Das Ende der Nacht
Die Menschen machen die Nacht zum Tag. Ob Sie darunter leiden, ist wissenschaftlich nicht geklärt. Doch der Tod von Millionen Zugvögeln und Abermilliarden Insekten geht nachweislich auf das Konto der Lichtverschmutzung. Laut BUND beträgt der jährliche Zuwachs der Lichtverschmutzung in Deutschland schätzungsweise sechs Prozent.
Laut einer Technikfolgenabschätzung verfasst für den Deutschen Bundestag weisen innerhalb Deutschlands die meisten Bundesländer steigende Werte sowohl für die beleuchtete Fläche als auch für die Strahldichte aus. Am stärksten machte sich diese Steigerung in Bayern bemerkbar, wo die beleuchtete Fläche von 2012 bis 2016 um 45% zunahm.

Foto: Ulmer Münster, Hans-Peter Eppler
Trends der künstlichen Beleuchtung bei Nacht
Auszug aus der Drucksache des Deutschen Bundestags (19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/22433 vom 11. 9. 2020)
In den letzten Jahren ist weltweit genauso wie in Deutschland eine Zunahme der insgesamt beleuchteten Fläche und der Beleuchtungsintensität festzustellen. In vielen sich schnell entwickelnden Ländern Afrikas, Südamerikas und Asiens war die Veränderungsrate an beleuchteter Fläche erheblich größer als im globalen Durchschnitt. Im Gegensatz dazu waren die Veränderungsraten in bereits hell erleuchteten Ländern, wie Deutschland, oft nur moderat oder in einigen Fällen sogar leicht negativ.
Innerhalb Deutschlands weisen die meisten Bundesländer steigende Werte sowohl für die beleuchtete Fläche als auch für die Strahldichte aus. Am stärksten machte sich diese Steigerung in Bayern bemerkbar, wo die beleuchtete Fläche von 2012 bis 2016 um 45% zunahm, gefolgt von Schleswig-Holstein mit 40%. Bei der Veränderung der Intensität beleuchteter Flächen zeigte Schleswig-Holstein die größte Zunahme mit 41%, gefolgt von Bayern mit 35 %. Die Ausnahme unter den Bundesländern ist Thüringen mit einer Abnahme von 18 % an beleuchteter Fläche und einem Rückgang der Intensität der beleuchteten Flächen von 17 %.
Eine wissenschaftlich fundierte Analyse von Ursachen und Wirkungsbeziehungen hinter diesen Beobachtungsdaten liegt noch nicht vor. Es wird jedoch vermutet, dass die allgemeine Zunahme der Lichtemissionen durch Siedlungswachstum und Flächeninanspruchnahme sowie eine zunehmende Verwendung von Außenbeleuchtung im Privatbereich verursacht wird, während die Zunahme der Beleuchtungsintensität in der schrittweisen Umrüstung von Beleuchtungsanlagen auf LED-Technologie begründet liegt.
Trends der Nutzung von Licht
Aktuell bewirken die Massenverfügbarkeit lichtemittierender Dioden (LED) und die damit einhergehende Kostendegression eine tiefgehende Änderung in der zur Anwendung kommenden Beleuchtungstechnologie, aber auch veränderte Nutzungsformen künstlicher Beleuchtung. Dabei haben LED mit Blick auf die Vermeidung von Lichtverschmutzung Vor- und Nachteile.

Aufgrund der Fokussierbarkeit und digitalen Steuerbarkeit bietet LED-Beleuchtung einerseits das Potenzial, Licht effektiver einzusetzen und ungewollte Lichtemissionen einzudämmen. Durch die Verschiebung der spektralen Zusammensetzung des erzeugten Lichts hin zu typischerweise höheren Blauanteilen wirkt die LED-Beleuchtung für das menschliche Auge zudem heller als eine Beleuchtung mit weniger Blauanteilen, sodass mit LED eine gewünschte Helligkeit einfacher erreicht werden könnte.
Andererseits stehen besonders die kurzwelligen blauen Lichtbereiche der LED im Verdacht, humanmedizinisch und ökologisch nachteilige Wirkungen zu erzeugen und an der zunehmenden künstlichen Aufhellung des Nachthimmels beteiligt zu sein. Zudem führt die kostengünstige Verfügbarkeit der energieverbrauchsarmen LED zur immer weitergehenden Nutzung von Licht sowohl bei öffentlicher Beleuchtung als auch im dekorativen und privaten Bereich. Und schließlich werden oft nur die Leuchtmittel getauscht und keine Anpassung des gesamten Beleuchtungssystems vorgenommen. Die Möglichkeit einer gezielten Steuerung und Begrenzung der Beleuchtungsintensität und der Beleuchtungszeit sowie die Verwendung optimierter Lampen und Mastabstände bleiben dabei ungenutzt. Im schlimmsten Fall führen neue LED in alten Fassungen zu einer Verschlechterung der Beleuchtungssituation, etwa weil sie Blendung erzeugen. So zeigt sich bislang in der Praxis, dass die theoretischen Potenziale einer Umrüstung auf LED-Beleuchtung für die Reduzierung des Energieverbrauchs und einer Begrenzung der Lichtverschmutzung bei Weitem nicht realisiert werden.
Earth Night am 19. 9. 2025
Tipps des NABU für mehr Artenvielfalt und weniger Lichtverschmutzung

