Biosphärenhotels

Genuss & Lebensstil: Qualitätsoffensive: 21 Betriebe sind „Biosphärengastgeber“

Essen wie Gott in Frankreich. Dazu müssen Sie nicht die Koffer packen. Edle regionale Küche gibt es auf der Schwäbischen Alb – jetzt sogar mit Brief und Siegel. Qualitätszertifizierte Biosphärenhotels bieten perfekten Service und setzen neue Standards.

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Das Biosphärengebiet Schwäbische Alb ist reich an wilden Hangschluchtwäldern, romantischen Tälern und markanten Felsen. Die Anerkennung durch das UNESCO-Label im Jahr 2009 verlieh der Szenerie einen gewaltigen Schub. Der Gedanke des nachhaltigen Wirtschaftens in grandioser Natur und die Chancen für den Tourismus hat seither viele Menschen mobilisiert. Wochenende für Wochenende pilgern naturverbundene Besucher aufs Dach der Alb. Trotzdem schrumpften die Übernachtungszahlen beispielsweise in der Kurstadt Bad Urach im vergangenen Jahr um 4,8 Prozent, die Zahl der Ankünfte um 9,6 Prozent. Landesweit gingen diese Zahlen um 2,6 und 2,8 Prozent zurück.

Klar Schiff: Fast wie an der Reling eines Luxusdampfers fühlt sich der Gast auf der Terrasse des Stausee Hotel Glems. Sein Blick schweift nicht über Oze­ane, sondern über das von Urmeeren gestaltete Albgestein.

Da kommen Eigeninitiativen aus der Privatwirtschaft gerade recht. Biosphärenhotels und Biosphärenwirte heißt das im November 2009 ins Leben gerufene Projekt von elf engagierten Hoteliers und zehn Gastronomen. Einer von ihnen heißt Gerhard Klose. Ganz nach der Devise „Nicht jammern, wenn´s nicht so läuft“, setzt der Chef des Stausee-Hotel Glems vor den Toren Metzingens (Bild links) auf die Gemeinschaft mit seinen Kollegen. Mit gezieltem und gemeinsamen Marketing soll das Projekt die Schwäbische Alb als attraktives Urlaubsziel herausheben. Dabei hat die Initiative der Stadt Münsingen, der Geschäftsstelle des Biosphärengebiets, der Kontaktstelle für Umwelt und Entwicklung aus Stuttgart sowie der Hoteliers und Gastronomen vor allem junge Familien im Auge. „Wir haben eine Botschaft“, konkretisiert Peter Schmid, ebenfalls Biosphärenhotelier aus Bad Urach. Er möchte die Menschen für guten Geschmack sensibilisieren. „Wir richten uns nach Qualitätskriterien, die kontrolliert werden. Wir sind umweltzertifiziert und haben Biosphärenküche“, zählt der Chef des Graf Eberhard Hotels auf. Die Kriterien fußen auf drei Säulen: Regionalität, Servicequalität und Umweltmanagement. Wer in der Liga der Biosphärenhotels mitspielen will, muss all diese Anforderungen erfüllen.

Die Koordination übernimmt eine am 7. Juli frisch gegründete GmbH. Diese Schaltzentrale aus neun Beiräten und einem Marke­tingausschuss leitet Birgit Rieber, Marketingfachfrau und Biersommelière der Speidel´s BrauManufaktur in Hohenstein. Hier plant das Team beispielsweise gemeinsame Messeauftritte oder entwickelt die neue Homepage.

Mit Volldampf: Freude an der Arbeit und engagierter Service eines jeden Mitarbeiters sind der Schlüssel zum Erfolg. Es genügt nicht, die Wünsche des Gastes zu ahnen, man muss sie kennen und selbst gelebt haben.

