Mantelverordnung 2007

An der Mantelverordnung können sich Kommunen und Verbände orientieren

30.1.2007:

ENTWURF (Stand 22.12.2006)

Verordnung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum
über das Biosphärengebiet „Schwäbische Alb“

Auf Grund der §§ 28 und 73 Abs. 1 des Naturschutzgesetzes vom 13. Dezember 2005 (GBl. S. 745) und der §§ 32, 37 und 38 des Landeswaldgesetzes in der Fassung vom
31. August 1995 (GBl. S. 685), zuletzt geändert durch Gesetz zur Neuordnung des Naturschutzrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 13. Dezember 2005
(GBl. S 745), wird verordnet:

§ 1 Errichtung des Biosphärengebiets

In der Raumschaft zwischen Weilheim an der Teck im Norden, Zwiefalten im Süden, Schelklingen im Osten und Reutlingen im Westen wird ein Biosphärengebiet errichtet. Dieses Gebiet trägt den Namen „Biosphärengebiet Schwäbische Alb“.

§ 2 Bereich des Biosphärengebiets

(1)     Das Biosphärengebiet hat eine Größe von ca. 77.600 ha.
Das Biosphärengebiet umfasst die Traufzone der „Mittleren Alb“ zwischen Reutlingen im Westen über Bad Urach, Neuffen, Lenningen bis Neidlingen im Osten einschließlich der zum Neckar entwässernden Taleinschnitte und das dortige Albvorland, die südlich anschließende „Mittlere Kuppenalb“ im Bereich St. Johann, Gomadingen, Münsingen und Römerstein, die „Mittlere Flächenalb“ im Bereich Hayingen, Zwiefalten und Schelklingen sowie die Übergänge zur Donau im „Teutschbuch und Landgericht“ insbesondere im Bereich Lauterach und Ehingen einschließlich der zur Donau entwässernden Gewässersysteme.

(2)     Das Biosphärengebiet umfasst die Gemarkung oder Teile der Gemarkung folgender Gemeinden:
– Im Alb-Donau-Kreis:
Ehingen
Lauterach
Schelklingen
Westerheim
– Im Landkreis Esslingen:
Beuren
Bissingen a. d. Teck
Dettingen u. Teck
Erkenbrechtsweiler
Kohlberg
Lenningen
Neidlingen
Neuffen
Owen
Weilheim a. d. Teck
– Im Landkreis Reutlingen:
Bad Urach
Eningen
Gomadingen
Grabenstetten
Hayingen
Hülben
Lichtenstein
Metzingen
Münsingen
Münsingen, Gutsbezirk
Pfullingen
Reutlingen
Römerstein
St. Johann
Zwiefalten.

(3)     Die Außengrenzen des Biosphärengebietes sind in den beiliegenden Karten (Karte 1: Gesamtkarte; Karten 2-33: Gemeindekarten) im Maßstab … mit roter Linie eingetragen. Die Flächen der Kernzonen sind mit ….Farbe eingetragen. Die Flächen der Pflegezonen sind mit ….Farbe eingetragen. Der übrigen Flächen des Biosphärengebiets sind Entwicklungszonen.
Die Karten sind Bestandteil dieser Verordnung. Die Verordnung mit Karten wird bei den Regierungspräsidien Tübingen und Stuttgart, bei den Landratsämtern Reutlingen, Esslingen und Alb-Donau-Kreis sowie bei den Bürgermeisterämtern der teilnehmenden, in Abs. 2 genannten Gemeinden auf die Dauer von 2 Wochen, beginnend am Tag nach Verkündung dieser Verordnung im Gesetzblatt, zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Dienstzeiten öffentlich ausgelegt.

(4)     Die Verordnung mit Karten ist nach Ablauf der Auslegungsfrist bei den in Absatz 3 Satz 6 bezeichneten Stellen zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Dienstzeiten niedergelegt.

