Garten Eden

Streuobst: Den Apfel stilisierten viele Hochkulturen zum Sinnbild des Paradieses. Heute symbolisiert er als Streuobstfrucht Heimat und intakte Natur.

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Die Kelten hatten ihren „Avalon“ – den Apfelgarten. Die Griechen den Garten der Hesperiden, eine Insel mit goldenen Äpfeln. Und wir? Der von Technik entfremdete Mensch spürt ebenfalls die in Streuobstlandschaften schlummernde Kraft, er fühlt Sehnsucht.

Gleitet uns da nicht ein Stück Heimat und Kultur durch die Finger? „Mit 116000 Hektar prägen Streuobstwiesen in Baden-Württemberg maßgeblich die Kulturlandschaft“, skizziert Landwirtschaftsminister Rudolf Köberle (Foto) bei seiner Streuobst-Sympathiekampagne Anfang September. Fast jeder zweite Streuobstbaum Deutschlands stehe im Ländle. Doch die Be­stände sind gefährdet. Knapp die Hälfte der Obstbäume erhalten gar keinen Baumschnitt mehr; nur 21 Prozent werden regelmäßig geschnitten. Noch 1965 standen 18 Millionen Bäume, bis 1995 fielen 7,6 Millionen dem Preisverfall und Bauboom zum Opfer. Heute zählt das Ministerium noch 9,3 Millionen Streuobstbäume. Darum: Es muss wieder lohnen, sich nach den süßen Früchten zu bücken. Die riesigen Obstplantagen mit maschinenfreundlichen nur zwei bis fünf Meter niedrigen Spindelbäumen versalzen den Gütlesbesitzern gehörig den Preis.

Doch gehört zur Rechnung auch das Thema Gesundheit. Insektizide, Fungizide, Herbizide belasten bis zu siebenmal pro Jahr die Billigfrucht. Kaum gespritzt dagegen wird in den Streuobstwiesen. Deshalb: Kaufen Sie Streuobstprodukte. Die Apfelsaft-Initiative „ebbes Guad´s“ beispielsweise bezahlt für Obst aus Streuobstwiesen einen höheren Preis. Sogar Sprudelhersteller unterstützen Köberles Sympathiekampagne. So wird künftig auf den Flaschen von Ensinger und Schwarzwald Brunnen ein Etikett informieren: „Streuobstwiesen sind artenreicher, sind ein wichtiger Rückzugsraum für viele Pflanzen und Tiere, sind die Grundlage für gesunde und naturbelassene Fruchtsäfte und – schorle, ermöglichen bodenständige Ernährung.“ Kurz: Streuobst ist ein Stück Paradies. Mehr Infos: streuobstwiesen-bw.de

 

Sphäre-Wissen: 150 Jahre Pomologie Reutlingen

Eduard Lucas (1816-1882) erwarb ein großes Grundstück in Reutlingen und gründete 1860 das „Pomologische Institut“, eine Lehranstalt für Obst- und Gartenbau, die als erste Fachhochschule in Deutschland einen wissenschaftlichen und zugleich praxisbezogenen Unterricht anbot. Bis zur Schließung 1922 wurden 3500 Schüler ausgebildet. Erst mit der Landesgartenschau 1984 auf dem Areal der einstigen Lehranstalt begann man sich wieder für den historischen Hintergrund, die noch erhaltenen ehemaligen Institutsgebäude sowie die Arbeit seines Gründers zu interessieren. Heute ist die „Pomologie“ ein Erholungspark – teils gepflegt von einer ehrenamtlichen Arbeitsgemeinschaft, die das Erbe von Lucas bewahren möchte (Foto).

Jahreszeiten: Von Frühling bis Herbst bringen Streuobstwiesen viel Farbe ins Albleben. Wer diese Früchte konsumiert, beweist Liebe zur Heimat und seinen Sinn für guten Geschmack.

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 Printausgabe: Sphäre 3/2010, Seite 34

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