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2. Römische Alterthümer

Es ist schon in der Oberamtsbeschreibung von Reutlingen bemerkt worden, daß die Römer auch auf der Alp festen Fuß gefaßt haben. Ihre Spuren finden sich auch in dem Münsinger Oberamt, und während uns die geschriebene Geschichte sagt, daß Probus (römischer Kaiser von 276–282) die Deutschen über den Neckar und die Alp zurückgeschlagen und auf barbarischem Boden römische Festungen angelegt habe, zeigen uns Denkmäler, die vielleicht noch älter, als jene Begebenheiten sind, eine dauerhafte Verbindung der Römer von dieser Seite zwischen dem Rhein und der Donau an. Sie sind:

Straßen – an mehreren Orten. Eine Hochstraße von römischer Bauart, die mit dem durch den östlichen Theil des Oberamts Blaubeuren ziehenden sogenannten Hochsträß nicht zu verwechseln ist, wurde i. J. 1777 bey Feldstetten an dem sogenannten Hohenwang entdeckt[11] und neuerlich in ihrem Zuge weiter verfolgt. Sie zieht durch die nördliche Spitze des Oberamts, zwischen Laichingen und Westerheim, also nicht weit von Oberdrachenstein, wo die Reichartische Karte Dracuina ansetzt,[12] in das Oberamt herein, läuft von da durch die Feldstetter Mark nach Zainingen hin, dessen Kirchthurm darauf stehen soll, sodann zwischen Gruorn und dem

| Hardt durch, an den Ruinen von Reichenau, wo vielleicht einst ein römischer Wachtthurm gestanden hat, und nahe an Münsingen vorbey, durch das Dottinger Ackerfeld und an Steingebronn vorüber und durch die Gomadinger Markung weiter. Im Laichinger Felde hat man an mehreren Stellen gemauerte Grundlagen davon aufgegraben. Auf Feldstetter Markung erscheint sie noch vollkommen gewölbt und mit Rasen überwachsen; in dem Orte Feldstetten selbst und in Steingebronn wird sie Hochsträß, in Dottingen die gemauerte Straße, und in Münsingen noch die Römerstraße genannt. Daß sie dieß auch wirklich und keine spätere Anlage sey, davon liegt der Beweis theils in ihrer Bauart, theils darin, daß sie die Orte meist auf der Seite läßt und somit wohl älter als diese ist.

Vor einigen Jahren wurde auch ein Stück einer gepflasterten Straße von dem Grafen von Normann bei Alt-Ehrenfels ausgegraben: ob aber dieß ein Theil der vorigen Straße, ob es überhaupt römisch und nicht vielmehr, wie vielleicht manche andere, für römische gehaltene, Straßen altdeutsch ist? wollen wir hier nicht entscheiden; denn bekannt ist, daß auch von den Deutschen unter Karl dem Großen die Bauart der römischen Straßen nachgeahmt wurde. So viel scheint gewiß zu seyn, daß die alte Nürnberger Handelsstraße aus Italien über Constanz und später über Lindau durch das Oberamt, und, wie man noch jetzt weiß, bis ins 16te Jahrhundert über Münsingen und durch das Ulmer und Heidenheimer Gebiet zog.

Aber nicht blos in Straßen, auch in andern Überresten findet man die Spuren der Römer. Wir übergehen die römischen Münzen, welche an verschiedenen Orten, wie auf dem Sternenberg bey Offenhausen, zu Gomadingen, Dottingen, Münsingen, Feldstetten etc. gefunden worden, als Beweise für das Daseyn der Römer und richten unsere Aufmerksamkeit auf andere, weniger zweydeutige Überreste, namentlich auf die

Überreste von festen Plätzen, welche das Gepräge römischen Ursprungs tragen, wie sie hauptsächlich noch