Licht ausschalten und die Sterne zum Funkeln bringen: Die Earth Night, eine Aktion der „Paten der Nacht“, lädt am 19. September Menschen in ganz Baden-Württemberg zum Mitmachen ein. Das Ziel: Eine ganze Nacht die Außenbeleuchtung ausmachen und ein Zeichen für dunklere Nächte sowie gegen die zunehmende Lichtverschmutzung und -verschwendung setzen. Kunstlicht raubt vielen Menschen den Schlaf und stört den natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus von Pflanzen und Tieren – teils mit schlimmen Folgen.
Gemeindetag unterstützt Earth Night 2025
Auch der Gemeindetag Baden-Württemberg mit seinen mehr als 1.000 Mitgliedskommunen unterstützt die Aktion 2025: „Städte und Gemeinden können über die Aktion und die Lichtverschmutzung informieren, sich vielleicht sogar selbst beteiligen, den Lichtschalter umlegen und so Vorbilder für ihre Bürgerinnen und Bürger sein. Diese können selbst aktiv werden und anlässlich der Earth Night am 19. September Außenbeleuchtungen reduzieren oder sogar ganz abschalten“, sagt Stefan Braun, Referent für Klima- und Naturschutz beim Gemeindetag Baden-Württemberg. Einige Städte, wie Stuttgart, Künzelsau, Freiburg, Kempten oder Pforzheim, gehen bereits mit gutem Beispiel voran und sind seit einigen Jahren aktiv dabei. Sie verzichten auf unnötige Straßenbeleuchtung, dimmen Lampen und schalten ab, wo Objekte und Gebäude aus ästhetischen Gründen angestrahlt werden. Im Übrigen fordert das Landesnaturschutzgesetz dazu auf, die Umwelt vor Lichtverschmutzung zu schützen. In Paragraph 21 ist geregelt, dass Fassadenbeleuchtung im Sommer ganztägig und im Winter in den Nachtstunden einzuschränken ist. Kommunen sollen eine insektenfreundliche Beleuchtung installieren.
Die Auswirkungen der Lichtverschmutzung
Lichtverschmutzung hat vielfältige negative Auswirkungen auf unsere Umwelt. „Nachtaktive Insekten, die von künstlichem Licht angezogen werden, sterben oft erschöpft an den Lichtquellen. Das wirkt sich negativ auf das gesamte Ökosystem aus, weil sie dann als Bestäuber und Nahrung für andere Tiere fehlen“, berichtet NABU-Artenschutzreferentin Alexandra Ickes. Zugvögel verlieren durch Kunstlicht die Orientierung und können mit beleuchteten Gebäuden kollidieren. Nächtliche Beleuchtung stört das natürliche Pflanzenwachstum. Auf künstliches Licht zu verzichten, kann – neben dem Schutz der Biodiversität – ein unmittelbarer Gewinn für Menschen sein: „Echte Dunkelheit schafft eine Chance, ungestört durchzuschlafen sowie die sternenfunkelnde Nacht und ihre Tiere intensiver zu erleben – das Rascheln des Igels im Gras, die Eulenrufe im Dunkeln, das Zirpen der Heuschrecken“, so Ickes. Auf unnötige nächtliche Beleuchtung zu verzichten, spart zudem Energie und damit Kosten.
NABU-Tipps für mehr Nacht
• Licht aus für eine Nacht – ab Sonnenuntergang bis zum nächsten Tag
• Außenbeleuchtung auf Notwendigkeit hin überprüfen
• Beleuchtung von oben nach unten, nie zur Seite oder nach oben
• Abgeschirmte Leuchten mit geschlossenem Gehäuse nutzen
• Auf nächtliche Beleuchtung im Garten verzichten
• Insektenfreundliches gelbliches Licht mit 1.800 bis 2.200 Kelvin verwenden statt kaltweißem Licht
• Jalousien und lichtdichte Vorhänge schützen die Umwelt vor Innenlicht
Weiterführende Links
- Sphäre-Artikel: Das Ende der Nacht Die Menschen machen die Nacht zum Tag. Ob Sie darunter leiden, ist wissenschaftlich nicht geklärt. Doch der Tod von Millionen Zugvögeln und Abermilliarden Insekten geht nachweislich auf das Konto der Lichtverschmutzung. Die Alb gilt als letztes Refugium der tiefreinen Nacht. mehr >>
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