Nationalpark: Bike-Mekka Berchtesgaden – Lofer

Nationalparkporträt: E-Bike-Mekka im Grenzland Nationalpark Berchtesgaden und Pinzgauer Saalachtal

Früher waren es die Salz-Schmuggler, die über den Hirschbichl-Pass zwischen Pinzgau in Österreich und Berchtesgadener Land in Deutschland pendelten. Dann kamen mit Prinz­regent Luitpold von Bayern (1821–1912) die ersten Sommerfrischler dazu, dann die Bergsteiger, die Skitourengeher, ab 1995 die Mountain-Biker und nun auch die E-Biker, die das Märchenland rund um diesen markanten Südzipfel der Republik erkunden.

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Die elektrischen Kletter-Bikes ebnen die Alpen ein – sowohl die Steigungen auf der deutschen Seite im Tal der Ramsauer Ache (Foto) als auch die Anstiege des österreichischen Saalachtals bei Lofer.

Grenzgänger

Früher waren es die Salz-Schmuggler, die über den Hirschbichl-Pass zwischen Pinzgau in Österreich und Berchtesgadener Land in Deutschland pendelten. Dann kamen mit Prinz­regent Luitpold von Bayern (1821–1912) die ersten Sommerfrischler dazu, dann die Bergsteiger, die Skitourengeher, ab 1995 die Mountain-Biker und nun auch die E-Biker, die das Märchenland rund um diesen markanten Südzipfel der Republik erkunden.

Hirschbichl – Grenz- und Pausenstation.

Hirschbichl – nirgendwo sonst kommen sich Österreich und Deutschland auf unspektakuläre, idyllische, fast schon kitschig heimelige Weise so nah wie auf diesem schmalen Grat der Passhöhe auf 1183 Meter Höhe (Foto oben). Das Rot-weiß des Schlagbaums erinnert an Zeiten, als wir an jedem Grenzübergang den Personalausweis dienstbeflissen lächelnd einem finster blickenden Beamten entgegenhielten. Glück gehabt – der Zöllner hat das Gepäck nicht zerwühlt.

Von diesem Ritual der Kleinstaaterei jedoch blieben Grenzgänger am Hirschbichl schon immer verschont. Denn: Autos sind verboten. Erlaubt ist Wandern und Radeln. Diese extrem schmale, bis zu 30 Prozent steile Asphaltverbindung zwischen dem Berchtesgadener Land und dem österreichischen Pinzgau erfreut Urlauber zu Fuß und mit dem E-Fahrrad. Dem Biobiker allerdings beschert diese oft unterschätzte Bergbezwinger-Tour gern Qualen für die Waden. Doch die heitere Stimmung auf der Sonnen­terrasse des Alpengasthof Hirschbichl verwandelt diese Pein in mächtigen Stolz.

Auf dem Hirschbichl geht es zumeist sportlich ambitioniert zu. An Pfingsten wedeln die Skitourengeher schon früh morgens von den hoch gelegenen Schneefeldern zum Grenzübergang hi­nunter. Deren Tagewerk ist vollbracht, noch ehe die Sonne die Schneefelder zu Lawinen-gefährlicher Taumasse erweicht.

Hintersee: Bezaubernde Perspektiven im Nationalpark Berchtesgadener Land.

Zeitgleich schnaufen die ers­ten Biker zur alten Grenzstation hinauf. Gegen Mittag erst kommen die Wanderer. Sie müssen vom Parkplatz Hintersee auf deutscher Seite zwei bis drei Stunden Marsch einplanen für acht Kilometer und 400 Höhenmeter. Vom österreichischen Weißbach bei Lofer sind’s sechs.

Trotz dieses grenzenlosen Freizeitverkehrs markiert der Schlagbaum dennoch eine messerscharfe Trennlinie. Gleich hinterm Hirschbichl beginnt auf der deutschen Seite der 1978 gegründete Nationalpark. Hier gelten ehrgeizige Regeln zum Schutze der hier einmaligen Alpennatur. Außerdem gehört der Nationalpark als Kernzone zum1990 von der UNESCO geadelten Biosphärenreservat.

Mit solch edlen Weihen ist der Pinzgau nicht dekoriert. Dafür aber mit einem unschlagbaren Engagement, das umweltfreundliche Fahrrad und E-Bike als Urlaubssportgerät zu etablieren. Ein attraktives Netz aus Rad- und Forstwegen durchzieht sowohl Talauen als auch Berghöhen südwestlich des Hirschbichl. Dieses Streckenangebot ist zu traumhaften Rundtouren verknüpft. Sogar sportliche Biker gehören zur Zielgruppe, wie der ausgeschilderte Single-Trail durch die urige Wildenbachschlucht eindrucksvoll belegt (Foto links). Es geht also doch, das respektvolle Miteinander.

