Albleben im Westentaschenformat

Albleben: Bauernhausmuseum Ödenwaldstetten

400 Jahre Freud und Leid: So wirkt das in den historischen Gebäuden konservierte Lebensglück bis in unsere moderne Zeit hinein.

Zeitlose Schönheit verliert im wilden Sog kurzlebiger Geschmacksirrfahrten nur allzu schnell seinen hellen Schein. Kleidung, Technik, Möbel landen auf dem Sperrmüll. Erinnerungen an Kultur und Tradition schimmern nur noch ganz blass. Lebensräume, Häuser, sogar Straßenzüge fallen der Abrissbirne zum Opfer. Städteplanerische Weisheiten verdrehen auch Älb­lern den Geschmack.

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Liebe fürs Detail: So haben Älbler gelebt. Einfach, aber urgemütlich. Bisweilen keimt etwas Neid auf die behaglichen guten Stuben.

Es sei denn, ein Bürgermeister hilft bewahren, schärft den Sinn für nachhaltige Werte, weckt Interesse an einer von Schaffern  entwickelten Gebrauchsästhetik, die nicht nur Monate währt, sondern Jahrzehnte.

In Ödenwaldstetten entdeckte solch ein Schultes vor 40 Jahren sein Herz für die Wurzeln seiner Dorfgesellschaft – die bäuerliche Tradition. Wilhelm Hägele und Gattin Ingrid zäunten ein beachtliches Areal von 5,8 Hektar um zwei verwaiste teils 400 Jahre alte Landwirtschaftsbetriebe ein. Das kleinste Freilichtmuseum auf der Alb entstand. Der Puls vergangener Epochen schlägt in diesen historischen Gebäuden intensiv: Bauerngarten, Bauernstube, Bauern­tracht; die Kleidung der Älbler, das Spielzeug der Älbler, das Werkzeug der Älbler – zeitlose Schönheit hoch dosiert. Den vielen Stunden aller Mütter, Väter und Kinder, die hier seit 400 Jahren lebten, gibt dieses Museum einen würdigen Rahmen.

Nein – dieses Ausstellungsareal ist kein Heimatmuseum, klein, angefüllt mit Sammelsurium ähnlich einem Warenkatalog. Ödenwaldstettens Schau­stück erzeugt wie ein guter Kinofilm Gefühle und Stimmungen, die verblasste Generationen durchs Leben trugen.

Wer am Tor vor dem blühenden Bauerngarten ein Ticket löst, erhält eine einstündige Führung. Geschichtswissen, Anekdoten und Fakten holen das Leben des Robert zurück in die Gegenwart. Er wohnte bis 1966 hier, arbeitete, lachte, weinte. Und auch schon vor 400 Jahren wurde im Herbst auf traditionellen Festen der Alltag der Alb mit heiteren Trinksprüchen begossen.

Solch ein Fest gibt sich in Ödenwaldstetten die Ehre. Alle drei Jahre, heuer am 11. September, erweist das Albdorf seine Hommage an zeitlose Schönheiten. Von 10.30 bis 17 Uhr gehen alte landwirtschaftliche Arbeitsgeräte in Betrieb, frühere Arbeitsweisen werden vorgeführt. Handwerke wie Weben, Mosten, Töpfern, Schmieden zeigen fast vergessene Handfertigkeiten. Besucher dürfen auch selbst werkeln und die Ergebnisse ihrer Schaffenskraft nach Hause nehmen.

Ein Bauernmarkt lädt zum gemütlichen bummeln ein. Auf dem Museumsgelände sorgt die Musikgruppe „Allerhand“ und die Volkstanzgruppe Hohenstein für Stimmung, während sich Kinder in einer Spielstraße vergnügen.

Natürlich gibt´s Kaffee und Kuchen nebst allerlei schwäbischen Spezialitäten. Auch das Backhaus heizt ein. Ideal, um sich an Scherrkuchen und Holzofenbrot zu laben.

Doch nicht nur an diesem authentischen Museumskomplex mit den beiden Gebäuden aus der Zeit um 1600 und 1859 feiern die Älbler ihre schönsten Feste. Heitere Spätsommerlaune verbreiten auch die weit im Ländle bekannten Veranstaltungen.

WEBcode 172152 (Ausgabe 2/2016, S. 20-21)

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