisierte Fahren. Die Euphorie ist groß: man hat schon die dafür geeignete Teststrecke (A 81) gefunden und möchte, laut einem Daimler-Konzern-Sprecher, am liebsten mit der Erprobung dort schon in diesem Jahr beginnen.

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Der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg (LNV) hält diese Technologie für bei weitem noch nicht ausgereift und fordert, dass der Nachweis für die Alltagstauglichkeit zunächst auf nicht-öffentlichen Teststrecken erbracht wird und nicht auf dem „digitalen Testfeld Autobahn“. Die geplante Teststrecke in Immendingen könnte vielleicht ab 2017 diesen Nachweis liefern.

Auch juristische Fragen, insbesondere der Verantwortlichkeit bei Unfällen und des Datenschutzes, seien bisher in keiner Weise geklärt. „Wenn jetzt schon angekündigt wird, Straßen für die Erprobung von selbst fahrenden Fahrzeugen auszustatten und freizugeben, würde – so LNV-Vorsitzender Reiner Ehret – der 3. und 4. Schritt vor dem ersten getan“.

Der LNV weist darauf hin, dass bisher keine gesellschaftliche Debatte stattgefunden habe über die Bedingungen und die Sinnhaftigkeit des automatisierten Fahrens. Im Schienenverkehr ist nach Einschätzung des LNV die Situation anders, weil dort die Voraussetzungen in idealer Weise vorhanden sind, u. a. festgelegte, millimetergenaue Fahrwege, mit allen Verkehrsteilnehmern abgestimmte Fahrpläne, ein komplexes, alle Fahrzeuge einbeziehendes Sicherheitssystem.

In der öffentlichen Sinn-Debatte müssten nach Ansicht des LNV u. a. folgende Fragen gestellt werden:

  • – Welche Eingriffsmöglichkeiten lässt das autonome System zu?
  • – Wie muss bei Systemausfall regiert werden?
  • – Kann die Einschränkung der Autonomie des Fahrers zu Gefahren führen?
  • – Welche gefährlichen Situationen kann das autonome System nicht erkennen?
  • – Inwieweit werden durch den Autopiloten geistige und körperliche Kompetenzen und bisher autonome Gestaltungsmöglichkeiten vermindert?
  • – Wie groß ist der gesellschaftliche Bedarf für autonomes Fahren?
  • (Autonomes Fahren bei körperlicher Behinderung wird nicht in Frage gestellt.)
  • – Ist das wirklich die von allen gewünschte Zukunft des Fahrens?

Reiner Ehret stellt fest: „Ob automatisiertes Fahren oder auch überlange LKW (Giga-Liner) gesellschaftlichen Fortschritt bedeuten, ist durchaus zweifelhaft; mit konkreten Entscheidungen für ein Tempolimit auf Autobahnen, für Verkehrsberuhigung, Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel und Verkehrsverlagerung auf die Schiene wären wir aber ganz sicher auf dem richtigen Weg “.

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