Finaler Atomausstieg wird Hürdenlauf

  • Abschaltung der letzten Atomkraftwerke 2022 in Frage gestellt
  • Green-Labeling von Atomkraft und Erdgas heizt Klimadiskussion und Konflikte im globalen Süden an

Ende des Jahres 2022 gehen die letzten drei Atomkraftwerke vom Netz, darunter „Neckarwestheim 2“. Das bleibt auch so, bestätigt das baden-württembergische Umweltministerium. Der ehemalige EU-Kommissar und Ministerpräsident Baden-Württembergs Günther Oettinger hatte wegen des Ukraine-Kriegs gefordert, die Laufzeiten zu verlängern, um vom Russlandgas unabhängig zu sein. Zudem warnt Misereor und Brot für die Welt: Green-Labeling von Atomkraft und Erdgas heizt Konflikte im globalen Süden an.

Spiel mit dem Höllenfeuer Die errechnete Summe, die für einen nuklearen Katastrophenfall bereitgestellt werden muss, beträgt 6,09 Billionen Euro (6090 Mrd. Euro). Dies ermittelte eine Studie der Versicherungsforen Leipzig. Foto: Kernkraftwerk Neckarwestheim

 

Misereor und Brot für die Welt zur Debatte um die Nachhaltigkeit von Atomkraft und fossiles Erdgas in der EU-Taxonomie

In der aktuellen Debatte um ein Green-Labeling der Stromerzeugung aus Atomreaktoren und Gaskraftwerken im Rahmen der EU-Taxonomie warnen die christlichen Entwicklungsorganisationen Brot für die Welt und MISEREOR vor den Konsequenzen der Entscheidung für die Menschen im Globalen Süden.

Die aktuelle Debatte in der EU über die Nachhaltigkeit von Atomenergie und Erdgas ist nicht nur bedeutsam für die Erreichung der Klimaziele, sondern hat globale Auswirkungen auf Klimakrise und Menschenrechte in Afrika, Asien und Lateinamerika. Gerade jetzt stehen etwa auf dem afrikanischen Kontinent weitreichende Entscheidungen über Erdgasförderungen an. Sollte die EU fossiles Erdgas als „nachhaltige Energie“ klassifizieren, würde dies einen Investitionsschub auslösen. Peter Meiwald, Abteilungsleiter Afrika bei Misereor, sagt: „Mit den Umwelt- und Klimafolgen dieser Entscheidungen aber müssen zuerst die Menschen leben, die schon jetzt in immer kürzeren Zyklen von wiederkehrenden Dürren und Überflutungen besonders betroffen sind. Weder fossiles Erdgas noch Atomkraft haben in einer klimaneutralen Welt einen Platz. Von Nachhaltigkeit kann bei beiden keine Rede sein.“

Darüber hinaus befeuert die weitere Jagd nach fossilen und nuklearen Brennstoffen durch internationale Großkonzerne Konflikte um Landrechte und Ressourcen, bei denen die lokale Bevölkerung immer wieder unter die Räder kommt. Dies führt der Konflikt in der mosambikanischen Provinz Cabo Delgado aktuell dramatisch vor Augen. Hier ist der seit mehr als vier Jahren andauernde Konflikt mittlerweile so eskaliert, dass die EU es für notwendig hielt, sich an einer internationalen Militärintervention zum Schutz der Interessen der Gasförderindustrie zu beteiligen.

Joachim Fünfgelt, Referatsleiter Wirtschaft und Umwelt bei Brot für die Welt, sagt: „Im Sinne der globalen Klimagerechtigkeit und vor dem Hintergrund der massiven Verletzung von Menschenrechten bei der Förderung von Uran und Gas dürfen Investitionen in Gas- und Atomkraftwerke nicht im Taxonomie-Regelwerk mit einem grünen Anstrich versehen werden. Für Greenwashing von fossilen Ressourcen und ewig gestrigen Technologien wie der Atomkraft haben wir keine Zeit. Wir müssen uns auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Senkung des Energie- und Rohstoffbedarfs konzentrieren.“

Als Werk für Entwicklungszusammenarbeit der katholischen Kirche kämpft MISEREOR für Gerechtigkeit und Bildung, gegen Hunger, Krankheit, Ausgrenzung und Menschenrechtsverletzungen sowie deren Ursachen. Gemeinsam mit einheimischen Partnern unterstützen wir Menschen unabhängig von ihrem Glauben, ihrer Kultur und ihrer Hautfarbe. Seit der Gründung von MISEREOR im Jahr 1958 wurden über 112.000 Projekte in Afrika und dem Nahen Osten, in Asien und Ozeanien, in Lateinamerika und der Karibik gefördert. MISEREOR ist Mitglied im Bündnis Entwicklung Hilft: www.entwicklung-hilft.de.


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