Reich der Düfte

Tradition & Handwerk: Das Seifensiederhandwerk ist auf der Alb lebendig

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Das Flair und den Wohlgeruch der Schwäbischen Alb packt Seifensiederin Bruni Kazmaier in handgerechte Stücke. Der Duft von Thymian oder Wacholder betört die Sinne.

Ein Hauch von herb würzigem Albwacholder erfüllt den kleinen Raum. Er lässt das typische Landschaftsbild der Schwäbischen Alb mit seinen lieblichen Wacholderheiden vor das geistige Auge treten. In diesen Genuss kommt, wer das Glück hat, Bruni Kazmaier direkt beim Seifensieden in ihrem Geschäft im Städtchen Hayingen hoch droben auf dem Dach der Alb zu beobachten.

Schon den Sumerern stand der Sinn nach Sauberkeit – das Bedürfnis nach Wohlgeruch musste allerdings warten. Vor 4500 Jahren ritzten sie das erste Seifenrezept in eine noch weiche Tontafel. Pottasche aus verbrannten Hölzern und Pflanzen sollte mit Ölen verkocht werden. Von Duft keine Spur. Im siebten Jahrhundert setzten die Araber der Seife Aromen zu, erste Handels­zentren für das Luxusgut entstanden. Durch die Kreuzzüge nach Europa eingeführt, konnte im 19. Jahrhundert die handwerkliche Herstellung die Nachfrage nicht mehr decken. Moderne Chemie und industrielle Fertigung ersetz­ten die Handarbeit. Statt Pottasche verwendete man Soda, pflanzliche Fette lösten den Rindertalg ab.

Bruni Kazmaier hingegen dreht das Rad zurück und liegt gerade deshalb im Trend. Nie verarbeitet die 45-jährige Hayingerin mehr als 20 Stück Seife auf einmal und das selbstverständlich von Hand. Sie setzt auf regionale Inhaltsstoffe, saisonale Kräuter und Produkte aus kontrolliert biologischem Anbau. Sie schmilzt die festen pflanzlichen Fette wie beispielsweise Kokos- oder Palmfett schonend ohne Kochen. So bleiben die wertvollen Vitamine erhalten. „Meine Seifen sind kalt gerührt“, betont die Kennerin dieses traditionellen Handwerks. Sie vermengt nach selbst ausgetüftelten Rezepten pflanzliches Fett, Kräuter, Natronlauge zusammen mit Wasser und Duftölen ganz bedächtig und langsam bis die Masse die Konsistenz eines Puddings erreicht. Eingestreute Pigmente der Tonerde oder getroc­k­nete und gemahlene Brennesselblätter ergeben die Farbnuance. Vor der sechswöchigen Reifezeit reicht sie kein Stück Seife über den Ladentisch. Erst dann ist der Reifeprozess komplett abgeschlossen.

Abgeschlossen hat die Naturliebhaberin ihre langjährige Erfahrungssammlung noch lange nicht. Stets sucht sie nach neuen Kräutern, Duftstoffen, testet natürliche Farbstoffe – das Sortiment erweitert sich ständig. Diese Experimentierfreude weckte damals ihre Mutter. „Mit ihr habe ich als Kind schon Thymian gesammelt oder Tee aus Ringelblumen gekocht“, erinnert sich die Hayingerin. Mit 16 Jahren deckte sich die Teenagerin mit Büchern ein zur Seifen-, Tee-, Salbenherstellung. Sie mixte und probierte. Diese Leidenschaft sollte sie das ganze Leben begleiten. So richtete sie sich neben ihrem späteren Beruf als Drucktechnikerin in ihrem Wohnzimmer einen Verkaufsraum ein. „Wir erstickten an Seife“, lacht Kazmaier bei dem Gedanken an die ersten Vermarktungsversuche vor sechs Jahren. Bald merkte sie, dass Beruf und Berufung nicht unter einen Hut passten. So meldete die angehende Geschäftsfrau vor fünf Jahren ein Gewerbe an, 2006 hängte sie ihren Beruf als Drucktechnikerin an den Nagel und eröffnete den 40 Quadratmeter großen Laden im Städtchen Hayingen.

Den besuchen die Hayinger gern“, freut sich Kazmaier über den Zuspruch nicht nur aus der Heimat. Gerne kaufen auch Touristen nach Alb duftende Mitbringsel. Außerdem bietet sie auf Kunsthandwerkermärkten und über ihre Homepage Produkte an (www.stebruka.de). Das Angebot reicht von Duft-, Kräuter-, Bioseifen, Cremes und Badeölen bis hin zu regionalen Körbchen, die sie mit Wacholderräucherspänen, Linsen, Schnaps und  Marmelade füllt. Ein großes Sortiment an Edelsteinen  dient freilich nicht allein der Zierde. Ausgerüstet mit einer Zusatzausbildung in Steinheilkunde versorgt die Allrounderin ihre Kunden mit Wissen über die positive Ausstrahlung der Steine für Körper und Geist. „Für jede Person gibt es den passenden Stein“, weiß Kazmaier. Oft greifen ihre Kunden intuitiv nach dem Stein, den sie gerade brauchen. „Bruni, es hat gewirkt“, rief es einmal durch die Tür – rumms, war sie wieder zu. „So etwas ist der schönste Lohn“, lächelt die quirlige Mittvierzigerin.

Gelohnt hat sich auch ihr waches Auge. „Mit meinem Seifenblick wandere ich durch die Natur und entdecke Neues“, beschreibt Kazmaier ihr Erfolgsrezept. So reifte  vor drei Jahren die Idee, nicht nur die Milch von Schafen und Ziegen in der Seife zu verarbeiten, sondern auch die besonders fetthaltige der Albbüffel. Satte 25 Prozent macht der Milchgehalt schließlich aus. Nicht nur deshalb trocknen die edlen Stücke die Haut nicht aus. Die duftenden Kazmaier-Seifen wirken rückfettend. Sie pflegen nicht nur die Haut, sondern auch die Seele.

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Printausgabe: Sphäre 2/2009, Seite 4-5

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