Der Hirschbichl verbindet diese beiden Regionen und deren eigene Vorstellung von Tourismus und Natur. Während es im Nationalpark vom Königsee unterm Watzmann zum Hirschbichl hinauf wimmelt, herrscht auf der österreichischen Seite herrliche Urlaubsruh’.

Auch die alte Zeit schrieb dies- und jenseits verschiedene Geschichten. Während im Berchtesgadener Land Kriege tobten, Erzbistümer gegen Fürstpropsteien zankten wie im Salzkrieg 1611, dann ab 1618 der Dreißigjährige Religionskrieg und 1704 der Spanische Erbfolgekrieg, blieben die höchsten Regionen des Pinzgaus menschenleer. Noch zu Beginn des 17. Jahrhunderts galt die Gegend als unerschlossene Wildnis, mit einer urigen und widerständigen Bevölkerung. Diese allerdings lebte in grenzenlosem Einklang von und mit der Natur.

 

Prinzensee – Sportparadies Maria Alm.

 

Schneegrenze: Selbst Anfang Mai erschweren Schneefelder oder Lawinen den Aufstieg wie hier zum nur 1392 Meter hoch gelegenen Berg „Toter Mann“.


 

Übersichtskarte


 

UNESCO: Nationalpark & Biosphärenreservat

Nationalparkinfo: Hier an der stark bewanderten Hirschbichl-Route gibt´s Infos zum Park und Steinadler.
Nationalpark Berchtesgaden: Respektvoll bestaunen, aber dennoch mit sportlichen Atemzügen erleben. Dieser Brückenschlag zwischen Jung und Alt und deren Interessen gelingt nur wenigen geadelten Naturlandschaften. Klar – Verbote und Schutzrichtlinien gibt es auch hier, jedoch nicht auf Schritt und Tritt. Hier flucht kein Wanderer über Mountain-Biker und kein Skifahrer muss sich für seinen Sport schämen. „Schützen durch nützen“ wird hier gelebt im mächtigen Schatten des Watzmann. Der Nationalpark besteht seit 1978. Das UNESCO Biosphärenreservat seit 1990. 2010 dehnte man es auf den Landkreis aus zum Biosphärenreservat Berchtesgadener Land.
Nationalpark: 210 km2, 603 m (Königssee) 2713 m (Watzmann)
Biosphärenreservat: 840 km2 (Vergleich: Schw. Alb: 853 Quadratkilometer)
 

 

Saalachtal: Österreichische Tourismusoffensive

Foto: Salzburger Saalachtal Tourismus

Der Pinzgau scheint wie geschaffen für Radfahrer. Es sind die abwechslungsreichen und herausfordernden Strecken im Zusammenspiel mit einer wildromantischen Landschaft, die jedes Jahr viele sportbegeisterte Menschen in den Pinzgau locken. Die frische Luft und die majestätische Gebirgswelt der Alpen, mit wilden Flüssen und imposanten Klammen tragen ihr Übriges zum Reiz bei. Insgesamt gibt es weit über 750 Kilometer ausgeschilderte Mountainbike-Strecken, darunter adrenalinberauschende Single-Trails, abenteuerliche Bikeparks, der actionreiche Adidas Freeride Park in Saalbach und zahlreiche einfache Touren wie die Umrundung des Zeller Sees.
Die historische Altstadt von Zell am See war ab dem 19. Jahrhundert als touristischer Ausgangspunkt ins vergletscherte Hochgebirge beliebt, Ausflüge nach Kaprun oder Ferleiten an der Großglocknerstraße standen bei den Sommerfrischlern auf der Tagesordnung. Heute nehmen ambitionierte Radfahrer und immer mehr E-Biker diese historische, 48 Kilometer lange Alpenstraße hinauf zum Fuscher Törl auf 2428 Metern als sportliches Erlebnisziel unter die Räder.
Tipp führ Radreisende: Durch Lofer am Fuße des Hirschbichl-Passes führt Österreichs bekannteste Radroute – die 270 Kilometer lange Variante des Tauernradwegs von Krimml auf 1100 Meter Seehöhe, Zell am See, Lofer nach Passau (300 Meter Höhe).


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Printausgabe: Sphäre 1/2023, Seite 30-33

WEBcode #23133

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