Wald in Not

Die Ergebnisse des Waldzustandsberichts 2022 machen der Landespolitik sorgen

In diesem Jahr blieb ein regenreiches Frühjahr und ein nicht zu heißer und trockener Sommer aus. Die erhoffte Verschnaufpause zur Revitalisierung für unsere Wälder, wie im Jahr 2021, mit einer Phase kühler und feuchter Witterung im Sommer hat sich kaum eingestellt und war insgesamt zu kurz. Stattdessen gab es auch heuer wieder verbreitet Hitzerekorde und Dürreperioden. Mit 46 Prozent weist fast die Hälfte der Waldfläche im Land deutliche Schäden auf.

„Die Folgen für den Wald von heute, spiegeln die Fehler und Inkonsequenz beim Klimaschutz von vor 20 Jahren wieder. Deshalb ist es richtig, dass wir in den vergangenen Jahrzehnten intensiv mit einem Waldumbau und Maßnahmen gegen den Klimawandel begonnen haben. Die Wirkung eingeleiteter Veränderungen zeigt der Wald nicht von heute auf morgen“, sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk MdL am Montag (19. Dezember) im Haus des Waldes in Stuttgart, anlässlich der Vorstellung des Waldzustandsberichts 2022 mit der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA).

Negativrekord setzt sich fort
Im Auftrag der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt nahmen Inventurtrupps im Juli und August dieses Jahres den Kronenzustand von über 7.000 Waldbäumen und mehr als 30 Waldbaumarten auf. Im Ergebnis sind 46 Prozent der Waldfläche in Baden-Württemberg deutlich geschädigt, womit das Niveau des bisherigen Negativrekordjahres 2020 eingestellt ist.

Trockenheit setzt den Nadelbäumen zu
Unter den Nadelbäumen weist die Kiefer mit einem mittleren Nadelverlust von 33 Prozent den höchsten Wert auf. Bei Fichte, Tanne und Lärche liegt der Wert bei rund 25 Prozent. Der Fichte haben die anhaltende Trockenheit und der Borkenkäferbefall stark zugesetzt. Bis in mittlere Höhenlagen konnte der Buchdrucker 2022 dank der warmen Witterung drei Generationen ausbilden und sich damit wieder sprunghaft vermehren. Der Nadelverlust bei der Tanne ist im Wesentlichen bei jüngeren Bäumen angestiegen, weil sie mit einem flacheren Wurzelwerk sensitiver auf Trockenphasen reagieren. Mit rund 21 Prozent Nadelverlust zeigt die Douglasie unter den wichtigsten Nadelbäumen den geringsten Schädigungsgrad. Zudem bestätigen die Ergebnisse eines wissenschaftlichen Projekts der Professur für Waldwachstum und Dendroökologie der Universität Freiburg die vergleichsweise hohe Trockenheitstoleranz der Douglasie.
Auch die Laubbäume bereiten Sorgen
Unter den wichtigsten Laubbäumen weist der Bergahorn mit rund 18 Prozent den geringsten Anteil an Blattverlusten auf, wohingegen die Esche mit rund 43 Prozent den höchsten Anteil aufweist.

Beim Bergahorn ist das Ergebnis auf das geringe Durchschnittsalter der erfassten Bäume zurückzuführen. Die hohen Blattverluste bei der Esche sind im pilzlichen Erreger des Eschentriebsterbens begründet.

Der Laubverlust der Buche hat sich gegenüber dem Vorjahr auf 32 Prozent leicht erhöht. Mittlerweile gelten 58 Prozent unseres häufigsten Laubbaumes als deutlich geschädigt. Der Anteil ungeschädigter Buchen liegt nur noch bei neun Prozent.
Die Auswirkungen der länger anhaltenden trockenen Witterung zeigen sich nun auch verstärkt bei unseren Hoffnungsträgern, den heimischen Eichenarten, wie der Stiel- und Traubeneiche. Das tiefe Wurzelsystem der Eichen erreicht in der Regel auch in trockenen Jahren noch Wasserreserven im Boden. Ist, wie in diesem Jahr, der Unterboden ausgetrocknet und mancherorts das Grundwasser abgesenkt fällt die Reserve aus. Der Blattverlust der Eichen ist auf 34 Prozent angestiegen. Damit liegt der Anteil deutlich geschädigter Eichen bei 71 Prozent, das ist mehr als bei jeder anderen Baumart in Baden-Württemberg.