| im Lauterthale gefunden werden. Buchner, in seinen Reisen auf der Teufelsmauer ist der Meinung,[13] daß die römischen Castra Clarenna über das Lauterthal in dem Münsinger Oberamt sich erstreckt, ja sogar davon ihren Namen haben. „Der Alemanne, sagt er, nannte die Flüsse Lauter wegen des lautern Wassers; wegen derselben Eigenschaften der Lateiner sie ganz gewiß Clara, Clarenna.“ Er führt zum Belege seiner Vermuthung eine Reihe alter Burgen an, welche sich in dem Münsinger Lauterthale befinden, und wirklich findet man an denselben auch viele Überreste, welche an römische Zeiten und Bauart erinnern. Ein Hauptpunkt ist aber der Beobachtung Herrn Buchners entgangen, es ist dieß: Die Burghalde. Sie liegt auf dem rechten Ufer der Lauter, zwischen Indelhausen und Maisenburg und ist ein durch die Lauter und eine enge Thalschlucht halbinselartig abgesonderter Felsenberg, auf dessen Höhe ein Forchenwald steht. Bey seiner Lage konnte diese, mit so leichter Mühe zu einem festen Platze umzuschaffende Berg, in frühern Zeiten für diesen Zweck nicht unbeachtet bleiben, und wirklich trifft man auch auf seiner ganzen obern Fläche, besonders aber rings am Rande derselben, die merkwürdigsten Spuren früherer Befestigung an. Gegen Norden und Osten ziehen sich am Rande des Abhangs hohe und breite Wälle hin, und an und auf ihnen trifft man, hauptsächlich bey bedeutenden Wendungen, große kegelförmige Erhöhungen (wahrscheinlich die Rudera eingestürzter Thürme) an. Gegen Westen, wo der Berg mit den Höhen von Hayingen zusammenhängt, und wo er am zugänglichsten ist, deckten dreyfache Wälle und Gräben, parallel unter sich, und 500 Schritte weit in schnurgerader Linie gegen Maisenburg hinlaufend, diesen, allem Anschein nach, sehr festen Platz. Die Wälle sind an einigen Orten noch 8 Fuß hoch über dem Boden und ungefähr 10 Fuß breit, und an dem letztgenannten

| dreyfachen Walle gegen Westen bemerkt man noch deutlich die ehemaligen Thore und Ausgänge. Die ganze Anlage dieses Platzes erinnert an ein römisches Castell. Es wird zwar bey Hayingen bemerkt werden, daß auf dem Berge der Sage nach das alte Hayingen, vermuthlich die Burg der Hayinger Mark (s. o.) gestanden habe. Aber dieß hindert nicht, anzunehmen, daß die erste Befestigung von den Römern herrühre, um so weniger, als die zerstörten römischen Castelle in der Folge häufig die Grundlage von deutschen Burgen wurden. Wir bemerken weiter

eine Wasserleitung, und zwar von thönernen Teicheln, ganz so wie die anderwärts aufgefundenen römischen Wasserleitungen sind; sie führte von dem Sternenberg, wo, wie schon bemerkt worden, auch römische Münzen gefunden worden sind, nach dem Kloster Offenhausen herunter. Sie wurde vor etlichen Jahren an verschiedenen Stellen aufgefunden.

Geräthschaften. Hieher zählen wir einen merkwürdigen Fund, der erst kürzlich auf den hohen Alp gmacht worden ist. Als nämlich im vorigen Sommer von einem Bremelauer Bürger ein auf einer Anhöhe, an dem Fahrwege von Bremelau nach Bichishausen, auf den Langenheckäckern befindlicher Hügel (Stein-Rigel) ausgegraben werden wollte, um den Platz urbar zu machen, gerieth man auf eine Höhlung und fand darin den Kopf von einem Menschen, mit einem ziemlich vermoderten Gerippe und mehreren zierlich gearbeiteten Ringen und Stäbchen, und darunter schwarze, mit Kohlen vermischte Erde. Ringe und Stäbchen oder Stängchen waren, erstere von der Art der Amuletringe, wie man sie in dem Grabhügel auf dem Rotenberge fand,[14] letztere ungefähr von derselben Form, wie man die Griffel bey Montfaucon abgebildet findet, jedoch zu lang, (2 Schuh) als daß man sie dafür halten könnte; beyde aber von der eigenthümlichen Composition der römischen Münzen von Erz.

Angenommen aber, daß diese Alterthümer alle keine römischen Denkmäler seyn, so ist es desto gewisser

| Ein Römischer Denkstein, der schon seit Jahrhunderten zu Zwiefalten aufbewahrt[15] und gegenwärtig in der Gartenmauer neben der K. Kameralverwaltung eingemauert ist. Er enthält folgende Inschrift:

DEO. INVICTO.
SOLI. TEMPLUM.
A SOLO. RESTITU-
IT. VALERIUS.
VENUSTUS. V.P.P.
P.R. SICUTI. VOTO.
AC. MENTE. CON-
CEPERAT. RED-
DITUS. SANITA-
TI. V. S. L. L. M.

Deo invicto Soli templum a solo restituit Valerius Venustus, sicuti voto ac mente conceperat redditus Sanitati. Votum Solvit libens, lubens, merito.

