THE DARK SIDE OF THE MOON (1)

Lichtverschmutzung: Die Alb muss schwärzer werden

Wenig Lichtverschmutzung: Römerstein besitzt die schwärzeste Nacht. Die 3900-Seelengemeinde rüstete ihre 1000 Straßenlaternen um, gemäß der jüngsten Erkenntnisse zur Verringerung von störendem Streulicht. Sie senkt damit auch die Stromkosten von jährlich 75000 Euro auf 30000 und spart zudem 60 Prozent Energie. Unterm Strich reduziert die Biosphärengemeinde so den CO2-Ausstoß um 143 Tonnen pro Jahr.

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Pink Floyd landete mit dem Albumtitel „The Dark Side of the Moon“ einen Welterfolg. Die Band aber machte nicht die banalen Schattenseiten unseres Erdtrabanten zum musikalischen Thema, sondern das Dunkle im Menschen. Money – Geld finanziert Kriege und verleiht oft den Falschen die Macht.

Auch technische Meilensteine haben ihre Kehrseite – das Auto seine Abgase, die Kraftwerke ihre Klimabelastung – und unser alltägliches Straßenlicht? Man glaubt es kaum, doch kann dieser strahlende Luxus den Menschen den Schlaf kosten und manchen Tieren und Insekten gar das Leben.

Von Lichtverschmutzung ist hier die Rede, die, wenn man das Thema ernst nimmt, mit wenig Aufwand, aber mit Verstand bekämpft werden kann. Michael Donth, Römersteins Bürgermeister, nahm die Argumente der ehrenamtlichen Initiative „Sternenpark Schwäbische Alb“ sehr ernst und ließ sich gerne von Matthias Engel beraten, einem der engagierten Freunde der tiefschwarzen Nacht und Motor der Idee Sternenpark Schwäbische Alb.

„Es war ein echter Glücksgriff“, freut sich Donth, „dass die Sternenparkler just in dem Augenblick an die Öffentlichkeit traten, als wir Ende 2011 unsere neue Straßenbeleuchtung energiesparend umrüsten wollten.“ Die weißen LEDs hatte Donth schnell storniert. Auf Engels Rat hin leuchten seit Anfang September nun sogenannte warmweiße Lampen, mit etwas rötlichem Licht. „Diese Lichtfarbe zieht weniger Insekten an, als das bläuliche Kaltlicht“, erläutert Engel und ergänzt: „Schlagworte, die Planer beherzigen sollten, sind: warmweiß, abgeschirmt, maßvoll und energie­effizient.“

Leuchten mit einer Abschirmung verhindern, dass Licht nach oben und weit zur Seite abstrahlt. Welche Wirkung dies auf unseren Himmel hat, zeigen die beiden Aufnahmen oben mit Blick über die Burg Hohenzollern hinweg. (1. Bild oben zeigt die Lichtverschmutzung vor der üblichen Nachtabschaltung). Römerstein schaltet ab 22 Uhr jede zweite Laterne aus. 2. Bild oben zeigt die Lichtsituation nach Mitternacht).

Besonders gefährlich sind die monströsen Gebäudestrahler für Zugvögel auf ihrer alljährlichen Reise nach Süden, da sie irritiert vom Licht, teils tagelang umherirren. Allein in Nordamerika sterben laut einer Studie der Chicagoer Ornithologen pro Jahr zwischen 100 Millionen und einer Milliarde Zugvögel durch nachts beleuchtete Wolkenkratzer.

In die Zukunft gedacht: Der Lampentausch in Römerstein kostete 570000 Euro, nach spätestens 12 Jahren wird sich die Investition amortisieren.

Sinnvolle Lichtplanung hat Engel vereinzelt auch in Münsingen-Auingen, -Bremelau und Eglingen entdeckt. Doch betont Engel: „Römerstein gilt als Pionier“ und wünscht sich: Das Biosphärengebiet auf der Alb könne doch ebenso beherzt das Sternenpark-Projekt vorantreiben, wie es beispielsweise das Biosphärenreservat Rhön betreibt.

Nachklapp: Pink Floyds Dark-Side-Projekt brachte ebenso viel Licht ins Dunkel – auch auf deren Bankkonten. Denn: bis 2008 hatte sich dieses Album 50 Millionen Mal verkauft und gilt als zweitmeistverkaufte Platte nach Michael Jacksons Thriller.

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 Energie sparen mit LED-Straßenlampen liegt im Trend

 

Faszination Nacht: Die Burgruinen auf dem Hohen Urach haben schon mal einen schwärzeren Himmel erlebt.

Nicht nur die Römersteiner gehen auf Sparkurs, auch die Mehrstetter sehen die Winterabende in neuem LED-Lichterglanz. Die EnBW Regional AG bekam den Zuschlag für die Umrüstung der kleinen Albgemeinde. 62000 Euro ließ sich Bürgermeister Rudolf Ott den Lampentausch kosten. Jährlich werden rund 13500 Kilowattstunden Strom und 161 Tonnen CO2 gespart. Die EnBW vollzieht somit einen wichtigen Schritt vom reinen Energielieferanten zum verantwortungsbewussten Energie­manager. Verdient wird nun nicht mehr nur, wenn Strom verbraucht wird. Das Unternehmen schöpft jetzt auch Werte bei Beratungen zum Thema Energieeffizienz. Zudem: Weniger Beleuchtungskosten erhöht in Gemeinden den Spielraum für andere Aufgaben – und es werden weniger Kraftwerke benötigt.

Nacht-Fotos: Till Credner; Grafik: Carsten Przygoda, Matthias Engel; www.sternenpark-schwaebische-alb.de 

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Weiterführende Links

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Printausgabe: Sphäre 3/2012, Seite 34

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