Stille hören

  • Ort der Stille im ehemaligen Truppenübungsplatzes eingeweiht
  • Schwörer Haus und Platzverwaltung eröffnen neue Attraktion

In der Ruhe liegt die Kraft – dieser Satz ist schneller gesagt, als tatsächlich gelebt. Die Menschen gönnen sich einfach nicht die Zeit im scheinbaren Nichts eines Himmels, in einer fahlen Landschaft, eben einem stillen Ort – wie es der ehemalige Truppenübungsplatz nun mal ist – die wahre Größe eines noch so kleinen Details zu erfassen. Wie sehen die Wolken heute aus, aus welcher Richtung bläst der Wind, ruft ein Milan oder knarzen die Buchen im Hain hinterm Sternenbergturm?

Dies alles bereichert den Menschen – man muss nur lernen, in der Stille zu hören. Eine Bedienungsanleitung hängt zu diesem Zwecke an jeder der drei massiven Liegen, die für sich alleine schon eines der stillen Details abgeben, die in diesem Fall echte Liebhaber massiver Schreiner-Handwerkskunst erfreut.

Engagierte Auszubildende (Azubis) des Hohensteiner Fertighaus-Spezialisten Schwörer haben diese Ruheliegen gebaut, ebenso wie die Stelen rund um den kleinen Aussichtsturm des ehemaligen Truppenübungsplatzes bei Münsingen-Böttingen. Jeder dieser Naturskulpturen besteht aus einem anderen Holz, gestaltet aus Baumarten, die auf dem Platz gedeihen und wachsen.

Probeliegen: Landrat Thomas Reumann, Dr. Dietmar Götze (BImA) und Schwörer Haus-Chef Johannes Schwörer würdigten die Arbeit der Auszubildenden (Foto von li. nach re.).

Firmenchef Johannes Schwörer und Dr. Dietmar Götze von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, quasi Hausherr des ehemaligen Truppenübungsplatzes, verbindet schon seit 2008 eine Geschäftsbeziehung in Sachen Holz der kurzen Wege (siehe unten). Schwörer, als einer der wichtigsten Arbeitgeber auf der Schwäbischen Alb, will sich aktiv in die Modellregion Biosphärengebiet Schwäbische Alb einbringen.

Damit nun doch der eine oder andere die Faszination der entspannten Beobachtung wieder entdeckt – die natürliche Neugier reaktiviert, wie sie Kindern als Triebfeder in die Wiege gelegt ist, um die Anforderungen des Lebens zu meistern – haben die Azubis eine Bedienungsanleitung, eine Art Crashkurs zum Thema „Ort der Stille“ an jede Liege angehängt.

 

Sphäre-Wissen: Von der Idee zur Realität

Die Idee der Schaffung eines „Orts der Stille“ kann gewissermaßen als Gegenpol zur wirtschaftlichen Komponente der Nutzung des Rohstoffes Holz verstanden werden. Die Umsetzung dieses Projektes traf bei den Azubis der SchwörerHaus KG spontan auf Begeisterung. Mit viel Engagement und inhaltlicher Auseinandersetzung wurden Ideen entwickelt, die sowohl dem Bedürfnis nach Ruhe und Entspannung gerecht werden wie auch dem nach Information. Unter Federführung der beiden DHBWStudenten Jasmin Schrodi und Thomas Manz entstand ein Konzept für die Ausgestaltung des „Orts der Stille“: von der Ideensammlung über die Genehmigungsreife bis hin zur Verwirklichung des Projektes. Dem Besucher soll ein willkommener Platz zum Ausruhen und Genießen eines mittlerweile selten gewordenen Schatzes der „Natur“ angeboten werden können.

Fragen wie „was ist Ruhe“, mehr als Stille z.B. Meditation, „wie können wir am besten entspannen? In welcher Körperhaltung etc. wurden gestellt. Das Resultat: Liegen aus witterungsbeständigem Douglasienholz so platziert, dass die umgebende Landschaft Anlass zur Meditation ist. Himmel, Erde, Weite, und Nähe sind Begriffe, die zur Meditation einladen. Fragen wie „sind Wolken am Himmel? Und welche Formen haben sie? “ sollen Hilfestellungen geben.

Aber auch Fragen: „was ist ein Besucherlenkungskonzept?“ – Besucher bewusst an diesen Ort lenken. Dort soll Interesse geweckt werden: „Wissen die Besucher überhaupt, welche Baumarten hier im Biosphärengebiet wachsen?“ Daraus entstand die Idee, Infotafeln über die im Biosphärengebiet beheimateten Baumarten Fichte, Buche, Eiche, Esche, Ahorn, Linde, Kirsche zu erstellen und zu platzieren.