Somit enthält der Stein eigentlich die Inschrift eines, dem Sonnengotte von einem Vicepräfect, Namens Valerius Venustus, aus Dankbarkeit für seine wiedererlangte Gesundheit erbauten, oder wieder hergestellten Tempels. Die Buchstaben V. P. P. P. R. lesen wir: Vice Praefectus Praetorio Provinciae Rhaetiarum, und bemerken noch, daß zu Rhaetia secunda auch ein Stück des linken Donauufers gehörte, und daß der benachbarte Ort Zell noch im 9ten Jahrhundert Romanesau, Römerau hieß.

Es ist also wohl nicht zu zweifeln, daß die Römer auch in unserm Oberamtsbezirke festen Fuß gefaßt haben, und ein Blick in die allgemeine Geschichte bestätigt dieß noch mehr. Lange Zeit war die Donau die Gränze zwischen Römern und Deutschen; jene hielten das rechte Ufer besetzt, diese hatten das linke inne und fanden den besten Schutz auf dem angränzenden Alpgebirge. Endlich überschritten die Römer jene Gränze – nach allen Umständen unter Tiberius – und legten

| auch auf dem linken Donauufer und auf der Alp feste Plätze und Straßen an. Diese wurden zwar in der Folge von den Deutschen überwältigt, von den Römern aber neuerdings in Besitz genommen, wiederhergestellt und erweitert, bis endlich die Römer ganz vertrieben und ihre Werke zerstört wurden. Bey dieser Zerstörung mögen sich übrigens manche Anlagen, insbesondere die festen und weniger beachteten Wachtthürme erhalten haben, welche später von den vornehmen Deutschen zu Wohnsitzen eingerichtet wurden; und merkwürdig ist, daß manche Ritterschlösser, wie z. B. Bichishausen, lange Zeit blos der Thurm genannt wurden.

b. Deutsche Alterthümer.

Burgen und Burgruinen: Ihre Zahl ist sehr groß, insbesondere in dem Lauterthale; [16] man findet

a) noch bewohnte oder benutzte Burgen und Schlösser – 10.
Münsingen, Buttenhausen 2,
Grafeneck, Schiltzburg,
Justingen, Hayingen,
Eglingen, Ehrenfels.
Ehestetten,
b) Ruinen, zum Theil nur noch in einzelnen Grundmauern vorhanden – 25.
Steingebronn, Monsberg,
Blankenstein, bey Tapfen, Alt-Ehrenfels im Glasthal,
Buttenhausen, Hohenstein, bey Oberstetten,
Hundersingen 2, Ödenburg, ebendaselbst,
Bichishausen, Burg, bey Bernloch,
Hohengundelfingen, Aichstetten, im Tiefenthal,
Niedergundelfingen, Reichenau, bey Auingen,
Derneck, Hohenloch, bey Böttingen,
Weiler, Magolsheim,
Althayingen, Enabeuren, Schloßberg,
Maisenburg, Hohenrein, bey Sontheim,
Wartstein, Nattenbuch bey Feldstetten;

|

c) nur noch in geschichtlichen Denkmälern und Sagen übrig – 8.
Egelsee, bey Feldstetten, Sunderbuch,
Enabeuren, im Dorf, Zwiefalten,
Gomadingen, – Bach,
Kernberg, bey Wilsingen, Riedt;
zusammen also nicht weniger als – 43.

Noch mehrere lassen uns die Edelleute, welche in dem Oberamte angesessen waren, und nach ihrem Sitze sich nannten, wie man bey der Beschreibung der einzelnen Orte finden wird, vermuthen, wiewohl zu bemerken ist, daß Edelleute, welche keine Burgen hatten, sich häufig nach dem Orte, worin sie, oft in geringen Häusern, wohnten, geschrieben haben.

Dörfer und Weiler. Mächtig wird man auch bey näherer Prüfung der topographischen Geschichte durch die Namen vieler untergegangener kleineren Dörfer und Weiler, welche sich theils noch in den Benennungen von Markungsbezirken, theils in schriftlichen und andern Denkmälern erhalten haben, an vergangene Zeiten und Sitten erinnert. Wir bemerken hier:

Breitenfeld und Steingart, bey Bach, Fainhausen bey Ober-Wilzingen,
Wimsheim bey Ehrenfels,[17] Maisenburg bey Maisenburg,
Züzelhausen, oder Zizelhausen, zwischen Gomadingen und Gächingen, Altmanshausen bei Erbstetten,
Echenhausen bey Grafeneck, Lindau bey Emeringen,
Schwarzach bey Gomadingen, Raunstetten bey Gundershofen,
Weidenthal bey Maßhaldersbuch, Heroldstatt bey Enabeuren,
Heudenheim bey Pfronstetten, Weichstetten bey Laichingen u. m. a.

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