20 Jahre NABU-Naturwaldgemeinde

Pfullingen feiert vorbildliche Waldwirtschaft

Naturnahe Bewirtschaftung auf 1.200 Hektar für gesundes Waldklima und Artenreichtum.

Biosphärenreservat Schwäbische Alb

Pfullingen im UNESCO Biosphärenreservat Schwäbische Alb

Seit mehr als zwanzig Jahren entwickelt sich der Pfullinger Wald vom reinen Wirtschaftswald zum abwechslungsreichen Mischwald, der für eine Vielzahl an Tieren, Pflanzen und auch Menschen attraktiv ist. Der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle überreichte heute die Urkunde zum 20. Jubiläum der NABU-Naturwaldgemeinde an Pfullingens Bürgermeister Michael Schrenk und Forstbetriebsleiter Bernd Mair. Er gratulierte zur erfolgreichen Arbeit und bedankte sich für das jahrzehntelange Engagement:

Fast zehn Prozent des Stadtwalds werden nicht bewirtschaftet, hier darf sich die Natur völlig frei entwickeln – das freut mich ganz besonders, denn hier entstehen die Urwälder von morgen. Bedrohte Arten finden so einen Rückzugsort, der in vielen anderen Wäldern und in Siedlungsgebieten leider oft verloren gegangen ist.

Pfullingen trägt das erneut verliehene Prädikat als NABU-Naturwaldgemeinde für weitere zehn Jahre.

Auf einem Waldbegang mit Revierförster Bernd Mair und Bürgermeister Michael Schrenk machte sich Enssle ein Bild, wie sich die Ertragslage, der Naturschutz und das Jagdkonzept seit 1998 entwickelt haben. „Wir fällen nur einzelne Bäume und lassen besonders schützenswerte stehen, statt alle älteren Bäume auf einen Ruck abzuholzen und anschließend Jungbäume anzupflanzen. So verjüngt sich der Wald auf natürliche Weise und es entsteht ein naturnaher Mischwald. Gefährdete Arten wie der Alpenbock oder die Bechsteinfledermaus fühlen sich in unserem Wald wohl. Viele Tiere finden hier Unterschlupf in zahlreichen alten knorrigen Bäumen und Totholz“, erläuterte der Forstbetriebsleiter. Wie alle NABU-Naturwaldgemeinden verzichtet auch Pfullingen auf Pestizide, Insekten- oder Mäusegifte und auf Düngemittel.

Die Jagd im Wald der Gemeinde trägt ebenfalls dazu bei, dass seltenere Baumarten wie Elsbeere, Kirsche oder Ahorn ungestört wachsen können. Dafür muss der Wildbestand in einem verträglichen Rahmen gehalten werden, sagte Mair und stellte das moderne Jagdkonzept vor, das in Zusammenarbeit mit der Forstlichen Hochschule Rottenburg entwickelt wurde. „Naturnahe Wälder sind auch für die Bürger ein Erlebnis: Prächtige alte Bäume, neues Leben in Feuchtbiotopen und seltene Vögel in naturbelassenen Wäldern – all das können Waldbesucher hier erleben“, freute sich Enssle.

Bürgermeister Schrenk betonte, dass sich der naturnahe Waldbetrieb auch finanziell lohnt: „Wir setzen auf die Kräfte der Natur und lassen sie für uns arbeiten, statt intensiv einzugreifen.“ Für Schrenk zeigt dies beispielhaft: Ökologie und Ökonomie lassen sich gerade im Wald optimal miteinander verbinden. „Als Gemeinde stehen wir voll hinter dem Konzept. Deshalb setzt Pfullingen auf schonende Betriebstechniken und hält dafür eigene Waldarbeiter und spezielle Forstmaschinen vor“, ergänzte der Bürgermeister. So können die Arbeitseinsätze optimal an die jahreszeitlichen Witterungsbedingungen angepasst werden. Das ist ein großer Vorteil gegenüber vielen anderen kommunalen Forstbetrieben. Forstbetriebsleiter Mair und seine Kollegen achten streng darauf, die von ihnen geschaffenen Lebensräume zu erhalten. Dazu erfassen sie Bäume mit Schwarzspechthöhlen per GPS. „Der Schwarzspecht ist der Zimmermann des Waldes, seine Höhlen werden von zahlreichen andere Tierarten als Nachmieter genutzt“, erläuterte Mair.

Pfullingen ist seit 1998 eine der ersten NABU-Naturwaldgemeinden und bewirtschaftet den städtischen Wald bereits seit 1994 naturnah. Dieser besteht zu 92 Prozent aus Laubholz und zu acht Prozent aus Nadelholz. Der Wald ist nach den Regeln zweier Siegel zur nachhaltigen Forstwirtschaft zertifiziert, FSC und PEFC. In Baden-Württemberg gibt es insgesamt sieben Forstbetriebe, die das Prädikat „NABU-Naturwaldbetrieb“ oder „NABU-Naturwaldgemeinde“ erhalten haben.

 

Sphäre-Wissen:

Die NABU-Kriterien für naturnahe Waldbewirtschaftung:

  • Vollständiger Verzicht auf Kahlschlag
  • Naturverjüngung des standortangepassten Waldes hat absoluten Vorrang
  • Verzicht auf Chemieeinsatz (Pestizide, Insekten- oder Mäusegifte) und Düngemittel
  • Einsatz von bodenschonenden, wald- und menschenfreundlichen Betriebstechniken
  • Aktiver Waldnaturschutz durch naturnahe Waldwirtschaft und gezielte Maßnahmen des Biotop- und Artenschutzes
  • Die Jagd richtet sich am Ziel waldverträglicher Wildbestände aus

WEBcode #183473

Die Kommentare sind geschlossen.