§ 3 Gegenstand und Ziele des Biosphärengebiets Schwäbische Alb

(1)         Die beteiligten Gemeinden haben sich zusammengeschlossen, um im Biosphärengebiet Schwäbische Alb den Schutz der Natur mit der nachhaltigen wirtschaftlichen Nutzung im Rahmen einer dauerhaft umweltgerechten Entwicklung in Einklang zu bringen. Dafür werden Strategien und Projekte entwickelt und umgesetzt.
Motor für die Entwicklung des Biosphärengebiets sind die beteiligten Landkreise und Kommunen mit den hier lebenden Bürgerinnen und Bürgern. Sie sind gefordert, zur Schaffung einer Identifikation mit dem Biosphärengebiet und der Konkretisierung eines Leitbildes, ihre Ideen einzubringen.

(2)         Die durch vielfältige Nutzung geprägte Landschaft mit der darin historisch gewachsenen Arten- und Biotopvielfalt, einschließlich von Wild- und früheren Kulturformen wirtschaftlich genutzter und nutzbarer Tier- und Pflanzenarten soll erhalten, entwickelt und wo nötig wiederhergestellt werden (§ 28 NatSchG). Die Kulturlandschaften des Biosphärengebiets sind ebenso als attraktiver Erholungsraum zu erhalten, zu entwickeln und zu verbessern.
Ein weiterer Schwerpunkt  ist die Stärkung der Wirtschaft mit nachhaltiger Weiterentwicklung der Wohn-, Gewerbe-, Dienstleistungs- und Industriestandorte sowie von Infrastrukturanlagen. Im Vordergrund steht hierbei das Bemühen der wirtschaftenden Menschen, zu einem harmonischen Miteinander mit der Natur zu gelangen. Neben den Anforderungen des Naturschutzes wird hier den ökonomischen, sozialen, kulturellen und ethischen Aspekten hohe Aufmerksamkeit gewidmet.

(3)     Neben den für die dicht besiedelten Bereiche des Biosphärengebietes typischen Wohn- und Gewerbegebieten, Dienstleistungs- und Industriestandorten sind insbesondere folgende Elemente für das Biosphärengebiet prägend:

–    der steil abfallende Albtrauf mit seinen standörtlich bedingten unterschiedlichen     Waldformationen und Sonderstandorten
–    dem Albtrauf vorgelagerten Streuobstwiesen
–    die Albtäler mit ihren teilweise naturnahen Fließgewässern
–    die Albhochfläche mit ihren land- und forstwirtschaftlich genutzten Teilen
–  die geologischen Besonderheiten.

Das Biosphärengebiet Schwäbische Alb beinhaltet geologische, natürliche und kulturhistorisch bedingte Lebensräume. Charakteristisch sind insbesondere:

1. Buchenwälder der unterschiedlichen standörtlichen Ausprägung am Albtrauf und
auf der Albhochfläche
2. Schluchtwälder in feuchten Lagen am Albtrauf und in Tallagen
3.Block- und Hangschuttwälder im Umfeld von Felsen
4.Eichenwälder der unterschiedlichen standörtlichen Ausprägung an südexponierten            Hangbereichen und auf tonigen Standorten im Albvorland
5.Offene Block- und Schutthalden sowie Felsen
6.Kalk-Pionierrasen
7.Quellfluren
8.Natürliche und naturnahe Fließgewässer einschließlich ihrer Begleitvegetation
9.Hochstaudenfluren
10.             Mittel- und Hutewälder
11.             Acker- und Wirtschaftsgrünland einschließlich des Grünlands in Talauen
12.             Magere Flachland- und Bergmähwiesen
13.             Streuobstwiesen
14.             Kalkmagerrasen
15.             Wacholderheiden
16.             Steinriegel, Feldraine und Hecken
17.             Hülen
18.             Dolinen
19.             Höhlen

(4)     Das Biosphärengebiet ist in Kern-, Pflege- und Entwicklungszonen gegliedert.