Quarantäneschädlinge
Der Klimawandel und die zunehmende Globalisierung erhöhen zudem die Gefahr der Ausbreitung oder der passiven Verschleppung von Organismen, die erheblichen Schaden in unseren Wäldern anrichten können. Eingeschleppte Tiere und Pflanzen, die in der EU als besonders schädlich gelten, werden als Prioritäre Schadorganismen bezeichnet. Maßnahmen zur Beseitigung dieser eingeschleppten, besonders schädlichen Arten sind nur dann sinnvoll, wenn deren Zurückdrängen möglich erscheint und von allen Beteiligten konsequent umgesetzt wird. Ein Beispiel für ein erfolgreiches Zurückdrängen ist der Asiatische Laubholzbockkäfer, der erstmals 2008 bei Kehl auftrat.
„Dank frühzeitig ergriffener Maßnahmen und des risikoorientierten Monitorings gilt Baden-Württemberg seit Anfang 2021 als befallsfrei. Zudem sind in den Jahren 2021 und 2022 keine neuen Quarantäneschädlinge im Wald festgestellt worden“, betonte Forstminister Hauk

Entschlossen gegen den Klimawandel
„Die Ergebnisse des Waldzustandsberichts sind besorgniserregend. Deshalb dürfen wir nicht nachlassen und müssen weiter entschlossen handeln, um die gesetzten Klimaschutzziele zu erreichen und gleichzeitig den Wald und die Waldwirtschaft an den Klimawandel anzupassen. Das Land hat dazu eine Reihe von Initiativen gestartet. Mit der Holzbau-Offensive fördert das Land das klimafreundliche Bauen mit Holz. Mit der Landesstrategie ‚Nachhaltige Bioökonomie unterstützt die Landesregierung den Wandel zu einer auf erneuerbaren und biologischen Ressourcen beruhenden rohstoffeffizienten und kreislauforientierten Wirtschaft. Mit dem Ausbau der Windkraft im Staatswald leisten wir einen Beitrag zur Energiewende. Unsere Waldstrategie Baden-Württemberg, die unter Beteiligung der Akteure für den Wald im Land fortgeschrieben wird, trägt dazu bei, die notwendigen Schritte in zentralen Handlungsfeldern anzugehen, um den Wald und seine vielfältigen Leistungen für die Gesellschaft zu erhalten. Der insgesamt bessere Gesundheitszustand der jungen Bäume lässt uns hoffen. Genau hier setzen die Forstleute mit der Pflege der Wälder an, um klimaresiliente Bäume für stabile Mischwälder früh zu fördern“, machte Minister Hauk MdL deutlich.

Zudem werde derzeit die Richtlinie landesweiter Waldentwicklungstypen, ein Leitfaden zum waldbaulichen Umgang mit den Wäldern im Klimawandel, von den Experten der Landesforstverwaltung, von ForstBW und FVA überarbeitet und im kommenden Jahr veröffentlicht. Denn der enge Schulterschluss zwischen forstlicher Praxis und Forschung sei ein weiterer Schlüssel zur erfolgreichen Anpassung der Wälder an den Klimawandel.


Hintergrundinformationen
Den kompletten Waldzustandsbericht 2022 finden Sie auf der Seite der Forstlichen
Versuchs- und Forschungsanstalt unter www.fva-bw.de oder direkt unter
www.fva-bw.de/daten-und-tools/monitoring/die-waldzustandserhebung/ergebnisse


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