Weilheim
Tradition und Moderne – Weilheim gelingt der Spagat zwischen Krämermarkt und Einzelhandelskultur, zwischen Bruchsteinmauer und Glasfassade.
Idyllisch: Von der Burg Teck aus gesehen begrenzen hinter Weilheim die Drei-Kaiser-Berge bei Göppingen den Horizont. Das Zähringerstädtchen liegt verkehrsgünstig am lautstarken Autobahn-Albaufstieg A8 (Bildmitte) – ein Fluch und Segen zugleich.
Fragt man die Weilheimer, was ihnen hier gefällt, so heißt es stets: „es ist städtisch und trotzdem auf dem Land.“ Wilhelm Braun, seines Zeichens Stadtführer, lobt: „Ich genieße diese wunderschöne Lage unterhalb des Albtraufs. Jeden Tag habe ich die Limburg (Foto am Artikelende) über den Ziegeldächern im Blick.“
Der Hausberg der Zähringerstadt erhebt sich als nahezu perfekter Kegel rund 200 Meter über dem Tal. Die Erosion hatte den harten, 17 Millionen Jahre alten Vulkanschlot säuberlich aus der weichen Kalkumgebung herausgearbeitet.
Neben der landschaftlichen Einmaligkeit 400 Meter unterhalb des mächtigen Felsplateaus Breitenstein lobt das Gros der rund 9500 Bewohner die Einkaufsmöglichkeiten im Städtle – keine Selbstverständlichkeit im Zeitalter von Billig-Discountern. Zudem: Man kennt sich noch, freut sich Braun. Trotz der beschleunigten Moderne und dem Trend zur Anonymität reißt der Kontakt zum Rathaus und Kirche hier noch nicht ab.
Apropos Peterskirche (Bild oben): Der spätgotische Prachtbau genießt bei Historikern und Orgelsachverständigen hohes Interesse. 1955 bestaunte sogar Bundespräsidenten Theodor Heuss die bis heute erhaltenen Erstbemalungen hinter dem Altar. In anderen evangelischen Kirchen fielen sie dem sogenannten „Bildersturm“ zum Opfer. Im 16. Jahrhundert befahlen reformatorische Theologen alle Gemälde, Skulpturen und sogar Orgeln zu entfernen. Dies löste europaweit eine wilde Zerstörungslust aus. Weilheims Kirchenorgel aus dem Jahr 1795 ist bei feinen Ohren sehr beliebt wegen des typisch barocken Klangs. An Weilheims spirituelles Zentrum schließt sich das weltliche nahtlos an – der Marktplatz, die Adler-Apotheke, das Gasthaus zur Ratsstube und dahinter das moderne Rathaus (Bild oben).
Samstag ist Markttag – eine Tradition mit echtem Mehrwert: Zumindest für all jene, die Qualität, Frische und den herzhaft erquickenden Kontakt zu den motivierten Marktverkäufern schätzen gelernt haben.
„Diese positive Stimmung klingt nach“, lobt Dr. Hansjörg Egerer, Chef der Adler Apotheke, die gelöste Atmosphäre am Marktplatz. Nicht zuletzt, weil auch er mit seinen bis zu zehn Mitarbeitern engagiert die Kunden bedient, berät – und sich bisweilen auch in einem Vier-Augen-Gespräch dem Hilfsbedarf widmet. Dass in Weilheims Herzen die Uhren noch anders schlagen – vielleicht etwas langsamer – liegt bestimmt am Menschenschlag, aber auch an der Wohlfühl-Kulisse der historischen Altstadt. Kleine Gässchen laden zum Schlendern ein, Straßencafés zum Verweilen. Und nicht nur in der Ratsstube weht am Stammtisch der Hauch von Gemeinsamkeit.
Ja, sogar feuchtfröhliche Lebensqualität gibt´s: „Weilheim hat seine Lindach wieder“, freut sich Bernhard Heilemann. Vor sieben Jahren gab die Stadt dem einbetonierten Bach seinen Erholungsstatus zurück (Bild unten). „Als Kinder haben wir hier geplanscht“, erinnert sich der Radhändler und freut sich: „Füße baden gehört nach jeder Radtour mit den Enkeln zur großväterlichen Pflicht.“
Stadt, Land, Fluss: Die Lindach ist wieder zugänglich. Über den Dächern erhebt sich die Limburg. Dieser Kegel ist vulkanischen Ursprungs.
Fakten kompakt
Weilheim an der Teck
- www.weilheim-teck.de, Tel. 07023 1060
- Gesamt 9500 Einwohner – davon in Teilgemeinde Hepsisau 750 Einwohner
Übernachtung
- 70 Gästebetten in Hotels, Gasthöfen, Gästehäusern, Privathäusern
1 Freibad / 1 Hallenbad
- das kleine Hallenbad hat nur ab Oktober geöffnet
Sehenswert
- Altstadtrundweg– Bummeln durch den historischen Stadtkern
- Peterskirche – Juwel mit farbigen Wandbildern und Denkmalorgel
- Natur- und Kulturlehrpfad Limburg – Informative Schautafeln über die Streuobstwiesen
Wichtige Veranstaltungen
- 19./20. 3. Künstlermarkt – von Engelbildern über Keramiken, Tonskulpturen, Stoffliches bis Schmuck
- 10. 4. Kirschblütentag – zahlreiche Rad-, Wandertouren und Stadtführungen
- 4. 6. Käsemarkt
- 3. 7. Städtlesfest
- 4. 9. Dorffest Hepsisau
Zeitsprung: Nur wenige Meter trennen die Löwenscheuer von der hypermodernen Architektur im Hintergrund. Dabei überspannt dieses Ensemble jahrhundertelange Lebens- und Baukultur.
Der Hausberg der Zähringerstadt erhebt sich als nahezu perfekter Kegel rund 200 Meter über dem Tal. Die Erosion hatte den harten, 17 Millionen Jahre alten Vulkanschlot säuberlich aus der weichen Kalkumgebung herausgearbeitet.
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Printausgabe: Sphäre 3/2015, Seite 16-17