Apfel als Artenschützer

Streuobst soll UNESCO-Status erhalten

Der bundesweite Antrag zur Aufnahme der Streuobstkultur auf die Liste „Immaterielles Kulturerbe“ bei der UNESCO läuft bereits.

Naturschutzverbände im Land unterstützen Anerkennung von Streuobst als immaterielles Kulturerbe der UNESCO.

Die drei Umwelt- und Naturschutzverbände LNV, NABU und BUND in Baden-Württemberg unterstützen den vom Verein Hochstamm Deutschland eingereichten Antrag auf Anerkennung des Streuobstanbaus als Immaterielles Kulturerbe durch die UNESCO. Die drei Verbände sind Mitglieder bei Hochstamm Deutschland. Das Land Baden-Württemberg hat den Antrag auf Anerkennung im April 2020 bereits befürwortet. Als nächster Schritt steht nun auf Bundesebene die Entscheidung der Kultusministerkonferenz im März an (ENTSCHEIDUNG SEIT 25. MÄRZ BEKANNT, SIEHE GANZ UNTEN). Gleichzeitig sehen die Verbände die Streuobstbestände im Land aufgrund sinkender Preise für Bio-Mostobst weiter gefährdet.

„Nachdem die Preise für Bio-Mostobst aus Streuobst in Deutschland dramatisch sinken, wird es immer wichtiger, den Mehrwert von Obst aus Streuobstwiesen herauszustellen. Ein Baustein dafür ist die Anerkennung des Streuobstanbaus als immaterielles Kulturerbe durch die UNESCO“, betont Martin Engelhardt, Streuobstexperte beim Landesnaturschutzverband (LNV). Derzeit kündigen Keltereien reihenweise ihre Verträge mit Bio-Streuobsterzeugern. Die Abnehmerpreise haben sich fast halbiert. Hintergrund ist der seit 2014 ausgeweitete Anbau von Bio-Obst in Plantagen im europäischen Ausland und am Bodensee. Die Plantagen kommen jetzt in die Ertragsphase und liefern billiges Plantagen-Bioobst.

Bio-Obstplantagen weiterer Sargnagel fürs Streuobst
Der LNV sieht darin einen weiteren Sargnagel für die ohnehin hoch gefährdeten Streuobstbestände im Land. Die Streuobstbestände gehen landesweit weiterhin dramatisch zurück. Wenn sich der Trend fortsetzt, ist Baden-Württemberg in etwa 30 Jahren ohne nennenswerte Streuobstbestände und hat seine europaweit bedeutsamen Hotspots der Artenvielfalt für immer verloren, fürchtet der LNV.

Zukunft von Streuobst sichern
Der NABU sieht auch die Landesregierung in der Pflicht, um den Streuobstanbau in eine gesicherte Zukunft zu führen: „Baden-Württemberg ist Streuobstland Nummer eins – nicht nur bundesweit, sondern in ganz Europa. Doch vor allem Hochstämme sind von Überalterung und mangelnder Pflege bedroht. Gerade die Hochstamm-Obstbaumwiesen sind aufgrund ihres Artenreichtums für den Erhalt der biologischen Vielfalt von immenser Bedeutung. Damit Streuobstwiesen weiter blühen können und als artenreiche Kulturlandschaft erhalten und gepflegt werden, brauchen ihre Besitzerinnen und Besitzer mehr Unterstützung von der Landesregierung“, sagt Ingrid Eberhardt-Schad, Streuobstexpertin beim NABU Baden-Württemberg. „Die Baumschnittprämie ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Dennoch braucht es weitere Anstrengungen, um diesen einzigartigen Lebensraum zu erhalten.“


Update: Kulturministerkonferenz beschließt die Aufnahme des „Streuobstanbaus“ ins nationale Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes.

NABU, BUND und LNV in Baden-Württemberg werten dies als Startsignal für stärkeres Engagement im Land.

Die Umwelt- und Naturschutzverbände NABU, BUND und LNV in Baden-Württemberg freuen sich mit dem Verein Hochstamm Deutschland über die Anerkennung des Streuobstanbaus als Immaterielles Kulturerbe. „Die Würdigung kommt zur richtigen Zeit. Sie ist ein toller Erfolg für alle 1,3 Millionen Unterstützerinnen und Unterstützer des Antrags und eine Steilvorlage für die künftige Landesregierung, dem Streuobstanbau noch deutlich mehr Engagement zu widmen“, sind sich die drei Verbände einig.

Mit dem Gesetz zur Stärkung der Biodiversität hat sich Baden-Württemberg verpflichtet, die Streuobstbestände zu erhalten, ihre wirtschaftliche Nutzung finanziell zu fördern und die Pflege der artenreichen Flächen besser zu unterstützen. Zahlreiche örtliche Gruppen und Aktive von BUND, NABU und LNV engagieren sich seit vielen Jahren ehrenamtlich für die Streuobstwiesen im Land. Sie schneiden Obstbäume und Hecken, leiten pädagogische Projekte, pflanzen junge Bäume nach, hängen Nistkästen auf und fördern die Insektenvielfalt durch eine naturschutzfachliche Mahd oder Beweidung.

„Der Mehrwert von Obst aus Streuobstwiesen liegt nicht nur im vielfältigen Geschmack. Der Lebensraum Streuobstwiese ist ein typisches Beispiel dafür, wie erfolgreich das gute Zusammenspiel von Menschen und Natur sein kann. Die Streuobstwiesen im Land sind ein Tausendsassa, weil sie einer der artenreichsten Lebensräume sind, die Bindung der Menschen an ihre Heimat stärken und für den naturnahen Tourismus einen wichtigen Beitrag leisten. Das Land muss sich aber noch stärker engagieren, mit Förderanreizen für alle Besitzerinnen und Besitzern von Streuobstwiesen, damit das immaterielle Kulturerbe eine gute Zukunft hat“, fordert NABU-Naturschutzexpertin Ingrid Eberhardt-Schad.

„Landwirtinnen und Landwirte stehen uns beim Streuobstschutz häufig als kompetente Partner zur Seite. Doch Streuobstwiesen haben nur eine Zukunft, wenn sich ihre Pflege wieder lohnt. Dafür braucht es deutlich mehr Einsatz der neuen Landesregierung für Streuobstprodukte und ihre Vermarktung“, erklärt Martin Engelhardt, Streuobstexperte beim Landesnaturschutzverband (LNV). Die Anerkennung als immaterielles Kulturerbe sei dafür ein wichtiger Baustein.

„Die Auszeichnung als Immaterielles Kulturerbe ist eine wichtige Anerkennung für alle Menschen, die sich im Streuobstbau engagieren. Doch auch die Wiesen unter den Bäumen sollten so bewirtschaftet werden, dass sich artenreiches Grünland als Lebensraum für viele Insektenarten, wie Wildbienen und Schmetterlinge, entwickelt. Dazu muss die Mahd von Streuobstwiesen sowohl für Landwirtinnen und Landwirte, als auch für Stücklesbesitzende besser gefördert werden“, ergänzt Almut Sattelberger, Streuobstexpertin des BUND Baden-Württemberg.


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