Münsinger Hardt bleibt Naturschatz

Der ehemalige Truppenübungsplatz wird NABU-Naturwald-Betrieb

Gute Nachrichten für Schwarzspecht, Rotmilan und Raufußkauz: Der Bundesforst wird die Wälder des ehemaligen Truppenübungsplatzes Münsingen nach den Kriterien einer NABU-Naturwald-Gemeinde bewirtschaften. Somit wird die Keimzelle des Biosphärengebietes als besonders wertvolle Naturoase bewahrt. Daher verleiht der NABU dem zuständigen Forstbetrieb „Münsinger Hardt“ die Auszeichnung „NABU-Naturwald-Betrieb“.

Diese Auszeichnung übergab NABU-Landesvorsitzender Dr. Andre Baumann dem Vorstand der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA),  Axel Kunze, und Dr. Dietmar Götze, Leiter des Bundesforstbetriebs Heuberg.

Die Förster des ehemaligen Truppenübungsplatzes werden den Wald nach den Kriterien des NABU bewirtschaften. „Ich freue mich sehr, dass die Wälder in der Keimzelle des Biosphärengebietes besonders naturnah bewirtschaftet werden. Der NABU bedankt sich dafür im Namen aller Tiere und Pflanzen herzlich bei Bundesforst“, sagte der NABU-Landesvorsitzende Dr. Andre Baumann bei der Verleihung der Urkunde. „Ich werbe sehr dafür, dieses vorbildliche Konzept auf das gesamte Biosphärengebiet auszuweiten und im Rahmenkonzept festzuschreiben.“ Besonders vorbildlich sei neben der Waldbewirtschaftung auch die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen NABU und Bundesforst.

Auch Axel Kunze, Vorstand der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, zu der der Bundesforst gehört, stellte den Wert der Kooperation zwischen NABU und Bundesforst – sowie dem Land – als Erfolgsfaktor heraus. „Gemeinsam wollen wir mit dem NABU-Naturwald-Betrieb Münsinger Hardt einen Beitrag zum Erfolg des Biosphärengebietes leisten und einmal mehr zeigen, dass ein Naturwald sowohl ökologisch als auch ökonomisch zukunftsfähig ist“, sagte Kunze. „Dabei ist uns besonders wichtig, dass auch die Menschen der Region weiterhin von ‚ihrem Wald’ profitieren, etwa indem er nach wie vor den großen Brennholzbedarf deckt.“

Der Wald auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz umfasst knapp 2.500 Hektar. Ein Fünftel der Fläche werde vollständig aus der Nutzung fallen und sich selbst überlassen bleiben – zum größten Teil als Kernzone des Biosphärengebietes, erklärte der für das Gebiet zuständige Leiter des Bundesforstbetriebs Heuberg, Dr. Dietmar Götze. Er und sein Team haben in den vergangenen Monaten gemeinsam mit weiteren Experten eine neue „Forsteinrichtung“ erarbeitet. So nennen Förster ihre ausführliche Planung für die Bewirtschaftung der Wälder der nächsten zehn Jahre. „Ich glaube, dass es uns bei der Forsteinrichtung gelungen ist, sowohl eine finanziell tragfähige Bewirtschaftung sicherzustellen, als auch in besonders hohem Maße den Naturschutz im Wald voranzubringen“, sagte Götze. „So setzen wir auf dem Truppenübungsplatz die europäische Naturschutzrichtlinie FFH (Flora-Fauna-Habitat) engagiert um. Zudem nehmen wir besonders viel Rücksicht auf Vögel, die in oder auf den Bäumen nisten. Wir haben beispielsweise jeden einzelnen Horstbaum kartiert, auf die wir besonders achten werden.“

Auch der NABU beurteilt die Forsteinrichtung als besonders gelungen – und zwar sowohl das Ergebnis als auch den gesamten Prozess. So seien NABU-Vertreter von Anfang an in das transparente Verfahren eingebunden worden. „Ich bedanke mich für die gute Zusammenarbeit und freue mich, dass wir mit dem Forstbetrieb Münsinger Hardt nun den zweiten NABU-Naturwald im Biosphärengebiet nach Pfullingen auszeichnen konnten“, sagte NABU-Landeschef Baumann.

Info: NABU-Naturwälder

Als NABU-Naturwaldgemeinde zeichnet der NABU Kommunen aus, die ihre Wälder besonders naturverträglich bewirtschaften. So verzichten NABU-Naturwaldgemeinden auf Kahlschläge und Chemie im Wald. Anstatt Bäume zu pflanzen, lassen sie der Naturverjüngung den Vortritt. Außerdem verpflichten sie sich zu sanften Betriebstechniken, aktivem Waldnaturschutz sowie zur Sicherung einer waldökologisch tragbaren Wilddichte. Die Verpflichtung, den Einsatz regionaler Unternehmen ganz besonders zu fördern, setzt zugleich eine wichtige Forderung des Biosphärengebiets um. Bislang gibt es fünf NABU-Naturwaldgemeinden: Pfullingen, Bad Dürrheim, Hirschberg, Königsfeld und Mönchweiler. Mit dem „Münsinger Hardt“ wurde nun zum ersten Mal ein Forstbetrieb anstelle einer Gemeinde ausgezeichnet.