§ 4 Kernzonen

(1)         In den Kernzonen kann sich die Natur weitgehend unbeeinflusst vom Menschen entwickeln. Die Kernzonen dienen dem Schutz von Natur und natürlichen Prozessen sowie dem Erhalt genetischer Ressourcen, charakteristischer Tier- und Pflanzenarten und deren Lebensräume. Die Kernzonen sind durch diese Verordnung rechtlich geschützt.

(2)         Soweit in den nachfolgenden Absätzen nicht ausdrücklich zugelassen, sind Nutzungen in den Kernzonen nicht zulässig.
Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung der Kernzone oder ihres Waldbestands und der Bodenvegetation sowie zu einer nachhaltigen Störung oder zu einer Beeinträchtigung der wissenschaftlichen Erforschung des Gebietes führen oder führen können sind unzulässig. Insbesondere ist es verboten:

a)   den Waldbestand forstwirtschaftlich zu nutzen oder Holz anderweitig zu entnehmen;

b)   Standorte besonders geschützter Pflanzen aufzusuchen oder Pflanzen  und Pflanzenteile einzubringen, zu entnehmen oder zu beschädigen;

c)   die Bodengestalt zu verändern; d)   Wildlebende Tiere einzubringen, zu beunruhigen, zu fangen, zu verletzen, zu töten oder anderweitig zu stören;

e)   stehende und fließende Gewässer anzulegen, zu beseitigen oder deren Wasserhaushalt durch Entwässerungs- oder andere Maßnahmen zu verändern;

f)   zu reiten;

g)  das Schutzgebiet außerhalb der ausgewiesenen Wege zu betreten;

h)    Feuer zu entfachen und zu unterhalten;

i) bauliche Anlagen zu errichten oder gleichgestellte Maßnahmen durchzuführen;j)   Hunde frei laufen zu lassen;

(3)         (Soweit es für einzelne Kernzonen notwendig sein sollte, können hier weitere von Abs. 2 abweichende Regelungen für bestimmte Kernzonen aufgenommen werden, z.B. für die Kernzone im Naturschutzgebiet Hohenäcker-Immenberg in Lichtenstein, der Hinweis auf den geplanten Albaufstieg)

(4)         Das Betreten der Kernzonen ist nur auf den dafür ausdrücklich ausgewiesenen Wegen zulässig und erfolgt auf eigene Gefahr; besondere Verkehrssicherungspflichten der Waldbesitzer werden hierdurch nicht begründet. Die Ausweisung von Wegen und deren Benutzung in der Kernzone erfolgt durch Allgemeinverfügung oder durch Verordnung des Regierungspräsidiums Tübingen im Benehmen mit den Kommunen und Verbänden. Soweit sich die Kernzonen auf der Fläche des ehemaligen Truppenübungsplatzes Münsingen befinden, erfolgt das Betreten nach Maßgabe der gemeinsamen Rechtsverordnung des Regierungspräsidiums Tübingen und des Landratsamts Reutlingen zur Beschränkung des Betretens auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen (Landkreis Reutlingen) vom 04.04.2006 (GBl. S. 177) in der jeweils gültigen Fassung.

(5)         Forstwirtschaftlich genutzte Flächen in den einzelnen Kernzonen dürfen bis zur Anerkennung des Biosphärengebiets durch die UNESCO weiter nachhaltig gepflegt werden. Sofern naturferne Bestandteile, insbesondere Nadelholzbestände in Kernzonen einbezogen sind, kann im Einzelfall eine zeitlich befristete, weitergehende Bewirtschaftung mit dem Ziel der Abnutzung der Bestände im Einvernehmen zwischen dem Regierungspräsidium Tübingen und dem Waldeigentümer vereinbart werden, um den Bestand im Sinne der Zielsetzungen des Biosphärengebiets und der Kernzone zu gestalten und Schäden an den benachbarten Waldbeständen zu vermeiden. Hierbei sind die Eingriffe auf ein Mindestmaß zu beschränken.