„So wie das gesamte Projekt erst wachsen muss, ist vor allem das Qualitätskriterium Umweltmanagement ein Entwicklungsprozess“, beschreibt Peter Schmid. Um für die Umwelt zu sensibilisieren, müsse das Thema Nachhaltigkeit in die Köpfe der Mitarbeiter und Chefs. Deshalb werden die Angestellten der Betriebe geschult, alle sechs bis acht Wochen, insgesamt 12-mal. Diese einjährige Fortbildung führt die Stuttgarter Projekt- und Beratungsorganisation „Kontaktstelle für Umwelt und Entwicklung“ (KATE) durch. Ebenso leistet KATE Hilfestellung bei der Umweltprüfung. Bei dieser Untersuchung ermitteln die Unternehmen zunächst den Ist-Zustand der Abläufe innerhalb ihres Hauses. Wie hoch ist der Energie- und Wasserverbrauch, wo bestehen Einsparmöglichkeiten? „Anschließend stecken wir uns Ziele für Verbesserungen, die dann nach drei Jahren Einspielzeit kontrolliert werden“, erklärt Klose den Umstellungsprozess in den Betrieben. Am Ende dieser Schulung steht die Zertifizierung durch EMAS (Eco management and Audit Scheme). Dieses Gemeinschaftssystem ist ein von der Europäischen Gemeinschaft entwickeltes Instrument für Unternehmen, die ihre Umweltleistungen verbessern wollen (siehe Kasten Seite 33). Alle drei Jahre überprüfen unabhängige Umweltgutachter, ob die erarbeiteten Programme eingehalten werden.

Leinen los: Die eingespielte Schiffsmannschaft der Biosphärenhoteliers und -wirte segelt in den Untiefen des Tourismus hart am Wind.

Gutes Teamwork sichert den Erfolg der Umweltschutzmaßnahmen. „Meine beiden Mitarbeiter aus Küche und Service bringen nach den Schulungsterminen ihr erworbenes Wissen in der Mitarbeiterbesprechung ein“, erklärt Klose. „Wir analysieren die Vorgaben: Welche Maßnahmen haben wir schon umgesetzt und machen wir das auch richtig?“ So wird auch der Kollege aus Bad Urach kritisch sämtliche Abläufe im Betrieb hinterfragen. Das fängt beim Einkauf von Spülmittel an – ist es biologisch abbaubar? Die Außenbeleuchtung – ist sie in diesem Umfang nötig? Und hört bei der Schulung der Zimmerfrauen in Bezug auf die Wärmeregulierung der Räume noch lange nicht auf. „Es ist wichtig, dass die Mitarbeiter wissen, warum sie sparen. Wo kommt Energie her, wie gehe ich damit um“, erläutert Schmid, wie sich das Thema Nachhaltigkeit im laufenden Geschäftsbetrieb festigen soll.

Nachhaltig ist schon alleine wegen der Transportwege das zweite Qualtitätskriterium, die Regionalität. Dieser Punkt legt nicht nur die Gebietsgrenze für die Teilnahme fest. Er garantiert den Gästen vielmehr Speisen, deren Zutaten allesamt aus dem Biosphärengebiet stammen. „Bei uns auf der Alb gibt es qualitativ hochwertige Produkte. Hier können die Besucher authentisch, regional und mit viel Genuss speisen“, betont die Geschäftsführerin der Biosphärenhotels und Biosphärenwirte GmbH. „Vor 30 Jahren noch fuhr man zum gut Essen ins Remstal und zum viel Essen auf die Alb“, schmunzelt Rieber. Den heutigen Qualitätsanspruch an den kulinarischen Part will sie im Großraum Stuttgart und weit darüber hinaus bekannt machen. „Wir werden jedoch nicht die gesamte Speisekarte auf den Kopf stellen“, erläutert Schmid die Umsetzung in seiner Küche. „Wir bieten zwei bis drei Gerichte mit Zutaten komplett aus dem Biosphärengebiet an. Die dann aber gut und ehrlich.” So kredenzt er seinen Gästen beispielsweise gefülltes Amaranth-Kräuterflädle mit feinem Pilzragout aus Ehestetten, überbacken mit Bio-Albkäse. Die regionale Küche, das Flair der Räume und der gehobene Service solle den Gästen ein Stück Heimat vermitteln, Ehrlichkeit und Geborgenheit, beweist der Hotelier Fürsorge um das Wohl seiner Gäste.

