Winterwandern Truppenübungsplatz

Winterwandertipp: Drei tolle Schneetouren

Schwäbisch Sibirien nennen Einheimische dieses karge Land­. Die Hochfläche des alten Militärplatzes Münsingen ist tatsächlich kälter, windiger, aber auch schöner als anderswo. Genießen Sie 45 extraweiße, autofreie Kilometer für Wanderer gespurt.

banner_sport_holl

Einen Kittel kälter

Der größte Schatz des Münsinger Hardts ist zweifelsohne die über 100 Jahre durch den Militärbetrieb konservierte Natur (Foto oben). Doch gleich danach kommt eine zweite Besonderheit: Das raue Klima. Eben „einen Kittel kälter“ wie der Volksmund sagt oder: „ein halbes Jahr Winter, danach ein halbes Jahr kalt“. Dabei schwingt in diesen Worten nicht selten Stolz. Was den Flachländer fröstelt, entfacht bei Einheimischen wohlige Wärme. Holzfeuer knistert in der guten Stube, Schnee fällt lautlos aufs erstarrte Albland. Die weiße Pracht packt den alten Truppenübungsplatz wie in Watte – für mindestens 90 Tage, sprich einem viertel Jahr. Allein der Kontrast zwischen feuchtem Wintergrau der Tallagen und dem hellfreundlichen Schein des Schnees, lockt tausende Skifahrer auf rund 800 Meter in die Höh´. Was viele nicht wissen: Hier oben lässt es sich auch vortrefflich winterwandern. Während Ortschaften nur wenige wichtige Feldwege räumen, besteht auf dem weitläufigen Münsinger Hardt ein Ausdauer forderndes Winterwandernetz. Bis zu 45 völlig autofreie Kilometer werden seit 2009 für Fußgänger „unregelmäßig“ präpariert. Wobei die Bezeichnung „unregelmäßig“ absichtlich gewählt ist: Denn fällt ein Fußgänger bei regelmäßig geräumten Wegen auf die Nase, sind die Gerichte schnell mit Teilschuld des Eigentümers bei der Hand.

Doch wer dieses stramme Abenteuer über die schneeweiße Biosphären-Alb ins Auge fasst, wird sich ohnehin mehr Gedanken machen über wetterfeste Kleidung und Verpflegung, als über juristische Winkelzüge im Falle motorischen Missgeschicks.

Also, wie der Titel des Artikels schon andeutet, ein Jacke mehr sollte es auf Ihrer Tour schon sein. Wie es sich für Sportler gehört, beachten Sie das Zwiebelprinzip. Mehrere Schichten aus erstens Funktionsunterhemd, zweitens dünnes Ski- oder Jogging-Shirt, danach ein dünnes Fleece und darüber die Jacke. Natürlich gehören Handschuhe, Schal und Mütze ins Gepäck sowie eine Brille gegen Sonne oder den garstigen Wind. Verpflegung nicht vergessen: Auf dem Truppenübungsplatz ist die Wirtschaft im verlassenen Dorf Gruorn winters geschlossen. Reichlich Gasthöfe aber heizen ihre Herde im Umland ein. In der Truppenübungsplatz-Karte des Sphäre-Verlags sind Einkehrtipps und Touren­infos verzeichnet.

———————————————————-

  • Tour 1, 21 Kilometer: Ab Parkplatz Feldstetten – Richtung Böttental – an jeder Wegkreuzung immer rechts – vorbei an Zainingen und Turm Waldgreuth (im Urzeigersinn beschrieben)
  • Tour 2, 12 Kilometer: Ab Parkplatz Trailfingen – Richtung Gruorn – ab Abzweig Gruorn an jeder Wegkreuzung immer rechts – vorbei am Liebherr-Werkstattgelände, dem Gänsewag (im Urzeigersinn beschrieben).
  • Tour 3, 6 Kilometer: Ab Parkplatz Zainingen – Richtung Turm Hursch – links Richtung Turm Waldgreuth – links Richtung Zainingen Ortsmitte – zum Parkplatz Truppenübungsplatz Zainingen zurück (gegen Urzeigersinn beschrieben).

 

Winterwandern Truppenuebungsplatz

Tipp: Winterlandschaft aus der Vogelperspektive

Vier Aussichtstürme gibt es auf dem Truppenübungsplatz (im Winter den Schlüssel auf dem Rathaus erfragen). Der höchste ragt 42 Meter in den Himmel (Turm Hursch), der kleinste gibt mit symbolischen acht Metern vom Sternenberg dennoch einen imposanten Weitblick frei auf einen von Besiedlung und Straßenbau verschonten Landstrich. Die einstige Nutzung des Militärs und die rund 12000 Schafe prägen das Landschaftsbild des 6700 Hektar großen Platzes. Die Panzer verdichteten vielerorts den Boden so stark, dass heute rund 1800 Tümpel den Lebensmittelpunkt vieler Amphibien und Insekten bilden. Drei Sehenswürdigkeiten gibt es zu bestaunen (siehe QR-Code oder Karte unten). Das Maschinenhaus, den Kalkofen und seit dem 10. Oktober 2012 ist der Ort der Stille eröffnet am Sternenbergturm.

——————————————————-

Sphäre-Wissen: Truppenübungsplatz

Der ehemalige Truppenübungsplatz Münsingen wurde Ende 2005 von der Bundeswehr aufgegeben und in die Verwaltung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) übergeben. Das Gelände ist seit 13. April 2006 auf einem freigegeben Wegenetz für die Öffentlichkeit zugänglich. Das Wegeangebot wurde zum 15. März 2007 behutsam ergänzt und komplettiert. Für Besucher sind damit ca. 45 Weg-Kilometer frei begehbar. Darüber hinaus
bieten die geschulten Münsinger TrÜP-Guides Führungen durch das Gelände an. Attraktive Ziele für Besucher sind zudem vier ehemalige Beobachtungstürme, das Militärmuseum im Alten Lager und vor allem das ehemalige Dorf Gruorn.

In der ganzen Region gibt es kein vergleichbares Angebot an unzerschnittenem und asphaltiertem Wegenetz, das in einer landschaftlichen Toplage als autofreie Zone genutzt werden kann. Damit bieten sich außergewöhnliche Möglichkeiten des stressfreien, gefahrlosen Rad- und Inlinerfahrens, gerade auch mit Kindern. Darüber hinaus sind einige Streckenabschnitte auch für E-Rollstuhlfahrer sehr gut geeignet.


WEBcode 183102

Die Kommentare sind geschlossen.