Havarie des Gärsubstratbehälters einer Biosgasanlage in Engstingen
Aus dem gestern havarierten Gärsubstratbehälter einer Biogasanlage in Engstingen/ Haid sind nach geänderter Mitteilung des Anlagenbetreibers rund 1500 Kubikmeter Flüssigkeit ausgetreten. Zur Ursache laufen polizeiliche Ermittlungen, beim Landratsamt Reutlingen ist ein Einsatzstab gebildet worden. Darin arbeiten Vertreter des Umweltschutzamts, das auch für die Genehmigung des betroffenen Gärsubstratbehälters zuständig ist, sowie das Gesundheitsamt und die Presse-und Öffentlichkeitsarbeit.
Die Feuerwehren Engstingen, Pfullingen, Trochtelfingen, Hohenstein sowie einer Werksfeuerwehr waren gestern von 5 bis 23 Uhr im Dauereinsatz, um den leckgeschlagenen Behälter abzudichten, das Gärsubstrat aus sieben Gebäuden abzupumpen und Straßen, Plätze und Wiesen zu reinigen. Mit dem DRK-Rettungsdienst und der DRK Bereitschaft Engstingen-Hohenstein waren gestern insgesamt 138 Einsatzkräfte und 25 Fahrzeuge eingesetzt.
Die Ergebnisse der ersten Wasserproben zeigen, dass für die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung keine Gefahr besteht. Die Beprobungen erfolgen weiterhin engmaschig und bei Bedarf kann eine Trinkwasserersatzversorgung zugeschaltet werden. Geringe Mengen an mit Gärsubstrat verunreinigtem Abwasser sind ungeklärt in die Seckach gelangt. Flussabwärts in der Lauchert bei Gammertingen wurden heute fünf tote Fische entdeckt. Die Untersuchungen der Gewässer laufen.
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Gülle energetisch verwerten ohne den Schutz der Umwelt zu vernachlässigen!
BUND stellt nach dem gravierenden Unfall in der Biogasanlage im Gewerbegebiet Haid/ Enstingen Fragen und Forderungen
Immer wieder kommt es in Deutschland zu sogenannten Güllehavarien bei Transportunfällen, durch illegale Gülleausbringung insbesondere in Gewässerr durch Betriebsunfälle wie der vom 11. Januar bei Engstingen. Thomas Goerlich, Mitglied des BUND-Regionalverbandvorstandes aus Trochtelfingen, hofft, dass das ausgeflossene Gärsubstrat trotz der großen Menge von 1,5 Mio Liter keine erheblichen Umweltschäden zur Folge haben wird. Denn die ammoniakhaltige, stinkende Gülle floss vor allem über versiegelte Gewerbefläche und konnte zu großen Teilen abgepumpt werden.
Trotzdem deuten das in Folge des Unfalls übergelaufene Klärbecken bei Trochtelfingen sowie Gärflüssigkeit im Flüsschen „Seckach“ darauf hin, dass Fließgewässer und ihre Fauna sowie Trinkwasserwasserfassungen bedroht sein könnten.
Große Teile der Schwäbischen Alb, so auch das Gebiet um Engstingen sind aufgrund des karstigen, wasserdurchlässigen Untergrunds zu Recht Trinkwasserschutzgebiet. Der BUND Regionalverband Neckar-Alb fordert deshalb eine intensive Überprüfung auf mögliche Verschmutzung – auch der Quellen am Albtrauf im Einzugsgebiet. Außerdem stellt der Umweltverband die Frage, weshalb diese Biogasanlage offensichtlich ohne ausreichend großen Auffangraum betrieben werden durfte.
Der BUND kritisiert generell, dass für „Anlagen, die mit Gülle, Jauche usw. umgehen“ so der §1 der Anlagenverordnung* für wassergefährdende Stoffe weniger strenge Schutzvorkehrungen gelten als für andere Anlagen, in denen z. B. mit Kraftstoffen oder Säuren gearbeitet wird. Diese aus Wasserschutzsicht nicht nachvollziehbare Ausnahme sollte gestrichen werden.
Der BUND Bundesverband hat 2016 unter dem Titel „Schlamperei, Pech und Sabotage im Umgang mit Gülle“* eine Übersicht über die jüngsten Güllehavarien in Deutschland erstellt. Neben dem „Dauerskandal“ von vielerorts zu hohen Nitratwerten in überdüngten, landwirtschaftlichen Flächen schädigen diese Vorfälle den Ruf der Landwirtschaft und der Biogasbranche. Auch deshalb sind Behörden und Betriebe in der Pflicht: Mehr Kontrolle und sorgsamerer Umgang mit diesem wertvollen, aber umweltgefährdenden, nachwachsenden Rohstoff zur Strom- und Wärmeerzeugung.
* Link zu der zitierten BUND-Übersicht: https://www.bund.net/themen/massentierhaltung/tierhaltung/guelleunfaelle/
* Oben genannte Verordnung. Gleich in §1 wird erwähnt, dass die für den Wasserschutz wichtigen §§ 2, 5 und 6 aus nicht nachvollziehbaren Gründen u. a. für Biogasanlagen nicht gelten: https://www.gaa.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/16491/2_3_05.pdf
BUND RV Neckar-Alb / Landesverband Baden-Württemberg e.V. (https://www.bund-neckar-alb.de)