Aus für Laible & Frisch?

Der SWR will schwäbische Mundartserie nicht mehr fortführen.

Landrat, Bürgermeister, Tourismus-Verband Baden-Württemberg, Schauspielern und Produzent stehen hinter dem Filmprojekt. Für den Reutlinger Landrat Reumann und Vorsitzenden des TVSA geht es um mehr als nur um eine TV-Serie. „Es geht um ein Kulturgut, um den schwäbischen Dialekt, die Schwäbische Alb, um eine einzigartige Kulturlandschaft.“ Und dieses Kulturgut, so betonte er in Stuttgart bei einer Pressekonferenz, möchte er gerne im SWR Fernsehen wiederfinden, und zwar in einem zeitgemäßen, unterhaltsamen, humorvollen und attraktiven Serien-Format wie „Laible und Frisch“. Andere Sendeanstalten könnten’s doch auch. Es gebe Serien im bayerischen oder norddeutschen Dialekt – „und bei uns spricht nicht einmal mehr der schwäbische Tatort-Kommissar schwäbisch“. Unverständlich für den Vorsitzenden des Tourismusverbands Schwäbische Alb, dass nun mit „Laible und Frisch“ die einzige schwäbische Mundartserie vor dem Aus stehen soll.

Ein Bild mit Symbolcharakter: Zum Abschluss der Pressekonferenz im Stuttgarter Hotel am Schlossgarten ließen sie sich gemeinsam fotografieren - Produzent und Schauspieler der Fernsehserie "Laible und Frisch" in Sesseln sitzend, hinter ihnen stehend nicht weniger als zwei Bürgermeister aus dem Ermstal, der Reutlinger Landrat und Vorsitzende des Tourismusverbands Schwäbische Alb Thomas Reumann sowie der Geschäftsführer der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg, Andreas Braun. Die ganze Region steht hinter "Laible und Frisch" - ein Mundart-Stück, das in dem schwäbischen Dorf Schafferdingen alias Bad Urach im Landkreis Reutlingen spielt und nun eingestellt werden soll. So jedenfalls hat es der Südwestrundfunk mitgeteilt.

Am Zuschauerinteresse kann es nicht liegen. Denn mit einem durchschnittlichen Marktanteil von 12,5 und 12,8 Prozent lagen beide bisher ausgestrahlten Staffeln mehr als das Doppelte über dem Jahresdurchschnittsmarktanteil des SWR Fernsehens. Anders ausgedrückt: Laut „media control“ schauten sich im Schnitt rund 650 000 Zuschauer in der ersten Staffel 2009 die Dauerfehde zwischen zwei Bäckersfamilien an, rund 680 000 Zuschauer und Gebührenzahler verfolgten im Schnitt die zweite Staffel 2010. Von Folge zu Folge stieg das Zuschauerinteresse – bei der letzten Doppelfolge an Silvester lagen die Zuschauerzahlen bei 840 000.

„Laible und Frisch“ künftig als richtige Serie, und nicht nur als Mehrteiler? „Ich bin überzeugt, dass dies erfolgreich wäre“, erklärte Landrat Thomas Reumann. Und er zitierte den SWR-Fernsehdirektor Bernhard Nellessen, der zum Start der zweiten Staffel noch erklärt hatte, dass die Mundart-Reihe alle Kriterien des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags erfülle, „indem sie gesellschaftsrelevante Fragen unterhaltsam aufarbeitet, diese in unserem Sendegebiet verortet und beliebten Schauspielern vor allem aus dem schwäbischen Mundart-Raum eine Plattform bietet.“

Doch jetzt, wenige Monate später, heißt es aus dem Hause SWR, eine weitere Fortsetzung sei aus redaktioneller und programmlicher Sicht nicht zielführend. Am Boden zerstört über diese Nachricht der Produzent und Geschäftsführer der Schwabenlandfilm GmbH, Frieder Scheiffele. Als Absolvent der Filmakademie Baden-Württemberg hatte der Dettinger „Laible und Frisch“ zusammen mit dem Stuttgarter Autor Sebastian Feld und Schauspieler Bastian Braig realisiert und Schwabenlandfilm gegründet.

Scheiffele bezeichnete den Mehrteiler als „Bürgerprojekt“. Denn: Viele Mitstudenten hätten ihn unterstützt, finanzielle Hilfe gab es von Kommunen im Landkreis Reutlingen sowie der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg. Die Schauspieler hielten sich mit Gagen-Forderungen zurück. Dabei ist die Reihe prominent besetzt, unter anderem mit Dietz-Werner Steck, Simon Licht, Trudel Wulle und Walter Schultheiß.

15 Prozent aller Serien-Mitarbeiter seien Absolventen der Filmakademie, erklärte Scheiffele, 80 Prozent aller mitwirkenden Medienschaffenden kämen aus der Region. Seine Serie versammle jung und alt vor dem Bildschirm, „Qualität und Quote – wir haben beides erreicht“. Sechs Jahre Aufbauarbeit stecken laut Scheiffele hinter dem Projekt, das für alle Beteiligten eine Herzensangelegenheit sei.

Bester Beweis: Mit Simon Licht, Ulrike Barthruff und Bastian Braig saßen drei Schauspieler der Serie in der Pressekonferenz mit am Tisch, außerdem Drehbuchautor Sebastian Feld. Licht, der den zugezogenen Großbäcker, Karrieristen und Laible-Widersacher Frisch spielt, war sogar extra aus Berlin angereist. „Wir haben mit dieser Serie ganz vielen Menschen eine Freude gemacht“, betonte Ulrike Barthruff alias Marga Laible vor den Medienvertretern. „Es war eine außergewöhnliche Arbeit mit vielen hoch motivierten Leuten.“

Verrat, Intrigen, Streit und die ganz große Liebe: Mitten in der Kurstadt Bad Urach wurden die meisten Szenen gedreht, aber auch andernorts, etwa in Dettingen, Münsingen, Hohenstein, Reutlingen oder Pfullingen. Bad Urachs Bürgermeister Elmar Rebmann und Dettingens Schultes Michael Hillert wünschen sich viele weitere spannende, dramatische und heitere Folgen: „Frieder Scheiffele und seine Mannschaft haben es verstanden, eine ganze Region zu begeistern“, sagte Rebmann. „Die Leute würden nicht verstehen, wenn die Serie aufhört“, erklärte Hillert.

Auch für Andreas Braun, Geschäftsführer der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg (TMBW), ist die Entscheidung des SWR Fernsehen „ein Rätsel“. In Österreich und Bayern werde „mit breiter Brust“ in TV-Serien die Mundart gepflegt, diesen „leichten Umgang mit Heimat“ empfiehlt er dem SWR. Auch deshalb, weil Formate wie „Laible und Frisch“ über die Region hinaus strahlten: „Das ist eine Visitenkarte unserer Landschaft, das ist Werbung für unser Land.“ Wie es nun weitergeht? Landrat Thomas Reumann: „Wir wünschen uns ein offenes Gespräch mit den Verantwortlichen.“ Zumal es kein regionales Nachfolgeprojekt als schwäbische Mundartserie gebe und „Laible und Frisch“ damit eine Lücke hinterlasse, „die nicht geschlossen werden kann“.

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