Reaktionen: Wölfe reißen Schafe

Arbeitsgemeinschaft (AG) Luchs & Wolf Baden-Württemberg fordert klare Empfehlungen für Management von Wolf und Luchs

„Der Wolf kehrt zurück, ob wir das wollen oder nicht. Die aktuellen Schafrisse durch einen Wolf bei Widdern im Kreis Heilbronn zeigen, wie wichtig es ist, dass wir uns auf die Rückkehr der Wölfe nach Baden-Württemberg vorbereiten und unsere Weidetiere besser schützen“, fasst NABU-Landesvorsitzender Johannes Enssle die Einschätzung der Arbeitsgemeinschaft (AG) Luchs & Wolf zusammen. „Baden-Württemberg ist als Wolfserwartungsland gefordert, seine Landwirtinnen und Schäfer dabei bestmöglich zu unterstützen.“ Das Land müsse dringend eine Reihe von Hindernissen beseitigen, um den Weg für effektiven und praxistauglichen Herdenschutz frei zu machen.

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Angesichts der Rückkehr von Luchs und Wolf in den Südwesten hat die AG Luchs & Wolf Baden-Württemberg eine gemeinsame Empfehlung an die Landespolitik formuliert. In dem 8-Punkte-Papier fordert die Arbeitsgemeinschaft unter anderem eine Konzeption zur Unterstützung von Betrieben beim Herdenschutz, eine bessere finanzielle Förderung und Beratung betroffener Betriebe sowie die Novellierung der Tierschutzhundeverordnung, um den rechtssicheren Einsatz von Herdenschutzhunden zu erleichtern.

Chronologie der Wölfe in Baden-Württemberg hier >>

Die AG Luchs & Wolf setzt sich als Interessenvereinigung in Baden-Württemberg seit zehn Jahren für einen sachlichen und lösungsorientierten Dialog der verschiedenen Interessengruppen in Bezug auf die Rückkehr von Großraubtieren wie Luchsen und Wölfen nach Baden-Württemberg ein. Alfons Gimber, Vorsitzender des Landesschafzuchtverbands (LSV), kennt die Sorgen der Weidetierhalterinnen und -halter gut: „Die Betriebe brauchen mehr Unterstützung bei der Umsetzung des Herdenschutzes, zu viele Fragen sind noch ungeklärt und bedürfen dringend einer Lösung“, fordert Gimber. So empfiehlt das Papier der AG Luchs & Wolf beispielsweise, den Einsatz von Herdenschutzhunden aus kontrollierter Zucht durch qualifizierte Halterinnen oder Halter zu ermöglichen, förderrechtliche Restriktionen bei der finanziellen Bezuschussung von Herdenschutzmaßnahmen zu beseitigen und Haftungsrisiken auf ein tragfähiges Maß zu beschränken: „Wer haftet, wenn eine Schafherde bei einem Wolfsübergriff aus dem Zaun ausbricht und dann auf der Straße steht? Diese Frage muss dringend geklärt werden, das Haftungsrisiko darf nicht auf den Tierhalter übetragen werden“, sagt der Schäfer.

Eine sichere finanzielle Unterstützung und Rechtssicherheit für die Weidetierhalterinnen und -halter ist auch der der Rinderunion Baden-Württemberg (RBW) ein Anliegen. „Fördermittel für Herdenschutz dürfen nicht im Konflikt mit anderen Fördergeldern stehen, sondern müssen wirklich bei den Betrieben ankommen. Die Tierhalter dürfen nicht diejenigen sein, die für die Folgekosten des Wolfs gerade stehen müssen. Dies ist eine gesellschaftspolitische Aufgabe“, sagt Dr. Torsten Sommer, Herdenschutzbeauftragter der RBW.

„Es ist wichtig, dass die Akteure an einem Tisch sitzen und im Dialog bleiben“, betonen alle Beteiligten. Die von Umwelt- und Landwirtschaftsministerium gemeinsam eingerichtete AG Luchs & Wolf sei das richtige Format dafür. Erfolgreiche Projekte zur Erprobung des Herdenschutzes in der Praxis sollten weitergeführt werden. „Bis wir in Baden-Württemberg wirklich auf den Wolf vorbereitet sind, müssen wir alle noch ein gutes Stück des Weges gemeinsam gehen“, sind sich die in der AG vertretenen Naturschützer, Jäger und Tierhalter einig.