Sphäre Wissen

Ökonomie und Ökologie können sich vor allem in der Waldbewirtschaftung in idealer Weise ergänzen. Voraussetzung: Der Wald wird naturnah bewirtschaftet. Mit der Aktion „Naturwaldgemeinde“ zeichnet der NABU kommunale Waldbesitzer aus, die sich in besonderer Weise um die flächendeckende naturnahe Bewirtschaftung Ihres Waldes bemühen. Unter der Voraussetzung, dass sich der Gemeinde- bzw. Stadtrat auf die „Naturwald-Kriterien“ per Beschluss für mindestens 10 Jahre verpflichtet, erhalten die Gemeinden vom NABU eine Urkunde. Mit der Auszeichnung „Naturwaldgemeinde“ und dem Logo „Lebendiger Wald“ kann die Gemeinde gegenüber Ihren Bürgern und Gästen die besonderen Bemühungen zur Erhaltung und Förderung der Lebensqualität und der natürlichen Lebensgrundlagen dokumentieren.

Mit Mönchweiler hat 2003 die fünfte Naturwaldgemeinde in Baden-Württemberg die Auszeichnung des NABU erhalten. Naturwaldgemeinden verpflichten sich, für die Dauer von zehn Jahren bestimmte Bewirtschaftungskriterien einzuhalten. Sie setzen auf eine natürliche Verjüngung anstelle von Pflanzungen und ziehen sanfte Betriebstechniken dem Einsatz schwergewichtiger Vollernter vor. Weitere Naturwaldgemeinden im Land sind Königsfeld, Bad Dürrheim, Pfullingen und Hirschberg an der Bergstraße. Bundesweit hat der NABU 15 Gemeinden mit dem NABU-Zertifikat gekürt.

NABU-Kriterien zur Waldbewirtschaftung in Naturwaldgemeinden

  1. Vollständiger Verzicht auf kahlschlagsweise Nutzung der Wälder
    Die Naturwaldgemeinde verpflichtet sich, ihren Wald auf der gesamten Betriebsfläche kahlschlagsfrei zu bewirtschaften. Durch Kahlschläge wird das zuvor vorhandene, für die Wälder typische, schützende Bestandsinnenklima durch ein Freilandklima mit extremen Witterungsbedingungen ersetzt. Die Nährstoffsituation der Waldböden wird durch Kahlschläge nachhaltig verschlechtert.
  2. Verzichtung auf Pflanzung – Vorrang der Naturverjüngung
    Die Naturwaldgemeinde nutzt kostenlose Absaat der Bäume und trägt dadurch zur generativen Bewahrung des standörtlich angepassten Erbmaterials der Baumpopulation bei. Die natürliche Verjüngung der Baumarten hat daher Vorrang vor künstlichen Bestandsbegründungen.
  3. Verzicht auf Chemieeinsatz
    Die Naturwaldgemeinde unterlässt jeden Chemieeinsatz im Stadtwald, auch den Einsatz nicht spezifischer, biologischer Forstschutzmittel und die künstliche Mineraldüngung. Kalkungen erfolgen nur zur Kompensation von schadstoffbedingten Versauerungen im Oberboden nach Nachweis der Notwendigkeit durch vorhergehende Bodenuntersuchungen.
  4. Sanfte Betriebstechnik
    Eine am Einzelbaum orientierte Wertholzerzeugung in naturnahen Wirtschaftswäldern setzt selektive und waldpflegliche Arbeitstechniken voraus. Gegenüber Großmaschinen, deren Einsatz maschinengerechte, großflächig einheitliche Wälder voraussetzt, ist die Arbeitskraft von Mensch, angepasste Techniken und Pferdeeinsatz in strukturreichen Wäldern überlegen. Die Technik ist an die Grundsätze einer naturnahen Waldbewirtschaftung anzupassen und nicht die Art der Waldbewirtschaftung an die technischen Möglichkeiten.
  5. Aktiver Waldnaturschutz
    Die Naturwaldgemeinde bewirtschaftet ihren Wald „biologisch nachhaltig“. Durch eine naturnahe Waldbewirtschaftung und durch gezielte Maßnahmen des Biotop- und Artenschutzes bewahrt sie dessen biologische Eigenart und Vielfalt.
  6. Sicherung waldökologisch tragbarer Wilddichten
    Eine naturnahe Waldwirtschaft strebt den Aufbau sich selbst verjüngender, produktiver und vielfältiger Mischwälder an. Dieses Ziel ist nur erreichbar, wenn die Schalenwildbestände eine Naturverjüngung aller vorkommender Baumarten zulassen. Die Naturwaldgemeinde verpflichtet sich dazu, die Jagd im Kommunalwald an dem Ziel waldverträglicher Wildbestände auszurichten und die Jagdorganisation bzw. Jagdpachtverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt anzupassen.

(Quelle: NABU Baden-Württemberg)

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