Hitze und Sauerstoffknappheit belasten Fische – Entspannung ab Donnerstag erwartet
An den Messstellen des Landes entlang von Rhein und Neckar liegen die Wassertemperaturen nach wie vor unter der kritischen 28 Grad-Marke.
Die vor 10 Tagen erteilten wasserrechtlichen Ausnahmegenehmigungen für den Betrieb von Großkraftwerken mussten bislang nur vereinzelt und vorübergehend in Anspruch genommen werden.
So hat zum einen das Großkraftwerk Mannheim, GKM, am Freitag und zum anderen das Kernkraftwerk Philippsburg am Samstag die Ausnahmegenehmigung genutzt.
Diese Ausnahme erlaubt die Einleitung von zur Kühlung der Kraftwerke genutztem Flusswasser bis zu einer Wassertemperatur an der Einleitungsstelle von maximal 28,5 Grad – unter normalen Bedingungen ist die Einleitung bis zu 28 Grad zulässig.
Kraftwerksbetreiber entlang von Rhein und Neckar agieren vorsichtig
Die Prognosedaten der Kraftwerke sowie der LUBW, Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg, lassen vermuten, dass die Wassertemperaturen zwar wieder etwas ansteigen, aber die 28 Grad-Marke voraussichtlich nicht mehr erreichen werden. Ab Donnerstag wird mit einer deutlichen Abkühlung der Luft- und infolgedessen der Wassertemperaturen gerechnet.
Da die Lage insgesamt aber weiter angespannt ist, haben verschiedene Kraftwerksbetreiber vorsorglich erneut Anträge auf eine wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung beim Umweltministerium und den Regierungspräsidien gestellt. Darunter die erwähnten Atomkraftwerke Philippsburg und Neckarwestheim sowie das GKM.
Außerdem beantragen das Rheinhafendampfkraftwerk Karlsruhe, die Kraftwerke Heilbronn und Altbach sowie das Heizkraftwerk Stuttgart-Münster am Neckar eine erneute Ausnahmegenehmigung. Es ist vorgesehen, die Anträge auf Grundlage einer stromwirtschaftlichen Beurteilung und einer Beurteilung der ökologischen Situation in Rhein und Neckar befristet bis kommenden Montag (13.08.) und auf Widerruf zu erteilen.
Weder am Rhein noch am Neckar haben sich bislang ökologische Schäden gezeigt. Das ökologische Monitoring wird selbstverständlich fortgesetzt. Das Umweltministerium steht in regelmäßigem Austausch mit den Kraftwerksbetreibern, um die Situation vor Ort zu besprechen und gegebenenfalls handeln zu können.
Vorsorglich hat GKM angekündigt, die Kraftwerksblöcke 6-8 nicht zu betreiben, wenn die Wassertemperatur dauerhaft über 27,5 Grad ansteigt.
Die EnBW wird auf freiwilliger Basis Maßnahmen an ihren Neckarkraftwerken ergreifen, wie zum Beispiel Turbinenbelüftungen, um den Sauerstoffeintrag zu verbessern.
BUND Baden-Württemberg zum Thema Sauerstoffarmut in Gewässern
Auf Abkühlung und Regen zu hoffen kann gut gehen – oder auch nicht
BUND: Umweltminister muss die wasserrechtlichen Ausnahmegenehmigungen von Atom- und Kohlekraft zurückzunehmen.
„Die Messwerte der LUBW zeigen deutlich: Neckar und Rhein werden jeden Tag noch ein bisschen wärmer. Doch der Sauerstoffgehalt in den Flüssen geht jeden Tag ein Stückchen zurück und nähert sich an manchen Messstellen der für Fische kritischen Grenze von vier Milligramm pro Liter“, sagt Gottfried May-Stürmer. Der BUND Baden-Württemberg, fordert Umweltminister Franz Untersteller auf, die Ausnahmegenehmigungen für Atom- und Kohlekraftwerke zum Weiterbetrieb bei Wassertemperaturen von über 28°C zurückzunehmen.
Am Hochrhein und an der Mosel ist es im Südwesten bereits zu Fischsterben gekommen. Auch bei Heilbronn hat der Fischereiverein Böckingen tote Karpfen aus dem Neckar gezogen. „Die Kraftwerke weiter laufen zu lassen und auf Regen am Donnerstag zu hoffen, ist ein verantwortungsloses Glücksspiel. Das Risiko ist hoch“, so May-Stürmer. „Das kann gut gehen, aber es kann auch daneben gehen. Bei den stetig steigenden Temperaturen kann niemand exakt voraussagen, wann die Grenze für größere Fischsterben erreicht wird.“
Die 28°C-Grenze ist ein Kompromiss zwischen Gewässerökologie und Stromversorgung, der noch aus einer Zeit stammt, als es kaum andere Stromquellen als Kohle- und Atomkraftwerke gab. Für empfindlichere Fischarten wie die Äsche sind 28°C schon zu viel. Heute erreichen die Photovoltaikanlagen in Deutschland bei der stabilen Hochdruckwetterlage täglich Leistungen von rund 30 Gigawatt und decken damit die Mittagsspitze im Stromverbrauch zuverlässig ab.