 

Sphäre-Wissen:

Die Arbeitsgemeinschaft (AG) Luchs & Wolf Baden-Württemberg, bestehend aus 20 Vertreterinnen und Vertretern aus der Landwirtschaft, der Jägerschaft, von Naturschutzverbänden und betroffenen Behörden, befasst sich seit dem Jahr 2004 mit der Rückkehr des Luchses und seit 2008 auch mit der des Wolfes nach Baden-Württemberg. Übergreifend herrscht in der AG große Einigkeit darüber, dass der Umgang mit diesen Arten in entsprechenden Managementplänen und Fachkonzepten festgeschrieben werden sollte. Solcher Konzepte bedarf es insbesondere beim Wolf zur Entschärfung von Konfliktpotentialen mit der Weidetierhaltung.

Das Papier der AG Luchs & Wolf finden Sie hier >>

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Umweltminister fordert: „Unsere Aufgabe ist es gleichermaßen, Nutztiere zu schützen und dem Wolf das Überleben zu ermöglichen“, so  Minister Franz Untersteller. 

Nachdem in Widdern (Landkreis Heilbronn) mehrere Schafe durch einen Wolfsangriff getötet wurden, hat sich Umwelt und Naturschutzminister Franz Untersteller dafür ausgesprochen, umgehend die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Nutztierhalter in Baden-Württemberg ausgebildete Herdenschutzhunde einsetzen können. „Herdenschutzhunde sind ein wirksamer Schutz gegen Wolfsangriffe. Wir müssen deshalb die Tierschutz-Hundeverordnung so gestalten, dass unsere Schäferinnen und Schäfer sie auch einsetzen dürfen“, sagte Untersteller heute (24.10.) in Stuttgart. „Statt leichtfertig darüber zu reden, wie wir den Wolf am besten loswerden, müssen wir doch darüber nachdenken, wie wir unsere Nutztiere optimal schützen und zugleich dem Wolf das Überleben ermöglichen. Das ist unsere Aufgabe und das verstehe ich unter verantwortungsbewusstem Tier- und Artenschutz.“

Anpassung der Tierschutz-Hundeverordnung nötig

Der Minister plädierte deshalb dafür, in einem ersten Schritt die Verordnung des Bundes in Baden-Württemberg künftig – anders als bisher – im Sinne des zuständigen Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft auszulegen. Das BMEL hatte erst im Sommer mit einem Brief klargestellt, dass es sehr wohl möglich sei, Herdenschutzhunde auf Weiden mit Elektrozäunen einzusetzen – obwohl in der Tierschutz-Hundeverordnung stromführende Vorrichtungen in Hundezwingern verboten würden. Eine Weide sei jedoch kein Zwinger im Sinne der Verordnung, so das Bundesministerium.

„Ich finde, dass sich Baden-Württemberg dieser Haltung anschließen sollte und werde mich dafür beim zuständigen Landwirtschaftsminister einsetzen“, erklärte Untersteller. Bislang vertrete das Ministerium eine andere und sehr strenge Linie in dieser Frage, die dem Herdenschutz entgegenstehe.

In einem zweiten Schritt, so Untersteller weiter, sei es dringend geboten, dass Baden-Württemberg sich in Berlin für eine Anpassung der Tierschutzhunde-Verordnung einsetze. Tierschutz sei natürlich ein hohes Gut, sagte Untersteller, aber wenn die Verordnung beispielsweise verlange, dass für Hunde, die im Freien eingesetzt werden, ein witterungsgeschützter und wärmegedämmter Liegeplatz zur Verfügung stehen muss, dann sei das auch eine Vorschrift zu Lasten der Wanderschäferei in Baden-Württemberg und anderswo: „Wandern mit einer gedämmten Hundehütte unterm Arm geht einfach nicht“, sagte Untersteller.

„Die Wanderschäferinnen und -schäfer leisten aber eine unverzichtbare Arbeit zum Erhalt unserer Kulturlandschaften. Wenn wir ihnen helfen wollen, ihre Herden und Existenz mit Schutzhunden zu schützen, müssen wir das Nötige dafür auch tun. Das geht meiner Auffassung nach ohne den Tierschutz zu schleifen.“

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