Das Goldloch von Schlattstall
Das Goldloch von Schlattstall
Ein alter Schäfer, der auf der Uracher Alb seine Herde hütete, entdeckte eines Tages eine schmale Öffnung im Fels. Neugierig zwängte er sich hindurch und gelangte bald in eine große unterirdische Halle. Hier war es ganz finster und still, nur in weiter Ferne hörte er Wasser rauschen. Er nahm sich vor, am nächsten Tag die Höhle gründlicher zu erforschen, und kehrte zu seinen Schafen zurück.
Mit einem Licht untersuchte er am anderen Morgen die Höhlenwände und entdeckte auch wirklich einen Spalt, durch den er den Weg in eine weitere, größere Halle fand. Ihren Boden bedeckte ein klarer See, in dessen Wasser sich riesengroße Vögel spiegelten. Sie saßen reglos ringsum an den Wänden. Ihre funkelnden Augen starrten ihn an, und ihm schien, als wollten ihre spitzen Schnäbel gleich auf ihn loshacken. Vor Schreck entglitt ihm die Laterne, und das Licht erlosch.
Als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah er einen fernen Lichtschimmer, der ihm den Weg zum Höhleneingang wies. Vor Angst zitternd, kroch er darauf zu, und als er endlich wieder ans Tageslicht kam, nahm er sich vor, nie mehr die Höhle zu betreten.
Lange erzählte er niemand von diesem Erlebnis. Aber als er einmal mit dem Mahlknecht von Seeburg zechte und der Wein ihm zu Kopfe stieg, entschlüpfte ihm sein Geheimnis. Aufmerksam hörte der Knecht zu und nahm sich vor, der Sache nachzugehen. Anderntags schon kroch er in den Berg hinein, fand auch bald die Halle mit dem See, und weil er ein mutiger Bursche war, kümmerten ihn die schrecklichen Vögel nicht, die überall reglos an den Wänden hockten.
Er suchte weiter und fand wirklich einen schmalen Gang, der abwärts führte. Eine Stunde mochte er unterwegs gewesen sein, und er wollte schon wieder umkehren, da fingen die Wände vor ihm an zu leuchten und zu glänzen, Sie waren aus reinem Gold, und golden schimmerten auch die Zapfen an der Decke der Höhle. Lange stand der Knecht da und staunte. Aber die Kerze in seiner Laterne brannte immer weiter herunter, und er musste zurück. Zuvor jedoch brach er einen Goldzapfen ab und steckte ihn in die Tasche. Als er sich auf den Weg machte, hörte er plötzlich ein vertrautes Geräusch: das Klappern der Mühle von Schlattstall, wo er auch schon gearbeitet hatte. Also musste die Höhle einen zweiten Ausgang haben! Er suchte und suchte, aber vergebens. Schnell begab er sich auf den vertrauten Weg und gelangte auch glücklich ins Freie, ehe das Kerzenstümpfchen in seiner Laterne ganz erlosch.
Nun besah er sich den Zapfen, den er mitgenommen hatte. Kein Zweifel, es war reines Gold! Er brachte ihn zu einem Goldschmied und bekam dafür so viel Geld, dass er sich in der Fremde selbst eine Mühle kaufen konnte.
Ehe er wegzog, vertraute er sein Geheimnis einem anderen Mahlknecht an. Der gedachte auch sein Glück zu machen. Als er jedoch die fürchterlichen Vögel erblickte, erschrak er so sehr, dass er ohnmächtig zu Boden stürzte. Er kam wohl wieder nach Hause, doch von da an war er müde und krank, und bald darauf starb er. Sein Geheimnis aber nahm er mit ins Grab.
Viele Leute glaubten der Sage. 1824/25 erweiterten Goldgräber die Öffnung der vorderen Lauterquelle bei Schlattstall, um in den Berg dringen und den Schatz finden zu können. Doch sosehr sie sich auch mühten, ihre Arbeit blieb ohne Erfolg.
Zur Verfügung gestellt vom Albengel am Schopflocher Moor, besser als Otto-Hoffmeisterhaus bekannt
Die Alb im Goldfieber
Auf der Schwäbischen Alb gibt´s Gold. Allerdings nicht als Nugget, viel mehr in Namen wie beispielsweise Silberdistel oder Goldloch. Handelt es sich bei der Silberdistel botanisch um die geschützte Stengellose Eberwurz, die als Bildsymbol auf Biosphärengebietsschildern das Schutzgebiet symbolisiert, so steht das Wort Goldloch für Höhlen auf unserer Alb.
So ist das Goldloch bei Lichtenstein durch eine Verwerfung entstanden. Gold wird man dort vergeblich suchen. Der Name kommt von den Eisenhydroxyden, die umgangssprachlich Eisenocker genannt werden. Im Taschenlampenschein leuchten sie golden. Auch ein Goldmünzenfund im 18. Jahrhundert könnte, so die Legende, den Namen begründen.
Anders ist dies beim Schlattstaller Goldloch (nähe Lenninger Tal). Diese wasserführende Höhle speist als Karstquellgebiet die Schwarze Lauter. Um 1825 vermuteten Goldsucher dort tatsächlich das begehrte Edelmetall – wurden aber nie fündig. Ebenso wie der Goldrausch in der Falkensteiner Höhle schnell verebbte. Dort glitzerten nur Steinplättchen aus dem ehemaligen Vulkanschlot bei Grabenstetten. Um 1770 wurden in dieser Höhle sogar mehrere Stollen angelegt. 1784 beendeten die Uracher Behörden diesen Spuk mit ihrer Meldung, dass es dort keine Metalle zu finden gibt.
Hans-Peter Eppler
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