Qualität garantiert: Biosphären-Hotels werden, wie hier das Graf Eberhard in Bad Urach, gehobene Umweltnormen bieten.

Das dritte Qualitätskriterium für ein zertifiziertes Biosphärenhotel unterstreicht das Wohlfühl­ambiente: Es legt eine herausragende Service-Qualität fest. „Sollte mal kein Zimmer mehr frei sein, schicke ich den Urlauber nicht einfach weg“, gibt Klose ein Beispiel aus seinem Familienbetrieb. Er vermittelt die Besucher an das Hotel Schwan in Metzingen. „So halte ich die Touristen im Kreis. Wir müssen daran arbeiten, dass die Leute länger bleiben und ein Gefühl für die Schönheit der Alb entwickeln“, beschreibt der Unternehmer seine Intentionen und fügt hinzu: „Diese Zusammenarbeit war früher undenkbar. Jeder machte seins.“ Die Entwicklung innerhalb der 34 Jahre, in denen er sein Hotel mit seinen zwei Brüdern, 30 Mitarbeitern und 13 Auszubildenden betreibt, ist rasant, die Ansprüche der Besucher gestiegen. Deshalb zählt Klose zum Service auch, den Urlaubern bei der Planung von Unternehmungen behilflich zu sein und Tagungsgästen technische Ausstattung wie Konferenzschaltung, WLAN oder Beamer zu bieten.

Die Biosphärengastgeber sind auf dem besten Wege die Schwäbische Alb zu einem Qualitätsnamen zu machen. „Die Landschaft hat das Prädikat schon erhalten, wir wollen das in unsere Betriebe weitertragen“, bringt Rieber die Philosophie auf den Punkt. „Die Gäste werden spüren, dass die Biosphärenhotels der Natur verbunden sind“, bekräftigt Graf Eberhard-Chef die vielversprechende Partnerschaft mit dem Biosphärengebiet.

 

Biosphärenhotels: Betriebe werden EMAS-zertifiziert

Stauseehotel in Glems am Fuße der Schwäbischen Alb.

Wer sich als offizieller Partner des Biosphärengebietes positionieren will, braucht das Biosphären-Partnerlogo. Dieses Prädikat geht an jene Betriebe, die hohe Qualitätsstandards bieten. Neben Regionalität und Service gehört das Umweltmanagement dazu. EMAS, das europäische Umwelt-Audit-System dient den Unternehmen als Instrument, ihre Umweltleistung zu verbessern. Es wurde 1993 von den Europäischen Gemeinschaften entwickelt. Um das Umweltmanagementsystem einzuführen, werden zunächst bei der Bestandsaufnahme die Daten eines Unternehmens wie Ressourcen- und Energieverbräuche, Emission und Abfälle erfasst. Ein Projektteam erarbeitet anschließend Umweltziele und etabliert Maßnahmen zur Ressourceneinsparung. Ein externer Umweltgutachter kontrolliert dann, ob die Maßnahmen mit den Anforderungen der EMAS-Verordnung übereinstimmen. Nachdem der Betrieb das Siegel erhalten hat, wird er weiterhin durch regelmäßige Umweltbetriebsprüfungen bewertet und dazu angeregt, weitere Verbesserungen umzusetzen.

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Printausgabe: Sphäre 2/2010, Seite 32-34

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Vertrauen ist gut, Kontrolle besser

Biosphärengastwirte mit Herz für die Albbesucher und die eigene Heimat präsentierten am 15. Oktober 2010 die Idee des Zusammenschlusses. Sie verpflichten sich zu hohen Qualitätsstandards und werden deshalb als offizielle Partner des Biosphärengebiets anerkannt. Hier erfahren Sie mehr über die Kriterien für die Biosphären-Gastwirte. MEHR LESEN >>

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