(6)            Die Verbote der Absätze 2 bis 4 gelten nicht für die Ausübung der Jagd mit Hilfe zwingend notwendiger, einfachst gestalteter, landschaftsangepasster Jagdeinrichtungen, um namentlich durch die Jagd auf Reh- und Schwarzwild zur natürlichen Verjüngung der vorkommenden Waldgesellschaften sowie zur Vermeidung von Wildschäden in der Landwirtschaft angepasste Wildbestände herzustellen und beizubehalten. Auf Wildfütterungen soll verzichtet werden.

(7)         Die Verbote der Absätze 2 bis 4 gelten nicht für folgende im Einvernehmen mit der Höheren Forstbehörde und der Höheren Naturschutzbehörde durchgeführte Maßnahmen:
a)           für Verkehrssicherungsmaßnahmen an ausgewiesenen Wegen und an den
Außenrändern der Kernzonen;

b)   für wissenschaftliche Untersuchungen und die dazu benötigten Einrichtungen;

c)   für die ordnungsgemäße Unterhaltung und Erneuerung von Ver- und Entsorgungsleitungen sowie der ausgewiesenen Wege samt dazugehöriger Nebenanlagen;

d)   für behördlich angeordnete und zugelassene Beschilderungen.

§ 5 Pflegezonen

(1)         Die Pflegezonen umgeben und verbinden die einzelnen Kernzonen. Sie dienen dem Schutz artenreicher Kulturlandschaften und landschaftstypischer Lebensräume. Ihre Ökosysteme werden überwiegend durch menschliche Nutzung erhalten, gepflegt und entwickelt.

(2)         Die Pflegezonen sind durch diese Verordnung  und durch bestehende Rechtsverordnungen im Sinne des § 11 dieser Verordnung rechtlich geschützt. In den Pflegezonen sind Handlungen verboten, die das Gebiet, seinen Naturhaushalt oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen, nachhaltig stören oder die wissenschaftliche Forschung beeinträchtigen. Auf § 32 Absätze 3 und 4 des Landeswaldgesetzes wird verwiesen.

(3)         (Rechtliche Regelungen in einzelnen Pflegezonen.
Durch diese Biosphärengebietsverordnung sind in die Pflegezonen im wesentlichen Flächen aufgenommen, die schon bisher durch Verordnungen im Sinne des § 11 geschützt sind bzw. als FFH-Gebiet ausgewiesen sind. Soweit es für hinzukommende, bisher nicht besonders geschützte einzelne Flächen in der Pflegezone zwingend erforderlich sein sollte, werden hier weitere den Abs. 2 ergänzende Regelungen für diese Flächen aufgenommen. Diese Regelungen für diese einzelnen neu hinzukommenden Pflegezonen müssen in Anbetracht der unterschiedlichen naturräumlichen Ausstattung und der jeweiligen Gegebenheiten im Detail unter Umständen geringfügig differenzierend festgesetzt werden. Auch einzelne ganz besonders schützenswerte Pflegezonen können im Rahmen des Abs. 3 einem gesonderten Schutz unterzogen werden.)

(4)         Die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft sowie die Jagd ist in den Pflegezonen zulässig, soweit sie der guten fachlichen Praxis einschließlich des § 12 Abs. 3 bis 6 des Naturschutzgesetzes bzw. den Grundsätzen der Waidgerechtigkeit und Hege entspricht. § 32 Absatz 5 des Landeswaldgesetzes bleibt unberührt.

