Der hat Töne

Tradition & Handwerk: Musikhaus Beck – Blasinstrumenten-Manufaktur

Eiszeitälbler bauten und spielten das weltälteste Musikinstrument. Ebenfalls weltweit erklingen Trompeten des Neuzeitälblers Matthias Beck, Instrumentenbauer aus Dettingen.

Der Ton macht die Musik. Dass diese Erkenntnis bei den Älblern als Binsenweisheit gilt, erkennt man nicht erst, weil bald jedes Dorf seine eigene Blaskapelle hegt und pflegt. Vielmehr belegen auch Archäologen die tief verwurzelte Musikalität der Gebirgsbewohner: Fanden die Wissenschaftler doch das älteste Musikinstrument in der Höhle Hohle Fels bei Schelklingen – eine 35000 Jahre alte Knochenflöte.

Doch nicht nur unsere Eiszeitvorfahren brachten sich mit Inbrunst Flötentöne bei, auch der moderne Homo musicus. Ein herausragendes Exemplar dieser Gattung wohnt und wirkt am Fuße der Schwäbischen Alb – genauer: in Dettingen im schönen Ermstal. Matthias Beck, dessen gleichnamiges Musikhaus im Jahre 2015 das 40-jährige Jubiläum feiert, setzt die Tradition seiner Eiszeitvorfahren fort: Er spielt nicht nur virtuos all seine im Verkaufsraum ausgestellten Musikinstrumente, besonders Flöten von Pic­colo bis Subbass – nein, er produziert auch einen Teil seiner Blasinstrumente selbst. Natürlich nicht mit Steinbohrer und Schwanenknochen oder Elfenbein als Korpus. Vielmehr zaubert er glasklare Klänge aus filigranen Bögen und Rohren aus Messing.

Viel Puste: Matthias Beck beherrscht all seine Instrumente mit Bravour.

Beck beschäftigt neun Mitarbeiter, sechs davon sind Instrumentenbauer. Das ist nicht selbstverständlich im Zeitalter von Massenproduktion. Doch der Dettinger hat, seit er vor 10 Jahren begann, Trompeten, Hörner und Posaunen zu entwickeln, zu löten und mit viel Geduld zu bearbeiten (Foto ganz oben), bereits die großen internationalen Konzertsäle erobert. Profis der Opera Barcelona, der Staatsoper in Peking und auch Musiker des Symphonie Orchesters Berlin blasen in eine echte Beck, made an der Alb. Wobei „der deutsche Markt nicht einfach ist“, räumt Beck ein. „Es gibt hier sehr viele Instrumentenbauer.“ Dafür konnte er in China einen Coup landen.

Doch erst mal der Reihe nach: Der Spanier Rubén Simeó, unter den Top Ten der besten Trompetenspieler (Foto ganz unten), hatte sich in Becks Klangphilosophie verliebt. Er wollte unbedingt eine Maßanfertigung haben. Dafür flog er eigens ins Ermstal, um mit Beck eine geschlagene Woche sein persönliches Instrument auf seine Spielerqualitäten abzustimmen. Die Instrumentenbauer mussten dieses Treffen fast zwei Monate mit einer individuellen Kleinserie an Trompetenbauteilen vorbereiten. Der junger Spanier war zufrieden. Nun, da der erst 23 Jahre Solist besonders in China eine große Fan-Gemeinde besitzt, sind seither im Reich der Mitte die Dettinger Trompeten sehr gefragt.

Doch auch auf der Alb finden die Spezialanfertigungen des 53-Jährigen Abnehmer. „Die überdurchschnittlich zahlreichen Musikvereine haben sich sehr professionalisiert“, erklärt Beck das gestiegene Qualitätsbewusstsein für Instrumente und das Musizieren selbst. „Es gibt kaum mehr ein Festauftritt, wo nicht auch konzertante Stücke aufgespielt werden.“ Grund: „Über die modernen Medien wie You-Tube kann nun jeder Dirigent sehen, wo aktuell das Maß der Musizierkünste liegt. Das spornt an.“ Nicht selten begrüßt Beck daher Kunden, die in ihrer Freizeit in drei Vereinen spielen und üben.

Immer trainieren, sich nie mit Mittelmaß begnügen, so könnte man Becks Lebensmotto umschreiben. Dass er so ganz nebenbei seinen Geist mit körperlich maximaler Anspannung erquickt, gehört zu dessen Erfolgskonzept. Der seit seiner Jugend aktive Handballer und Zehnkämpfer hat sogar noch einen bis heute ungeschlagenen Rekord im Fünfkampf der Altersklasse 45 stehen. Aktuell drückt Homo musicus mit seinem Mountain Bike ambitioniert die Albaufstiege hinauf. In einem gesunden Körper wohne ein gesunder Geist, grinst Beck und schielt mit dem schmachtenden Blick der Leidenschaft von seinem Werkstück, das er mit dem Hammer bearbeitet (großes Foto ganz oben), hinüber zur Wand. Dort lehnt ein edler, superleichter Rennlaufradsatz – natürlich Kleinstserie – mit dem er sonntags seinem Mountainbike bei Rennen die Sporen gibt.

Er hat den Bogen raus: Matthias Becks Instrumenten-Manufaktur entwickelte die Trompete des Weltstars Rubén Simeó. Die daraus entstandene Profi-Serie genießt in China Erfolg.

 


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Printausgabe: Sphäre 3/2015, Seite 06-07

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