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Natur: Baumhöhlen und Horste kartiert und erfasst

Das spärlicheWohnungsangebot für seltene Tiere wie Rauhfußkauz, Hohltaube, Baummarder sowie verschiedene Fledermausarten steht im direkten Zusammenhang mit der Effizienz moderner Waldwirtschaft. Kettensäge und mächtige Raupen­erntemaschinen räumen ab – viel zu oft auch versehentlich die heimeligen Schwarzspecht­höhlen, die wegen ihrer üppigen Maße eben gerade die seltenen Tierarten als Nachmieter zur Aufzucht ihrer Jungen nutzen.

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 Fotos: Luis Sikora

Diese Baumhöhlen sind sehr wertvoll, das wissen auch die Waldrevierleiter, doch fehlte es bislang an zuverlässiger Kartierung und Markierung des tierischen Wohnungsangebots. Seit Ende 2009 nun steht den Waldmännern ein Baumhöhlenplan zur Verfügung – metergenau per GPS erfasst. Der Reutlinger Landespfleger Luis Sikora marschierte wochenlang durch die Biosphäre – schwerpunktmäßig in 2009 und 2010 am nördlichen Albtrauf zwischen Neidlingen und Bad Urach, im südlichen Lautertal bei Lauterach und auf der Gemarkung Schelklingen. Die restlichen Flächen im Biosphärengebiet wurden schon früher bearbeitet.

„Im Buchenwirtschaftswald, wie er im Biosphärengebiet auf großer Fläche vorhanden ist, mangelt es zudem an alten mächtigen Bäumen“, stellt Sikora fest. Ebenso vermisst er Buchen mit Sonderstrukturen wie Pilzbesiedelung, Ersatzkronen, Rissen und Spalten oder mit Kronen- und Zwieselabbrüchen. Doch nicht nur die Schwarzspechthöhlen nehmen eine wichtige Schlüsselstellung im Ökosystem Wald ein, auch die Horste der Greifvögel. Der Waldspezialist hatte 245 Behausungen in den hohen Baumkronen ebenso sorgfältig mit seinem GPS-Gerät erfasst wie schon die Schwarzspecht­höhlen. Dabei kommt dem Biosphärengebiet als Heimstatt für den Roten Milan eine globale Sonderstellung zu. Grund: Deutschland beherbergt rund 60 Prozent des Weltbestandes des Rotmilans. Rund 1000 Brutpaare nisten in Baden-Württemberg, 50 davon in der Biosphäre.

Rund 18000 Hektar Wald kartierte Sikora im UNESCO-Gebiet im Auftrag des NABU Landesverbandes und der Deutschen Wildtier Stiftung. Dabei unterstützen Fördermittel von PLENUM und Biosphärengebiet diese akribische Detailarbeit.

Inklusive seiner 282 markierten Höhlenbäume sind nun 478 Schwarzspechtbauten mit leuchtend blauer Farbe markiert. Die höchste Dichte dieser begehrten Behausungen bot der Waldbestand des ehemaligen Truppenübungsplatzes Münsingen. Mit 2,7 Höhlen pro Quadratkilometer Waldfläche liegt das tierische Wohnungsangebot über dem Bundesdurchschnitt – vergleichbar mit beispielsweise den naturnahen Wäldern der Nordvogesen. Die Zahl der Baumhöhlen in den übrigen Gemeindewäldern im Biosphärengebiet pendeln zwischen 1,4 und 1,5 pro Quadratkilometer. Zum Vergleich: Der Reichswald Nürnberg und der Naturpark Schwinzer Heide glänzen mit vorbildlichen 3,7 und 5,1 Höhlen als Spitzenreiter der Republik.

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Sphäre-Wissen: Wohnungsmangel hat Folgen

Luis Sikora hat 282 Schwarzspechthöhlen und 245 Greifvogelhorste kartiert. In der Biosphäre bevorzugt der größte europäische Specht für den Bau seiner Bruthöhle alte Rotbuchen. Seine Höhlen sind langlebige, über viele Jahrzehnte nutzbare Brutstätten, Tagesverstecke und Überwinterungsquartiere für viele Vogel- und Säugetierarten. Daneben sind sie Entwicklungsraum für Baumpilze, Bockkäferarten und holzbewohnende Insekten. Der Neubau von Schwarzspechthöhlen erfolgt selten. Im Durchschnitt entsteht in einem Schwarzspechtrevier nur etwa alle fünf Jahre eine neue Höhle. Bislang kann von einer meist unabsichtlichen Fehlfällung von etwa der gleichen Anzahl Höhlenbäume ausgegangen werden. Diese Fehlfällungen soll Sikoras GPS-Kartierung eindämmen.

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Printausgabe: Sphäre 1/2010, Seite 35

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 Nachmieter gesucht: Die geräumigen Höhlen des größten europäischen Spechts sind gerade bei seltenen Waldbewohnern beliebt. Ein GPS-Wohnungsverzeichnis soll vor Kettensägen schützen.

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