(5)         Der Schutzzweck nach Abs. 1 wird durch die Erhaltung der bisherigen Bewirtschaftungsweise und die beispielhafte innovative, nachhaltige Entwicklung anderer, die Naturgüter besonders schonender Nutzungs- und Vermarktungsformen verfolgt. Unberührt bleibt die bisher rechtmäßig ausgeübte Nutzung und Pflege der Grundstücke und Gewässer sowie der rechtmäßig bestehenden Einrichtungen in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang sowie deren Unterhaltung und Instandsetzung.

(6)         Dem Schutzzweck dieser Verordnung stehen die Erweiterung und der Neubau nach § 35 Abs. 1 Ziff. 1 BauGB privilegierter baulicher Anlagen grundsätzlich nicht entgegen. Sonstige Anlagen können zugelassen werden, wenn sie der Bewirtschaftung von Flächen in der Pflegezone dienen.
In Flurneuordnungsverfahren erfolgt die Abstimmung über Veränderungen im Benehmen mit der unteren Naturschutzbehörde im Wege- und Gewässerplan (Plan nach § 41 FlurbG).

(7)     Die Erholungsnutzung ist in den Pflegezonen zulässig mit der Maßgabe, dass im Wald nur auf den hierfür ausgewiesenen Wegen geritten und nur auf befestigten Wegen Fahrrad gefahren wird. Soweit sich die Pflegezonen auf der Fläche des ehemaligen Truppenübungsplatzes Münsingen befinden, erfolgt das Betreten nach Maßgabe der gemeinsamen Rechtsverordnung des Regierungspräsidiums Tübingen und des Landratsamtes Reutlingen zur Beschränkung des Betretens auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen (Landkreis Reutlingen) vom 04.04.2006 ( GBl. Seite 177).

(8)     Die Ausweisung des Reitwegenetzes im Wald in der Pflegezone erfolgt durch Rechtsverordnung des Regierungspräsidiums Tübingen im Benehmen mit den Kommunen und Verbänden.

§ 6 Entwicklungszonen

Die Entwicklungszonen bilden den Schwerpunkt des Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraums für die Bevölkerung im Biosphärengebiet. Grundlage für den Erfolg des Biosphärengebiets ist eine prosperierende wirtschaftliche Entwicklung. Daher sollen in den Entwicklungszonen insbesondere ökonomisch, sozial und ökologisch nachhaltige Wirtschaftsweisen gefördert und weiterentwickelt werden. Diese Ziele werden von der Bauleitplanung zur Entwicklung von Gewerbe-, Wohn-, Freizeit- und anderen Nutzungen aufgenommen. Hierbei ist ein schonender Umgang mit Freiflächen anzustreben. In Landes- und Regionalplanungen festgelegte Nutzungen bleiben unberührt.

§ 7 Rahmenkonzept, Information, Bildung,
wissenschaftliche Beobachtung und Forschung

(1)     Unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sowie der berührten Gebietskörperschaften und Verbände wird ein Rahmenkonzept erarbeitet, das der räumlichen Konkretisierung eines Leitbildes zu Schutz, Pflege und Entwicklung des Biosphärengebiets dient.

(2)            Zum Zwecke der Bildung für nachhaltige Entwicklung sollen im Biosphärengebiet Informationseinrichtungen geschaffen werden, die der Unterrichtung der Öffentlichkeit und dem fachlichen Austausch dienen. Eine Vernetzung mit den bestehenden Umweltbildungseinrichtungen wird angestrebt.

(3)         Das Biosphärengebiet dient der Forschung, insbesondere zur Gestaltung dauerhaft umweltgerechter und wirtschaftlich tragfähiger Nutzung. Es soll eine Umweltbeobachtung vor allem zur Langzeitüberwachung natürlich ablaufender Prozesse und der Auswirkungen menschlicher Nutzungen auf die Biosphäre durchgeführt werden.

