Schäfer des Jahres

NABU und Bundesforst zeichnen Familie Stotz für besonderes Engagement aus

Schafe auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen

Münsingen – Die Familie Stotz aus Münsingen ist „Schäfer des Jahres 2010“. NABU Baden-Württemberg und Bundesforst ehren mit dieser Auszeichnung alljährlich Schäfereibetriebe, die sich in besonderer Weise um die Erhaltung der wertvollen Kulturlandschaft rund um den ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen verdient machen. „Wir gratulieren der Familie Stotz herzlich und freuen uns, dass sich die Jury in diesem Jahr für einen besonders innovativen Betrieb entschieden hat“, sagten der NABU-Landesvorsitzende Dr. Andre Baumann sowie Lydia Nittel, Leiterin Funktionsbereich Naturschutz des Bundesforstbetriebs Heuberg, bei der Urkundenverleihung am heutigen Mittwoch in Münsingen. Die Auszeichnung wird seit 2008 vergeben und ist mit 2.000 Euro dotiert.

Bärbel und Gerhard Stotz betreiben gemeinsam mit ihrem Sohn Christian einen Gemeinschaftsbetrieb, der aus rund 2.500 Mutterschafen und 1.000 bis 1.500 Lämmern besteht. Die Familie bewirtschaftet damit eine Pachtfläche von 630 Hektar auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz. Ferner gehören Flächen rund um Münsingen sowie bis ins Lautertal zum Betrieb dazu. „Wir sind Schäfer in der fünften Generation und fühlen uns aus dieser Tradition heraus mit unserer heimischen Kulturlandschaft in besonderem Maße verbunden“, betonen die Preisträger.

Positiv bewertete die Jury, dass die Tiere der Familie Stotz nicht in der Koppel gehalten, sondern traditionell gehütet werden. „Da die Schäfer ihre Herde sehr gut führen, können sich die beweideten Flächen hervorragend entwickeln: Weder fressen die Schafe zu viel ab, noch überwuchern die Flächen“, erklärt Nittel. „So haben auch Bodenbrüter wie Heidelerche und Wachtel eine Chance zum Brüten und das kulturhistorisch einmalige Landschaftsbild  bleibt erhalten.“ Die Familie Stotz bewirtschaftet auch sehr hochwertige Naturschutzflächen außerhalb des ehemaligen Schießplatzes, die jedoch steil und daher schwierig zu beweiden sind. Besonders lobte die Jury die Haltung der Tiere im Winter: Die Stallhaltung ist auf ein Minimum beschränkt, die Ställe verfügen über Tageslicht und Stroheinstreu, die Tiere sind gesund und werden mit ausgezeichnetem Futter aus der Region versorgt. Ein Teil der Herde zieht im Stile der echten Wanderschäferei im Winter nach Oberschwaben auf die Winterweide.

Ganz besonders überzeugte die Jury, dass die Familie Stotz auch bei der Vermarktung innovative Wege beschreitet. So erzeugen sie Lammfleisch von höchster Qualität, mit dem sie neben der Sternegastronomie vor allem auch die regionale Spitzengastronomie beliefern. Eine besondere Auszeichnung hierfür erhielten sie im vergangenen Jahr, als sie vom Gourmet-Ratgeber Gault Millau als einziger Schäfer in Baden-Württemberg zum Genussbotschafter gewählt wurden. „Beeindruckt bin ich, dass die Familie Stotz als ‚Vordenker’ im Bezug auf die Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe nun auch den Versuch wagt, die Wolle wieder zu vermarkten“, sagte NABU-Landeschef Baumann. „Das mag auf den ersten Blick vielleicht ganz selbstverständlich klingen – das ist es aber nicht. Seit Jahren ist Wolle in Deutschland größtenteils ein ‚Abfallprodukt’, da die Wollpreise durch Überangebote aus Übersee am Boden liegen und kaum die Kosten für die Schafschur decken. Mit der geschützten Marke ‚albmerino’ beschreitet die Familie Stotz nun wieder traditionelle Wege auf neue Art und Weise. Das begeistert mich.“ Neben Handstrickwolle hat der Betrieb seit Herbst nun auch die erste Kollektion auf die Beine gestellt – in Zusammenarbeit mit dem ebenfalls in der Region ansässigen Naturtextilienhersteller Flomax aus St. Johann Gächingen, der das Vorhaben mit großem Engagement und Know-how vorantrieb.

Der NABU-Landesvorsitzende wünscht sich, dass die wichtige Aufgabe der Wanderschäfer im Land auch von der Politik stärker erkannt und anerkannt wird: „Für die Erhaltung der Kulturlandschaft und der Artenvielfalt sind die Schäfer unersetzlich. Ich fordere die Landesregierung daher auf, dieses besondere Engagement auch zu honorieren und einen angemessenen Landschaftspflegebonus für die arbeitsintensive Hütehaltung zu zahlen.“ Die derzeitige politische Realität sieht leider anders aus: Selbst die bereits angekündigte Erhöhung der Fördersätze des MEKA für die naturverträgliche Bewirtschaftung von Wiesen und Weiden sowie der Landschaftspflegerichtlinie für die Hütehaltung um lediglich zehn Euro pro Hektar ab 2010 fiel beim Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum wieder dem Rotstift zum Opfer.

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