Heiße Liebe

REPORT: Obstanbau und Brennerei aus Liebe zur Heimat

Blühenden Streuobstwiesen im Albvorland verleihen dem Biosphärengebiet ein unverwechselbares Gesicht. Sie zu erhalten, ist das Ziel des Dettinger Edelbrenners Straßer.

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Selbst nach kräftezehrender Kirschenernte am Vormittag und inmitten des Trubels im hauseigenen Hofladen in Dettingen lässt sich Manuel Straßer (im Bild) nicht aus der Ruhe bringen. Der 25-jährige Obstbauer und Brenner veranschaulicht leidenschaftlich, ja eindringlich und doch mit kühler Berechnung eines studierten Betriebswirtschaftlers die Bedeutung seines Handwerks für die über Jahrhunderte gewachsene, typische Kulturlandschaft in seiner Heimat im Ermstal: die lieblichen Streuobstwiesen.

Um den wahren Wert des Altgewohnten ins Bewusstsein zu rücken, wählt Straßer Junior, der seit 2010 den Betrieb mit seinem Vater führt, das Beispiel Obstbauregion Schwarzwald. Dort in Offenburg, wo er seine Brennereiausbildung absolviert, beobachtet er, welchen Tribut rationeller und maschineller Anbau fordert: Kurze, dürre Spindelbäume in Reih und Glied so weit das Auge reicht – von prägendem historischem Landschaftsbild keine Spur. „Natürlich können wir mit unserem Streuobstanbau auf dem Markt nicht konkurrieren. Wir haben hohe Bäume, hohe Leitern – und hohes Unfallrisiko. Preislich können wir mit dem Schwarzwald nicht mithalten“, ist sich der Betriebswirtschaftler bewusst. Doch genau hier sucht und findet der beherzte Visionär seine Chance. „Bei uns steckt ein Stück Landschaft im Produkt“, lautet sein Geschäftsmodell.

Mit neuen Produkten wie etwa der Albwacholder-Spirituose oder der Ermstäler Kirschflamme sowie einer gläsernen Produktion in der geplanten neuen Brennerei möchte Straßer zeigen, dass die extensiv bewirtschafteten Streuobstwiesen, in denen Insekten und Vögel Lebensraum finden, für den Menschen einen wertvollen Natur- und Erholungscharakter haben. „Hier sehe ich ein großes Potential durch das gegründete Biosphärengebiet Schwäbische Alb“, frohlockt der engagierte Obstbauer, der rund 500 Bäume sein eigen nennt. „Bisher ist der Bekanntheitsgrad der Alb nicht ausreichend gewesen. Nun mit der Zertifizierung können wir besser auch über die Region hinaus vermarkten“, beschreibt der Geschäftsmann seine Pläne.

Doch Straßer bleibt ganz bewusst auf dem regionalen Teppich. 60 Prozent des Obstes für seine Brände stammen aus eigenem Anbau, den Rest kauft er aus der Umgebung zu. „Was nicht nicht immer ein Nachteil ist“, weiß der Fachmann. Die meisten Obstbauern im Erms­tal bewirtschaften kleine Parzellen und betreiben den Anbau nicht professionell. „Das sind kleine Mengen. Und wo sollen sie damit hin?“ Mit der Abnahme des Obstes trägt Straßer dazu bei, dass die Streuobstwiesen weiter bewirtschaftet werden. Der Haken dabei ist: „Derzeit ist es schwierig, den Obstbesitzern einen angemessenen Betrag zu zahlen, damit die Arbeit für den Obstbau honoriert wird“, erklärt der Juniorchef den Spagat zwischen Landschaftserhaltung und wirtschaftlichem Auskommen.

Ein Projekt, das sich lohnt, haben die Straßers gemeinsam mit der Uni Hohenheim und dem Betrieb Arbeitskreis Obstbau und Baumwarte Reutlingen e.V. angepackt. Die Universität entwickelte eine Rezeptur zum Schutz kleinwüchsiger Kirschen. Bei einem Annahmepreis von 1 Euro pro Kilo lohnte sich die Verarbeitung. Der Haus- und Gartenmarkt Metzingen-Neuhausen ließ den Saft produzien, die Firma Straßer brannte und veredelte den Likör in Lizenz. Erms­täler Kirschflamme heißt der Verkaufsschlager (www.hofladen-strasser.de).

Der Erfolg basiert in erster Linie auf Qualität. „Milde Destillate kommen an“, kennt der Dettinger Unterneh­mer die hohen Ansprüche seiner Kunden. Für ein beson­ders fruchtiges Aroma entsteint die Firma in einem extra Produktionsschritt Steinobst und Kirschen. Überhaupt: Früchte, die zum Brennen bestimmt sind, erfordern edle Eigenschaften. Süß müssen sie sein, viel Frucht­zucker enthalten, nichts Fauliges, keine Verschmutzung darf dabei sein. „Nur das, was ich selbst essen würde, kommt ins Destillat“, skizziert Straßer seine Qualitätskriterien.

Die Krone seines Schaffens setzte der Firmenchef seiner Produktpalette dieses Jahr auf: der Bio-Goldparmänenbrand. „Dieser Apfelbrand soll zeigen, wie man in ein Biosphärengebiet den Bio-Charakter einbringen kann, schließlich ist er im Namen enthalten“, beschreibt Straßer sein Ziel, die Zukunft der Streuobstwiesen im Erms­tal zu sichern. Die Goldparmäne, eine der ältesten Apfel­sorten aus der Normandie, schafft die Grundlage für das milde Destillat. Der Obstbaubetrieb der Stadt Metzingen erzeugt diese traditionelle Streuobstsorte biologisch. Geerntet wird vollreif, schonend – von Hand versteht sich.

Für den Konsumenten war Naturschutz noch nie so einfach: Genau aufs Etikett schauen, ein Stück Albnatur kaufen und Schluck für Schluck genießen.

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Printausgabe: Sphäre 2/2011, Seite 6-7

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