§ 8 Biosphärengebietsverwaltung

(1)     Beim Regierungspräsidium Tübingen wird eine Biosphärengebietsverwaltung eingerichtet. Sie hat ihren Sitz innerhalb des Biosphärengebiets und ist Ansprechpartnerin für alle Beteiligten. Organisationsform und Einbindung der Biosphärengebietsverwaltung in das Gesamtprojekt werden durch das Ministerium für Ernährung und Ländlicher Raum und die beteiligten Gebietskörperschaften festgelegt.

(2)     Die Biosphärengebietsverwaltung steuert die Entwicklung des Biosphärengebiets und ist bei relevanten Planungen zu beteiligen. Sie betreibt die Informationseinrichtungen, berät die Bürgerinnen und Bürger, die Gebietskörperschaften, Verbände und Projektträger und unterstützt die Schaffung von Strukturen für eine optimale Entwicklung des Biosphärengebiets.

§ 9 Zusammenarbeit der Träger des Biosphärengebiets

Die das Biosphärengebiet bildenden Gebietskörperschaften kooperieren in einer noch zu gründenden Vereinigung mit der Biosphärengebietsverwaltung und den betroffenen Verbänden.
§ 10 Ausnahmen, Befreiungen, Erlaubnisse

(1)     Von den Beschränkungen dieser Verordnung ausgenommen sind unaufschiebbare Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben von Menschen sowie für bedeutende Sachwerte.

(2)     Von den Vorschriften dieser Verordnung kann auf Antrag Befreiung erteilt werden, wenn
a)           überwiegende öffentliche Belange die Befreiung erfordern, oder
b)           der Vollzug der Bestimmungen zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen
würde und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, oder
c)           die Durchführung einer Vorschrift zu einer nicht gewollten Beeinträchtigung von                     Natur und Landschaft führen würde.

(3)     In der Pflegezone bedürfen Nutzungsänderungen, die nicht den Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 Satz 1 entsprechen und die Errichtung baulicher und sonstiger Anlagen, die nicht der Bewirtschaftung der Fläche oder der Jagd dienen (vgl. § 5 Abs.6 Satz 2) einer Erlaubnis, die zu erteilen ist, wenn die Schutzzwecke des Biosphärengebiets nicht beeinträchtigt werden.

(4)     Zuständig für die Erteilung der Befreiung nach Abs. 2 ist das Regierungspräsidium Tübingen.
Zuständig für die Erteilung der Erlaubnis nach Abs. 3 sind die Unteren Verwaltungsbehörden als Untere Baurechts- bzw. Untere Naturschutzbehörden. Die Vorschriften des Waldgesetzes bleiben unberührt.

§ 11 Weitergeltung anderer Verordnungen

Die schon bisher für Flächen im Biosphärengebiet bestehenden Rechtsverordnungen gelten fort, soweit in dieser Verordnung für Kern- und Pflegezonen keine ausdrücklich anderweitigen Regelungen getroffen werden. Die Rechtsverordnung des Regierungspräsidiums Tübingen und des Landratsamts Reutlingen zur Beschränkung des Betretens auf dem
ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen (Landkreis Reutlingen) vom 04.04.2006
(GBl. S. 177) einschließlich künftiger Änderungsverordnungen geht dieser Verordnung vor.

§ 12 Flurneuordnungsverfahren

Rechtskräftig angeordnete Flurneuordnungsverfahren sind bis zur Schlussfeststellung nach § 149 Flurbereinigungsgesetz von dieser Verordnung ausgenommen.

§ 13 Anpassungsklausel

Die Grenzen des Biosphärengebiets i.S. von § 2 werden bei Bedarf angepasst, wenn eine am Biosphärengebiet beteiligte Gemeinde dies für ihre Gemarkung beantragt, soweit dadurch das Gesamtgefüge des Biosphärengebiets nicht beeinträchtigt wird.

§ 14 Ordnungswidrigkeiten

(Vor allem in den Kernzonen enthält die Verordnung neue Nutzungsverbote, die mit Bußgeld bewehrt sein sollten.)

§ 15 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach Ablauf der Auslegungsfrist in Kraft.

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