Neuer 200 Mio Jahre alter Alb-Dino

Bislang unbekannte Dinosaurier-Art von der Schwäbischen Alb identifiziert
 
Paläontologen klassifizieren einen seit 100 Jahren bekannten Saurier-Fund von der Schwäbischen Alb neu. Die Versteinerungen aus der Sammlung der Universität Tübingen waren bislang als Plateosaurier interpretiert worden. Bei der erneuten Analyse eines 1922 in Trossingen gefundenen Skeletts entdeckten die Wissenschaftler, dass es sich um eine unbekannte Art handelt: nun „Tuebingosaurus maierfritzorum“ benannt zu Ehren zweier deutschen Zoologen und der Universitätsstadt.

Abbildung: Rekonstruktion des Tuebingosaurus maierfritzorum in sumpfigem Gebiet – so könnte sich die Todessituation abgespielt haben. Knochen des hier angreifenden Raubsauriers Teratosaurus wurde ebenfalls in Trossingen gefunden. Belegt ist jedoch nur, dass Tuebingosaurus auf die rechte Seite fiel. Witterungsspuren zeigen, dass die Knochen der linken Körperseite vermutlich mehrere Jahre an der Oberfläche lagen. Zeichnung: Marcus Burkhardt.


 

Paläontologen des Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment an der Universität Tübingen haben eine bislang unbekannte Dinosaurier-Gattung und -Art entdeckt. Tuebingosaurus maierfritzorum lebte vor etwa 203 bis 211 Millionen Jahren im Bereich der heutigen Schwäbischen Alb und war ein Pflanzenfresser. Die neue Art zeigt Ähnlichkeit mit den großen Langhalssauriern (Sauropoden) und wurde bei der erneuten Untersuchung von bereits bekannten Dinosaurierknochen identifiziert. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Vertebrate Zoology veröffentlicht.

Die Versteinerungen, die Teil der Tübinger Paläontologischen Sammlung sind, waren in der Vergangenheit als Überreste von Plateosauriern interpretiert worden. In einem groß angelegten Projekt hatten die Wissenschaftler Dr. Omar Rafael Regalado Fernandez und PD Dr. Ingmar Werneburg sämtliche in Tübingen gelagerte Dinosaurierknochen neu untersucht. Sie stammen zu einem Großteil aus einem Steinbruch bei Trossingen am Rande der Schwäbischen Alb, wo seit dem 19. Jahrhundert zahlreiche Knochen von Dinosauriern gefunden und oft als Plateosaurier klassifiziert wurden.

Nach wie vor unstrittig ist, dass diese Dinosauriergruppe vor etwa 200 Millionen Jahren in Teilen Europas sehr häufig vorkam. Heutigen Paläontologen ist allerdings auch bewusst, dass es bei der taxonomischen Einordnung in der Vergangenheit oft zu Ungenauigkeiten kam, weshalb manche Funde vorschnell in die Gattung der Plateosaurier aufgenommen wurden.

Bei der erneuten Analyse eines 1922 in Trossingen gefundenen Skeletts, von dem vor allem der hintere Teil des Körpers erhalten ist, stellten Regalado Fernandez und Werneburg fest, dass viele Knochen nicht denen eines typischen Plateosauriers entsprachen. So wies das Teilskelett unter anderem eine breitere und kräftiger gebaute Hüfte mit verschmolzenen Kreuzbeinwirbeln sowie ungewöhnlich große und robuste Langknochen auf – beides spricht für eine Fortbewegung auf vier Beinen. Dies steht im Gegensatz zu den Plateosauriern, die den langhalsigen Sauropoden aus dem Jura zwar auch ähnelten, sich aber vermutlich noch auf zwei Beinen fortbewegten.

Nach einem eingehenden Vergleich aller anatomischen Merkmale ordneten die Wissenschaftler das aus Trossingen stammende Teilskelett neu im Dinosaurier-Stammbaum ein und stellten fest, dass sie eine bislang unbekannte Art und Gattung entdeckt hatten. Tuebingosaurus maierfritzorum war mit großer Wahrscheinlichkeit schon ein Vierbeiner und demnach viel enger mit den später erscheinenden, großen Sauropoden wie beispielsweise Brachiosaurus oder Diplodocus verwandt als mit den Plateosauriern. Das umgebende Sedimentgestein und die Erhaltung der Knochen sprechen dafür, dass der gefundene Tuebingosaurus in einem sumpfigen Gebiet versank und zu Tode kam. Die Knochen der linken Körperseite waren vermutlich einige Jahre lang an der Oberfläche der Witterung ausgesetzt.

„Sein Gattungsname, Tuebingosaurus, ist eine Hommage an unsere schöne Universitätsstadt und ihre Bewohner“, sagt Werneburg. Mit dem dazugehörigen Artnamen maierfritzorum ehre man wiederum die beiden deutschen Zoologen Professor Wolfgang Maier aus Tübingen sowie Professor Uwe Fritz von den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden. Die neue Art wurde nun in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Vertebrate Zoology der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung beschrieben, die gleichzeitig als Festschrift Wolfgang Maier zum 80. Geburtstag gewidmet ist.

Insgesamt konnten die Wissenschaftler in ihrem Projekt zeigen, dass die frühen europäischen Dinosaurier sehr viel diverser waren als bisher angenommen. Die Einzelteile des Skeletts von Tuebingosaurus maierfritzorum, die bislang getrennt gelagert wurden, sind nun wieder zusammengeführt und können derzeit in zwei großen Vitrinen besichtigt werden. In der Paläontologischen Sammlung in Tübingen sind, neben Tausenden anderer Schätze, auch zwei vollständige Plateosaurier aus Trossingen, Teilskelette von zwei Sauropoden und ein Stegosaurier aus Tansania zu bestaunen.


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