120 Jahre NABU

NABU vor 120 Jahren in Stuttgart von mutiger Frau gegründet

„Vom Paradiesvogel bis zur Feldlerche“, unter diesem Motto blickt der NABU auf seinen 120. Geburtstag am 1. Februar 2019. Im Jahr 1899 gründete die schwäbische Visionärin und liebevoll „Vogelmutter“ genannte Lina Hähnle in der Stuttgarter Liederhalle den Deutschen Bund für Vogelschutz (BfV). Seit dem Zusammenschluss ost-und westdeutscher Naturschützer 1990 heißt dieser Naturschutzbund Deutschland (NABU).

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In diesen 120 Jahren hat sich der NABU im Land thematisch weiterentwickelt und ist gewachsen – auf mehr als 100.000 Mitglieder im Südwesten und über 700.000 Mitglieder deutschlandweit. Die Themen reichen heute vom Klimaschutz über den Schutz bedrohter Arten bis hin zur Reform der Agrarpolitik oder der Begleitung von Kommunen bei der ökologischen Entwicklung von Grünflächen. „Der Naturschutz hat sich seit Lina Hähnles Zeiten natürlich verändert, aber der Vogelschutz ist und bleibt ein zentrales Anliegen unseres Verbandes“, sagt der seit November 2016 amtierende Landesvorsitzende Johannes Enssle. Und ergänzt: „Mit der Feldlerche als Jahresvogel 2019 haben wir den dringend nötigen Wandel in der europäischen Agrarpolitik in den Mittelpunkt unserer aktuellen Arbeit gerückt. Wenn wir Arten wie das Rebhuhn, die Feldlerche oder auch den Kiebitz in unserer Kulturlandschaft erhalten wollen, muss sich dringend etwas ändern.“

Lina Hähnles Bund für Vogelschutz – ein Verband mit langer Tradition

Naturschutz-Visionärin gegen „Schmuckvogelausrottung“
Lina Hähnle wusste schon früh, Politik und Gesellschaft für den Naturschutz zu begeistern. Wichtig war ihr dabei, den Verein auf eine breite gesellschaftliche Basis zu stellen. Der Mitgliedsbeitrag wurde auf 50 Pfennig im Jahr festgelegt, um jeder und jedem den Beitritt zu ermöglichen. Als wohlhabende Ehefrau des Reichstagsabgeordneten und Fabrikanten Hans Hähnle fuhr sie in der Eisenbahn oft in der sogenannten „Holzklasse“ (3. Klasse) mit, um mit den Menschen in Kontakt zu kommen. Bis heute ist es das Leitbild des NABU geblieben, Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen für die Anliegen des Naturschutzes zu gewinnen. Unter Lina Hähnles Vorsitz – den sie 38 Jahre lang behielt – erzielte der Verband 1908 den ersten großen Erfolg mit einem Verbot der Jagd auf Wacholderdrosseln im damaligen Reichsnaturschutzgesetz. Die erste internationale und damals schon bildstarke Kampagne protestierte 1910 gegen die „Schmuckvogelausrottung“. Die Motive zeigten Damen mit opulentem Kopfputz – geschmückt mit prachtvollen Federn von Paradiesvögeln und Reihern.

So gelang es ihr auch den damaligen US-Präsidenten Woodrow Wilson als Mitglied und Verfechter für einen besseren Schutz von Wildvögeln zu gewinnen. Der Einsatz für die Vogelwelt ist bis heute ein zentraler Bestandteil der NABU-Arbeit und reicht mit der „Stunde der Gartenvögel“ über die „Stunde der Wintervögel“ bis hin zu Forschungs- und Schutzprojekten für bedrohte Vogelarten.

Im Jahr 1911 kaufte Lina Hähnle am Federsee Flächen und gründete damit eines der ersten Naturschutzgebiete in privater Hand. Später entstand am Federsee das NABU-Naturschutzzentrum. Heute gehört das Federseemoor mit seinem 140 Hektar großen Federsee zu den größten und bedeutendsten Naturschutzgebieten in Baden-Württemberg und beherbergt viele seltene und bedrohte Arten.

Lina Hähnles Weitblick zeigte sich auch darin, dass sie – gemeinsam mit dem örtlichen Oberförster Walter Staudacher – ihre Forderungen nach einem Naturschutzgebiet am Federsee auf eine wissenschaftliche Basis stellte. Sie lud namhafte Forscher ein, die die Entwicklung des Gebietes wissenschaftlich dokumentierten und ihre Untersuchungen veröffentlichten – damals war das etwas völlig Neues. Der Kauf von aus Naturschutzsicht wertvollen Flächen, um Ökosysteme dauerhaft zu schützen, ist bis heute aktuell. Aus 16 Hektar im Federseemoor wurden mehr als 1.100 Hektar in NABU-Besitz in ganz Baden-Württemberg.

 

Meilensteine des Naturschutzes am Federsee

  • 1911 NABU-Gründerin Lina Hähnle kauft 16 Hektar Riedflächen im heutigen Banngebiet
    Staudacher. Bau des Federseestegs.
  • 1939 Ausweisung von 1.410 Hektar als „Naturschutzgebiet Federsee“
  • 1954 Das NSG Federsee wird Jagdbanngebiet
  • 1968 Prädikat „Europareservat“
  • 1981 Bau von Ringleitung und Kläranlage zur Verbesserung der Wasserqualität des Federsees
  • 1997 EU-LIFE-Projekt „Sicherung und Entwicklung der Natur in der Federseeland-
    schaft“
  • 2009 EU-LIFE+-Projekt „Restauration von Habitaten im Federseemoor“

Das Federseemoor ist Teil des europäischen Schutzgebietsnetzes NATURA 2000 und umfasst auf fast 3.000 Hektar rund um den Federsee eng verzahnt große Schilfröhrichte, kalkreiche Sümpfe, Hochmoorreste, Übergangsmoore und Moorwälder. Es beherbergt bedeutsame Populationen europaweit geschützter Tier- und Pflanzenarten. Vom Aussterben bedrohte Fischarten wie Schlammpeitzger und Steinbeißer gehören dazu, daneben der Goldene Scheckenfalter oder die Orchidee Torfglanzkraut. Eine Käferart hat sogar ihr einziges deutsches Vorkommen am Federsee. Die Artenliste des Federseemoors belegt mehr als 270 Vogelarten, über 700 Pflanzenarten – darunter zehn Orchideen – und etwa 600 verschiedene Schmetterlinge.

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