IHK-Umfrage zu Japangeschäft: Die Katastrophe hinterlässt ihre Spuren

Reaktorkatastrophe in Japan beeinflusst nicht nur Atompolitik (Foto Kernkraftwerk Neckarwestheim).

Jeder dritte Im- und Exporteur mit Japangeschäft spürt mittlerweile die Auswirkungen von Erdbeben, Tsunami und Reaktorkatastrophe.

Die IHK Reutlingen hat 150 regionale Unternehmen, die Waren aus Japan beziehen oder dorthin verkaufen, nach ihren ersten Erfahrungen befragt. Das Ergebnis: Jeder dritte Importeur berichtet von Lieferverzug. Wiederum ein Drittel sucht nach alternativen Lieferquellen. Bei den Exporteuren zeigt sich ein ähnliches Bild: Über 30 Prozent sprechen von aktuellen Beeinträchtigungen. Geplante Investitionen werden verschoben, der Bestelleingang aus Japan ist rückläufig. Jeder vierte Betroffene berichtet sogar von Auftragsstornierungen. Ohne Probleme erfolgt inzwischen wieder der Warentransport an die japanischen Kunden.

Größere Beeinträchtigungen nicht erwartet

„Die Katastrophe hinterlässt in der Region ihre Spuren“, sagt Petra Brenner, Leiterin der Bereichs International bei der IHK Reutlingen. Größere Beeinträchtigungen des gesamten Im- und Exportgeschäfts befürchtet die Außenwirtschaftsexpertin jedoch nicht. „Bei den meisten Firmen liegt der Anteil des Japangeschäfts zwischen einem und fünf Prozent. Einen Rückgang werden die meisten verkraften können.“ Auch von jenen Unternehmen, die aktuell noch keine Auswirkungen spüren, erwartet jeder Fünfte in absehbarer Zeit Beeinträchtigungen, vor allem bei der Lieferung von Elektronikbauteilen. Der Warenvorrat wird daher aufgestockt. Betroffen sind davon auch Unternehmen, die über andere Lieferanten Vorprodukte aus Japan beziehen.

Risiko der Strahlenbelastung

Mehr Sorge bereitet Brenner die Angst vieler Unternehmen vor Waren, die radioaktiv belastet sein könnten. Unternehmen verlangen mittlerweile von ihren Lieferanten Unbedenklichkeitsbescheinigungen. Das Haftungsrisiko wird so auf die jeweiligen Lieferanten verlagert. „Selbst Lieferanten, die keine Vorprodukte aus Japan verwenden, müssen solche Erklärungen gegenüber ihren Kunden abgeben“, berichtet Petra Brenner. Schwierig ist dies für Unternehmen, die nicht bei jedem Einzelteil die Herkunft kennen. „Jeder will von jedem die Versicherung, dass die Ware nicht verstrahlt ist“, sagt die Expertin. Unternehmen haften für getroffene Aussagen. Es dürfe jedoch nicht zu Boykotterklärungen kommen. „Aussagen wie „Wir bestätigen, dass die gelieferte Ware nicht aus Japan stammt“ sind nach deutschem Gesetz verboten“, so Brenner. Mit Blick auf Reisen nach Japan verweist die IHK auf die aktuellen Informationen des Auswärtigen Amtes.

Hintergrund

Die IHK hat 150 Unternehmen befragt, die Waren aus Japan beziehen oder dorthin verkaufen. 65 Prozent davon sind Exporteure. Die gesamte Bandbreite der Produkte, für die die Region Neckar-Alb steht, werden nach Japan verkauft: Textilien und Bekleidung, Medizintechnik und Life Science, Maschinenbau und Zuliefererteile. Die Importeure beziehen neben Garnen und Textilzubehör elektronische Bauteile, Halbleiter, Kunststoffgranulat und Maschinenkomponenten wie Kugellager und Wellen.

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