Verpackungssteuer in Tübingen tritt zum 1. Januar 2021 in Kraft
Als bundesweit erste Kommune seit der Kasseler Verpackungssteuersatzung aus den 90er-Jahren erhebt die Universitätsstadt Tübingen eine Steuer auf den Verkauf von Einwegverpackungen. Ab Januar 2021 werden Einwegverpackungen und Einweggeschirr mit jeweils 50 Cent besteuert, für Einwegbesteck beträgt die Steuer 20 Cent. Zahlen müssen die Steuer die Händler, die beispielsweise Take-away-Gerichte und „Coffee to go“ in nicht wiederverwendbaren Verpackungen verkaufen. Das hat der Tübinger Gemeinderat am 30. Januar 2020 mit großer Mehrheit beschlossen.
„Die Wegwerfkultur in den Städten lebt davon, dass die Städte mit Millionenaufwand den Müll beseitigen. Damit ist in Tübingen jetzt Schluss: Wer Müll produziert, muss dafür bezahlen“, sagt Oberbürgermeister Boris Palmer. Mittelfristig verspricht er sich einen Übergang zu nachhaltigerem Konsum: „Ich bin mir sicher, dass die Verpackungssteuer umweltfreundliches Handeln befördern und Mehrwegsystemen zum Durchbruch verhelfen wird.“
Von der Steuer ausgenommen sind Verpackungen, die der Verkäufer vollständig zurücknimmt und einer stofflichen Verwertung außerhalb der öffentlichen Abfallentsorgung zuführt. Ebenfalls ausgenommen sind Verpackungen, die auf Märkten, Festen und bei zeitlich befristeten Veranstaltungen ausgegeben werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Händler nicht an mehr als zehn Tagen im Jahr Speisen und Getränke im Rahmen solcher Veranstaltungen verkauft.
Ein Rechtsgutachten, das die Stadtverwaltung in Auftrag gegeben hatte, bestätigt, dass die Verpackungssteuersatzung im Grundsatz zulässig ist. Es schafft somit die erforderliche Rechtssicherheit. Diverse Empfehlungen des Rechtsgutachtens wurden in die Satzung aufgenommen. Zusätzlich zur Verpackungssteuer forciert die Universitätsstadt Tübingen die Entwicklung alternativer Mehrweg-Verpackungssysteme. In Zusammenarbeit mit den örtlichen Bäckereien soll als erster Schritt ein Merkblatt entstehen, das über Alternativen zu Einwegverpackungen in Bäckereien aufklärt.
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BUND: „Abgabe auf Einwegverpackungen ist richtungsweisend“
Der BUND begrüßt ausdrücklich den Beschluss Tübingens zur Einführung einer Abgabe auf Einwegverpackungen. Tübingen geht dank des Beschlusses des Gemeinderats mutig voran und zeigt, dass auch Kommunen selbst gegen die immer weiter steigende Müllflut in Deutschland vorgehen können. Dr. Brigitte Dahlbender, Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg, betont: „Sowohl in Sachen Klimaschutz als auch in Sachen Ressourcenschonung ist die Abgabe richtungsweisend. Der BUND drückt Tübingen die Daumen, dass der Beschluss eventuelle Klagen der Müllhersteller unbeschadet übersteht und dass möglichst viele Kommunen bundesweit dem Beispiel folgen.“
Der Tübinger Gemeinderat hat gestern Abend (30.1.2020) beschlossen, eine Abgabe auf Einwegverpackungen einzuführen. Die Abgabe beträgt 50 Cent pro Speisen- und Getränkeverpackung und 20 Cent pro Besteckset und wird ab dem 1. Januar 2021 auf verkaufte Einwegverpackungen innerhalb des Gemeindegebiets der Stadt Tübingen erhoben.
IHK zu Tübinger Verpackungssteuer
Viele Fragen ungeklärt
Reutlingen, 31. Januar 2020. Die IHK zeigt sich enttäuscht über die Entscheidung des Tübinger Gemeinderats, eine lokale Verpackungssteuer einzuführen. „Hier wird eine Insellösung geschaffen, die Betriebe mit zusätzlicher Bürokratie belasten wird“, sagt IHK-Experte Andreas Topp.
Grundsätzlich spricht sich die IHK für Müllvermeidung aus, hat aber stets für andere Wege plädiert. Die Entwicklung und der Ausbau von Pfand- und Mehrwegsystemen sind aus Sicht der regionalen Wirtschaft der geeignet Weg, Müll zu vermeiden. „Tübingen hat sich für einen Sonderweg entschieden, bei dem noch viele Fragen im Detail ungeklärt sind. Das hat sich ja auch bei der Diskussion im Gemeinderat gezeigt“, so Topp.
Nach Einschätzung der IHK werden sich absehbar Gerichte mit der Tübinger Verpackungssteuer beschäftigen. „Das erhöht zusätzlich die Unsicherheit für die Unternehmen.“ Gerade kleine Betriebe werden mit der neuen Steuer zu kämpfen haben. „Viel Zeit wird in die Dokumentation fließen müssen. Das sind Kapazitäten, die man besser in Konzepte zur Müllvermeidung und ihre Umsetzung hätte stecken können.“