In Zusammenarbeit von Bundesforst und SchwörerHaus KG entstand ein außergewöhnlicher Ort, den die Schwörer Azubis folgendermaßen beschreiben:

„Ein aufregendes und umfassendes Projekt mit dem wir uns lange Zeit intensiv beschäftigt haben. Die größte Herausforderung war, aus einem Stichwort „Ort der Stille“ etwas zu erschaffen, was bei den Besuchern gut ankommt, zur Wiederkehr einlädt, einen bleibenden Eindruck hinterlässt und bei schwieriger Witterungssituation lange erhalten bleibt.“

Ein besonderer Lernprozess entstand dadurch, dass das Projekt von der Ideenentstehung über die Produktion bis hin zur Fertigstellung vor Ort begleitet und koordiniert werden konnte. Die Zusammenarbeit mit dem Bundesforst machte das Projekt spannend, weil verschiedene Menschen mit verschiedenen Berufen aus unterschiedlichen Generationen aufeinander trafen.

 

Sphäre-Wissen: Besucherlenkungskonzept

Gemeinsam mit ihren Partnern im behördlichen und politischen Umfeld hat die Bundesanstalt vor einigen Jahren ein Besucherlenkungskonzept entwickelt. Ziel sollte dabei nicht nur die Lenkung der Besucher, sondern auch eine Erhöhung der Attraktivität des ehemaligen Truppenübungsplatzes sein. Schon bei der Vorstellung des Konzepts im Jahr 2008 war klar, dass die Umsetzung der Konzeptvorschläge nur in mehreren Schritten möglich sein würde. Dieses nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem ehemaligen Truppenübungsplatz um eine in vielfacher Hinsicht sehr sensible Liegenschaft handelt. Ein hoher Naturschutz- und Denkmalschutzwert stehen hierbei ebenso im Vordergrund wie die nach wie vor hohe Kampfmittelbelastung. Eine große Zahl von „Stakeholdern“ sind bei der Umsetzung zu beteiligen oder als Genehmigungsbehörde einzuschalten.

In diesem Jahr wurde mit dem Projekt „Ort der Stille“ ein ganz besonderes Attribut des ehemaligen Truppenübungsplatzes aufgegriffen. Ziel des Projektvorschlages im Besucherlenkungskonzept war die Schaffung eines markanten Ortes, an dem die einmalige Landschaft unter weitgehender Ausschaltung der sonst üblichen Zivilisationsgeräusche erlebt werden kann.

Dazu hat der Sternenbergturm am Wanderweg Nr. 3 eine an die Landschaft und ihre naturschutzfachlichen Kleinodien angepasste Ausstattung erhalten. Die Gestaltung orientiert sich am Corporate Layout des Biosphärengebietes. Als Partner der Bundesanstalt konnte in diesem Fall die Firma Schwörer Haus KG gewonnen werden.

Diese Zusammenarbeit ist nicht neu: Bereits 2010 schlossen die Bundesanstalt und die SchwörerHaus KG einen engen Kooperationsvertrag ab, der sowohl die Stärkung der Wirtschaftskraft als auch die Förderung des Biosphärengebietes zum Inhalt hat.

 

Sphäre-Wissen: Holz der kurzen Wege

Konkret beinhaltet die Kooperation: die Abnahme von ca. 3.500 Festmeter Fichte-Rundholz zu marktüblichen Preisen – der Vorteil liegt in den kurzen Transportwegen von ca. 30 Kilometern. Weitere Pluspunkte liegen in den gesicherten Angebots- und Abnahmemengen, einer kurzfristigen Abfuhr aus dem Wald und damit weniger Waldschutzproblemen. Eine Win-Win-Situation für beide Vertragspartner, aber auch für die Region im und am Rande des Biosphärengebietes. Nicht nur, dass die ökologischen Vorteile eines kurzen Rohstoff – Transportes allen zugute kommen; auch die Wertschöpfung bleibt in der Region, besonders auch weil die Firma SchwörerHaus KG das Rundholz im eigenen Werk zu hochwertigen und energiesparenden Fertighäusern weiterverarbeitet und veredelte Holzwerkstoffeherstellt. Das Restholz wird in einem eigenen Biomasse-Heizkraftwerk mit 9 Megawatt Stromleistung thermisch verwertet. Dieses Konzept wird im übrigen auch mit dem Privatwald, der Landesforstverwaltung und den Kommunen gepflegt, da es sich als äußerst sinnvoll herausgestellt hat.

