Deutschland soll wilder werden

61 Prozent der Deutschen wünschen sich mehr Wildnis

Das Bundesamt für Naturschutz untersucht die Einstellung der Menschen zu Natur, Naturschutz und biologischer Vielfalt. Die seit 2009 alle zwei Jahre verfassten Studien zeigen einen klaren Trend: Der Wunsch nach Wildnis wächst von 42 Prozent der Befragten in 2013 auf 61 in 2023. 24 Prozent finden den Bestand an Wildnisgebieten gut so wie er ist, nur zwei Prozent plädieren für weniger Wildnis in der Bundesrepublik. Die übrigen 13 Prozent äußern keine Meinung oder trauen sich keine Beurteilung zu. Die 135-seitige Studie gibt´s kostenlos als PDF.

Interessant dabei ist, dass das Alter der Befragten eine große Rolle spielt. Die soziodemographische Analyse deckt auf, dass der Anteil derer, die mehr Wildnis in Deutschland begrüßen würden, in der ältesten Befragtengruppe am geringsten ausfällt: Nur 49 Prozent der über 65-Jährigen wünschen sich mehr Wildnis. 70 Prozent der jungen Erwachsenen von18 bis 29 Jahren wollen mehr wilde Flächen, Jugendliche (14- bis 17-Jährige) immer hin noch 66 Prozent.

In der Bevölkerung wird auch zunehmend eine Verschlechterung des Zustands von Natur und Landschaft in Deutschland wahrgenommen.
Im Zeitvergleich ist festzustellen: In der Naturbewusstseinsstudie 2011 waren es 27 Prozent, die angaben, in den letzten 20 Jahren eine Verschlechterung im Zustand von Natur und Landschaft bemerkt zu haben. In der Erhebung von 2021 stieg dieser Anteil deutlich auf 50 Prozent an. In der aktuellen Erhebung von 2023 liegt er sogar bei 53 Prozent.

In der Umfrage 2023 also glauben 53 Prozent der befragten Erwachsenen, der Zustand von Natur und Landschaft habe sich in den letzten 20 Jahren verschlechtert, während vier Prozent eher eine Verbesserung wahrnehmen. Keine wesentlichen Veränderungen sehen 32 Prozent, weitere elf Prozent können keine Angabe machen.

Die 135-seitige Studie gibt´s kostenlos als PDF.


 

Baden-Württemberg muss noch wilder werden

 

NABU bemängelt: Im Südwesten gibt es mit dem Nationalpark nur ein großes Wildnisgebiet

Es gibt sie, die Wildnisgebiete. Doch lediglich auf 0,62 Prozent der Flächen in Deutschland. Mehr als zwei Prozent könnten es sein. Das ist das Ergebnis der ersten bundesweiten Wildnisbilanzierung, die die Heinz Sielmann Stiftung, die Naturstiftung David und die Zoologische Gesellschaft Frankfurt heute veröffentlicht haben. Als Teil der Initiative „Wildnis in Deutschland” betont der NABU die besondere Bedeutung von Wildnisgebieten für Mensch, Natur und Wissenschaft.

Nur zwei Wildnisgebiete im Südwesten

Selbst im dichtbesiedelten Baden-Württemberg finden sich, dank des Nationalparks und eines knapp 500 Hektar großen Bannwaldgebietes im Biosphärengebiet Schwarzwald, größere unzerschnittene Wildnisgebiete. Doch diese zwei Diamanten sind aktuell die einzigen. Für NABU-Naturschutzexpertin Ingrid Eberhardt-Schad zeigt die Bilanz, wie dringlich der Zusammenschluss der beiden Nationalparkhälften benötigt wird: „In Wildnisgebieten wie dem Nationalpark Schwarzwald hat die Natur wieder Raum und Zeit, sich aus eigener Kraft zu entwickeln. Eine große Mehrheit der Menschen in unserem Land wünscht sich mehr Wildnis vor der eigenen Haustür. Sie ist nicht nur ein Ort für Naherholung und Naturerlebnisse, sondern kann auch dem natürlichen Wasserhaushalt und als Kohlenstoffspeicher im Kampf gegen die Klimakrise dienen. Nicht zuletzt ist sie für Forschung und Wissenschaft ein spannendes Echtzeit-Labor, das zeigt, wie sich Natur unter den aktuellen Bedingungen ohne menschliche Steuerung entwickelt.”


 

Sphäre-Wissen

Die Bundesregierung möchte in ihrer Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt auf mindestens zwei Prozent der Landfläche Deutschlands Wildnis entstehen lassen. Laut NABU tragen Bund und Länder daher eine besondere Verantwortung, das Potenzial ihrer eigenen Flächen zu nutzen. Neben den Kernzonen von Nationalparken und einigen großen Naturschutzgebieten ist Wildnis mittlerweile auch auf Flächen der NABU-Stiftung Nationales Naturerbe zu finden. Die NABU-Stiftung Nationales Naturerbe setzt sich aktiv für mehr Wildnis in Deutschland ein, indem sie Flächen für die natürliche Entwicklung sichert. Weitere Informationen

Wildnisgebiete sind ausreichend große und weitgehend unzerschnittene, dauerhaft nutzungsfreie Gebiete. Neben natürlichen Lebensräumen kann Wildnis auch auf stark vom Menschen geprägten Flächen entstehen – wie beispielsweise ehemaligen Bergbau- und Militärflächen. Damit sich natürliche Prozesse in ihren vielfältigen Ausprägungen wirksam entfalten können und Konflikte mit der angrenzenden Kulturlandschaft minimiert werden, bedarf es möglichst großer und zusammenhängender Gebiete. Als Untergrenze für großflächige Wildnisgebiete haben Bund und Länder einen Flächenumfang von 1.000 Hektar definiert (500 Hektar bei Auen, Mooren, Küsten und Seen).
Weitere Infos zur Initiative „Wildnis in Deutschland“ (https://wildnisindeutschland.de) und zur Studie (https://wildnisindeutschland.de/wildnisbilanzierungsstudie/).


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