Das Wegenetz 2006

Der Truppenübungsplatz öffnet auf markierten Wegen seine Pforten

13. 4. 2006: Nach mehr als 110 Jahren militärischem Sperrgebiet werden weite Teile des Truppenübungsplatzes auf dem Münsinger Hardt nun der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht. Regierungspräsident Hubert Wicker, Landrat Thomas Reumann, Bürgermeister Mike Münzing und Dr. Dietmar Götze von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben sind mehr als zufrieden, dass es noch rechtzeitig zu Ostern gelungen ist, ein rund 35 km langes gekennzeichnetes Wegenetz für die Öffentlichkeit freigeben zu können. Bei diesen Wegen handelt es sich überwiegend um asphaltierte Strecken. Wanderer, Radfahrer oder auch Inlineskater müssen sich allerdings an die Absperrungen und Hinweise halten, die in einer jetzt in Kraft getretenen Rechtsverordnung geregelt sind. Danach dürfen auch keine motorisierten Fahrzeuge – ausgenommen Krankenfahrstühle – benutzt werden. Auch das Reiten ist dort verboten.

Der ehemalige Truppenübungsplatz Münsingen gehört mit seinen ca. 6700 Hektar zu den größten und durch seine Unberührtheit wertvollsten Naturschät-zen Baden-Württembergs. Das weitläufige Gebiet hat sich in Folge der über hundertjährigen militärischen Nutzung und seiner Unzerschnittenheit zu einem einzigartigen Lebensraum wild lebender Tiere und Pflanzen entwickelt. So wur-den bisher 97 Vogelarten, 72 Schmetterlings, 24 Heuschrecken- und 20 Libellenarten hier erfasst – die Hälfte hiervon steht auf der Roten Liste der bedrohten Vogelarten. Auch Lurche, Kröten und Frösche finden in den Tümpeln – entstanden in den Fahrrinnen der schweren Panzer – eine Heimat.
Die Fläche ist geschützt als Flora-Fauna-Habitat-Gebiet und soll als Europäi-sches Vogelschutzgebiet unter Schutz gestellt werden. Der Truppenübungs-platz liegt in der Mitte des geplanten Biosphärengebiets Schwäbische Alb. 1/3 des ehemaligen TrÜPL ist bewaldet, 2/3 sind Offenland. Rund 3.700 Hektar sind zur landwirtschaftlichen Nutzung verpachtet, davon 3.260 Hektar als Schafweide für Tausende von Schafen, die dieser Alblandschaft ein unver-wechselbares Erscheinungsbild geben.
Drei ehemalige militärische Beobachtungstürme, die vom Schwäbischen Albverein zu Aussichtstürmen umfunktioniert wurden, bieten bei guter Sicht einen weiten Blick über das Gelände, wie bspw. der 42 Meter hohe Aussichts-turm auf „Hursch“ oder der 20 Meter hohe Turm im „Waldgreuth“. Der auf dem Sternenberg thronende 8 Meter hohe Massivbau bietet sogar einen Ausblick bis zu den Alpen.
Erreichbar sind diese ausgebauten Türme über ein durch gelbe Markierungen gekennzeichnetes, insgesamt 35 Kilometer langes Wegenetz, welches die Be-sucher auch in das frühere Dorf Gruorn führt. Wie bekannt, wurde das Dorf zwischen 1937 und 1939 zur Erweiterung des Truppenübungsplatzes geräumt und die Bewohner zwangsweise umgesiedelt. Nur noch die Stephanuskirche und das alte Schulhaus sind stehen geblieben. Gruorn ist schon seit vielen Jahren zu Ostern und Pfingsten Ziel ehemaliger Dorfbewohner und ihrer Nachfahren, sowie vieler tausender anderer Besucher aus Nah und Fern.

Unbedingt an die Regeln halten!

Dr. Dietmar Götze macht deutlich, dass aufgrund der jahrzehntelangen Nutzung des Truppenübungsplatzes Münsingen als militärisches Übungsgelände das gesamte Gebiet – mit Ausnahme der befestigten Wege – sehr stark mit Kampfmitteln und Munitionsresten belastet ist. Aufgrund von Untersuchungen ist davon auszugehen, dass fast 4 Millionen Kampfmittel und Kampfmittelreste auf dem Gelände liegen. Die Räumung des gesamten Geländes ist abgesehen von hohen Kosten, die der Bund zu tragen hätte, nicht möglich, ohne die schüt-zenswerte Flora und Fauna zu zerstören. Die gekennzeichneten Wege dürfen deshalb auf keinen Fall verlassen werden. Dies schreibt eine Rechtsverordnung des Landratsamts Reutlingen und Regierungspräsidiums Tübingen vor, die am 13.04.2006 in Kraft tritt.

Nach dieser Rechtsverordnung darf der Truppenübungsplatz Münsingen nur auf folgenden Wegen betreten bzw. mit dem Rad befahren werden:

1.) Feldstetter Sträßchen von Einmündung B 28 über
Kohlwald zum Nordtor Altes Lager
2.) Von Hohloch über Bahnhöfle bis Böttingen
3.) Rundweg Sternenberg
4.) Verbindungsweg von Egelstein über Russenfriedhof
zum Nordtor Altes Lager
5.) Vom ehemals technischem Bereich bis Kirche Gruorn,
zuzüglich Abzweigung bis Traiflinger Säge
6.) Gruorner Sträßchen von Gruorn bis Anbindung Zainingen

7.) Im oberen Böttental
8.) Verbindungsstrecke (geschottert) vom Turm B 1 über
Turm B 2 bis zur Anbindung Zugangsweg nach Zainingen
9.) Zufahrtsweg zum Wasserhochbehälter Magolsheim.

Wer Munition und Munitionsteile entdeckt, ist verpflichtet, dies unverzüglich dem Gutsbezirk oder dem nächsten Bürgermeisteramt oder Polizeidienststelle anzuzeigen. Das Suchen, Sammeln, Bearbeiten und sonstiges Behandeln sowie das Inbesitznehmen von Kampfmitteln ist verboten.

Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Bestim-mungen dieser Verordnung verstößt. Ordnungswidrigkeiten können mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Gegenstände, mit denen die Zuwiderhandlung begangen oder die durch die Zuwiderhandlung gewonnen oder erlangt wurden, können eingezogen werden.

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