 

Sphäre-Gedanken: Johannes Schwörer will Beispiel geben

In den Leitgedanken des Biosphärengebietes Schwäbische Alb ist verankert, dass hier eine Modellregion entsteht, in der erfolgreicher Natur- und Umweltschutz mit der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der im Gebiet lebenden Menschen verknüpft werden soll. Dies soll auf eine Weise geschehen, die den Ansprüchen der heute lebenden Menschen gerecht wird und die gleichzeitig die Lebensgrundlage nachfolgender Generationen erhält.

Dieser eben zitierte Leitsatz ist anspruchsvoll, aber er enthält Grundsätze, für die es sich lohnt zu kämpfen, denn was bringt uns aller wirtschaftlicher Erfolg, wenn danach die Umwelt zerstört ist. Was bringt es, beruflich Höchstleistungen zu erbringen und nach wenigen Jahren dann einen sogenannten Burn out zu erleben.

Aber, und dass dürfte auch klar sein, wenn wir die sozialen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte in unserem Land erhalten wollen, und da gibt es derer viele, ich erinnere an die gesetzliche Krankenversicherung, an unser Rentensystem an die Sozialabsicherung, an gut funktionierende Schulsysteme, Kultureinrichtungen und natürlich auch an den Wohlstand in den einzelnen Familien, wenn wir dies erhalten wollen, so brauchen wir wirtschaftlichen Erfolg.

Wenn keiner – aus Angst vor dem burn out – mehr bereit ist berufliche Höchstleistungen zu erbringen, dann dürfte es mit dem Wohlstand in unserem Lande bald vorbei sein.

Deshalb geht es darum, Zeiträume für Höchstleistungen aber auch Zeiträume für Entspannungen in vernünftigen Einklang zu bringen. Welcher Platz ist für die Entspannung aber besser geeignet als das Biosphärengebiet und hier ganz besonders dieser Ort der Stille, vorausgesetzt natürlich das Wetter passt oder man hat die richtige Kleidung an, getreu dem Motto, es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur die falsche Kleidung.

Sinnvolles Wirtschaften im Einklang mit der Natur, der Leitsatz unseres Biosphärengebietes. Wie soll das gehen? Kein Zweig unserer Wirtschaft hat das in der Vergangenheit besser gezeigt, als die Holzwirtschaft.

Wurde doch der Begriff der Nachhaltigkeit erstmals im Rahmen der sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts aus der Not der Waldvernichtung entwickelnden Forstwirtschaft formuliert, regional aus dem gleichen Grund jedoch bereits im 15. Jahrhundert praktiziert.

Aber jedes gut funktionierende Gesetz der Vergangenheit muss auch in der Gegenwart immer wieder neu gelebt werden. Deshalb muss auch die Holzwirtschaft immer neu am Ball bleiben.

Dies ist in den letzten Jahren vielleicht zu sehr in Vergessenheit geraten (Überkapazitäten), aber das seit 2010 gelebte Prinzip Holz der kurzen Wege ist hier bestimmt ein guter Ansatz . Diese Kooperation, die wir seit 2010 mit dem Bundesforst pflegen aber auch die gute Zusammenarbeit mit den benachbarten Kommunen und dem Privatwald zeigen auf, dass die Idee das Rundholz aus dem Wald nur kurze Wege zu transportieren um damit u.a. auch – die CO² – Belastung zu verringen der richtige Weg ist.

Mit diesem Konzept ist es auch möglich, weiter für die Beschäftigung regionaler Arbeitskräfte zuerst in Forst- und Speditionsunternehmen und dann im holzverarbeitenden Betrieb zu sorgen.

Bei den Arbeitskräften wird uns die demographische Entwicklung in den nächsten Jahren vor schwierige Aufgaben stellen und deshalb ist es notwendig, dass die Region zusammen hält.

Wie bei jeder guten Partnerschaft kommt es immer auf den Zusammenhalt an, in guten und schlechten Zeiten.

Das dieser (Zusammenhalt) funktioniert wird bei dieser Partnerschaft aufgezeigt und wurde auch in der Vergangenheit bei den letzten großen Stürmen immer wieder unter Beweis gestellt. So soll es auch in Zukunft bleiben.

Heute haben wir aber eine gute Zeit, eine sogenannte Zeit der Stille und ich freue mich darüber, dass unsere Auszubildenden hier so motiviert mitgemacht haben.

(Auszüge aus der Rede von Johannes Schwörer anlässlich der Einweihung des „Ortes der Stille“ am 10. Oktober 2012)

WEBcode 191212 / WEBcode #16207

Die Kommentare sind geschlossen.