Der Feldlerche geht´s schlecht

NABU wählt Feldlerche zum Vogel des Jahres 2019

Typischer Agrarvogel im Sinkflug – der NABU hat die Feldlerche zum „Vogel des Jahres 2019“ gewählt – verbunden mit der klaren Forderung an die Agrarpolitik, die Biodiversität zu fördern und Lebensräume zu schützen.

feldlerche_Vogel_NABU_Michael_Eick Foto: NABU, Michael Eick

Der typische Agrarvogel war bereits 1998 der NABU-Jahresvogel: „Auf diese Ehre hätte der einstige Allerweltsvogel sicher gern verzichtet. Die Ernennung zeigt, dass die Anstrengungen zum Schutz der Feldlerche nicht ausreichen, um die Art zu schützen. Im Südwesten ist der kleine Feldvogel als ,gefährdet‘ auf der Roten Liste der Brutvögel eingestuft“, sagt Stefan Bosch, NABU-Fachbeauftragter für Vogelschutz. Der neue Jahresvogel steht stellvertretend für andere Feldvögel wie Kiebitz und Rebhuhn, denen es zum Teil sogar noch schlechter geht. „Die immer intensivere Landwirtschaft vertreibt die Feldlerche aus Feld und Flur. Die Bodenbrüter finden dort kaum Nistplätze und zu wenig Nahrung“, fasst Bosch zusammen.

Ungestörte Brutplätze und Insektenfutter sind Mangelware

In Baden-Württemberg lebt die Feldlerche von Frühling bis Herbst und wandert in den Wintermonaten weitgehend nach Südeuropa ab. „Damit die Feldlerche bei uns erfolgreich brüten kann, ist sie auf Insekten, ungestörte Brutplätze, eine reich strukturierte, vielfältige Agrarlandschaft und eine giftfreie Landwirtschaft angewiesen“, fasst Bosch zusammen. Brach- und Ausgleichsflächen ohne Mahd während der Brutzeit, Lerchenfenster mit rund 20 Quadratmetern Fläche im Wintergetreide und ungespritzte Ackerrandstreifen sowie Wildkrautfluren helfen dem Brutvogel beim Überleben.

Auch in Baden-Württemberg ist der Rückgang der Feldlerche alarmierend. Die Population schrumpfte um bis zu 75 Prozent zwischen den 1960er und 1990er Jahren. Von den rund 310.000 Revieren (um 1990) sank die Zahl weiter und nimmt stetig ab. Als Brutvogel ist die Feldlerche eigentlich flächendeckend in offenen Landschaften unterhalb von 700 Höhenmetern zuhause. In den Hochlagen etwa am Feldberg ist die Feldlerche heimisch. Schwach besiedelt sind dagegen der Schwarzwald und die Schwäbische Alb.

Die Feldlerche brütet am liebsten in der Feldflur auf Flächen mit Weizen und Hafer sowie auf Fettwiesen. In den kalten Monaten begnügt sie sich mit Pflanzenteilen und Sämereien. Zur Brutzeit ab April jagt sie Insekten, aber auch Spinnen, Schnecken und Regenwürmer, um den Nachwuchs mit proteinreichem Kraftfutter zu versorgen. Doch vielerlei Gefährdungen machen ihr das Überleben schwer. „Unsere Art der Landbewirtschaftung mit industrieller Landwirtschaft beeinflusst die Artenvielfalt in der Feldflur seit Jahrzehnten negativ. Als Lebensraumspezialist für die Feldflur sind Feldlerchen besonders betroffen.“ Die starke Düngung lässt Pflanzen schneller wachsen, dichte Pflanzreihen lassen keinen Raum zum Brüten. Auch der Rückgang der Wiesenbewirtschaftung, die häufigere und frühere Mahd und die großflächigen Monokulturen mit Mais und Raps wirken sich ungünstig aus und tragen zum Verlust von Nistplätzen bei.

Perfekt getarnt, aber trotzdem bedroht

Zu den bevorzugten Ackerkulturen der Feldlerche zählen Hafer und Luzerne bezüglich Vegetationshöhe und Struktur. „Wo auf riesigen Flächen nur noch undurchdringbares Wintergetreide, Raps oder Mais wachsen, fallen die überlebenswichtigen zweiten und dritten Bruten aus. Wenn die Lerchen deswegen auf die vegetationsfreien Fahrspuren im Feld ausweichen, werden sie häufig Opfer von Nesträubern oder von Maschinen überrollt“, so Bosch. Der Einsatz von Insektiziden im Getreideanbau lässt Insekten als Nahrung schwinden. Neonikotinoide stören die körperliche Kondition und die Orientierung der Singvögel. „Es fehlen aber auch Saumbiotope wie Feld- und Wegränder sowie Böschungen als Brut- und Nahrungsraum“, kritisiert Bosch. Eine intensive Weidewirtschaft zerstört Bodennester.

Der Feldlerche hilft dann auch ihre perfekte Tarnung nicht. Ihr einziger Schmuck besteht aus feinen, schwarzbraunen Längsstreifen und Strichen am Oberkopf und einer kleinen Federhaube. Mit nur 16 bis 18 Zentimetern Körperlänge und der beige bis rötlich-braunen Gefiederfärbung an der Oberseite ist sie im Stoppelfeld gut getarnt. Dieses Jahr wurden jedoch einige Stoppelfelder frühzeitig untergepflügt, um Flächenbrände zu verhindern.

Feldlerchen sind lebhafte Sänger. Die Männchen singen meist im Flug aus einer Höhe von 50 bis 200 Metern, wo sie mit bloßem Auge kaum mehr zu erkennen sind. Ihr scheinbar endlos tirilierender Gesang bildet die traditionelle Klangkulisse unserer Agrarlandschaft. War es früher oft unmöglich, aus diesem Geräuschteppich einen einzelnen Vogel herauszuhören, ist es heute eine Freude, überhaupt eine Lerche zu hören. In manchen Gegenden ist der Himmel über den Feldern sogar bereits stumm.

Mitmachen: 114 Euro mal 11 Millionen für mehr Natur auf dem Acker

„Viele der 11 Millionen Einwohner im Südwesten, darunter mehr als 100.000 NABU-Mitglieder, sorgen sich angesichts des rasanten Artenschwunds. Sie erwarten zu Recht von der Politik geeignete Gegenmaßnahmen. Statt ihre 114 Euro – in Summe rund 1,254 Milliarden Euro aus Baden-Württemberg – weiter nach dem Gießkannenprinzip pauschal nach Hektar auszuzahlen, muss die Politik auf allen Ebenen diese Steuermittel gezielt in eine naturverträgliche Landwirtschaft investieren“, fordert NABU-Agrarreferent Jochen Goedecke. Mit der NABU Mitmach-Aktion „Meine 114 Euro“ können Bürgerinnen und Bürgern ihre Wünsche an eine Agrarreform direkt EU-Parlamentarier/-innen aus ihrem Wahlkreis mitteilen und so zur Rettung der Feldlerche und anderer Feldvögel beitragen.

 

Wirksame Hilfen für die Feldlerche:

  • Brach- und Ausgleichsflächen ohne Mahd während der Brutzeit
  • Lerchenfenster im Wintergetreide
  • Mosaikreich strukturierte Agrarlandschaft
  • Ackerrandstreifen, Wildkrautfluren
  • Reduzierung Pestizid- und Düngereinsatz
  • Kein Spritzen von Ackerrainen und Wegrändern
  • Faire Preise für naturgerecht produzierte Lebensmittel, vor allem Milchprodukte

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