Neidlingen – Ruine Reußenstein

Die Sage vom Riesen Heim

 

Die Sage vom Riesen Heim

Hoch oben in einem Felsenloch südlich von Neidlingen hauste einst der Riese Heim, und seine Wohnung hieß man den Heimenstein. Er war so schrecklich groß, dass die Menschen sich strecken mussten, um die Riemen seiner Schuhe anzufassen. Verständlich, dass es ihm in seiner Höhle mit der Zeit zu eng wurde. Er setzte sich hinauf auf den Felsen und blickte hinüber zur anderen Talseite. Dort stieg ein mächtiger Steinklotz aus dem Bergwald empor, der Reußenstein. Er sollte der richtige Bauplatz für seine Burg sein.
Zuerst wollte er aber den Ort näher untersuchen. Doch scheute er die Mühe, ins Tal hinunterzusteigen und nachher den Berghang wieder hochzuklettern. Er machte einen riesigen Schritt über das Tal. Aber er hatte seine Kraft überschätzt. Sein Fuß glitt aus und fand erst wieder in halber Höhe des Berghangs Halt. Dort jedoch hinterließ er im Fels ein tiefes Loch, den Abdruck seines Stiefels. Ärgerlich zog er den Fuß zurück, da sah er aus dem Gestein eine silberhelle Quelle sprudeln. Das Wasser sprang lustig über einen Felsen ins Tal hinab. Dort Floß das Bächlein munter weiter, durch Kirschengärten und Felder, Dörfer und Städtlein, bis es in die Lauter mündete. So entstanden durch den Fehltritt des Riesen Heim die Lindachquelle und der Neidlinger Wasserfall.

Hoehle_Heimenstein_3BFW4280 Höhle Heimenstein
Aber zurück zu seinem Plan, auf dem Reußenstein sich ein festes Haus zu bauen. Er besah sich den Platz und fand ihn für sein Vorhaben geeignet. Nun galt es, Bauarbeiter zu gewinnen. An Geld fehlte es dem Riesen nicht, also stellte er sich auf den Felsen und rief mit lauter, weithin hörbarer Stimme Bauleute herbei. Wenn sein Schloss fertig sei, so versprach er, solle jeder eine gute Belohnung erhalten.
Da kamen sie herbeigeströmt, die Maurer und die Zimmerleute, die Schlosser und die Schreiner, die Dachdecker und die Maler. Geklopft wurde und gehämmert, gesägt und genagelt, und der Riese schaute wohlgefällig zu, wie sich die Menschlein zu seinen Füßen plagten.
Endlich war der Bau fertig; der Riese prüfte alles sorgfältig, freute sich an dem gelungenen Werk und wollte schon den wartenden Handwerkern den Lohn austeilen, da entdeckte er, dass am obersten Fenster noch ein Nagel fehlte. Nun war guter Rat teuer. Keiner wagte, hinauf zusteigen in die schwindelerregende Höhe und zu tun, was der Riese verlangte. Aber keiner wollte auch ohne Lohn nach Hause zurückkehren.
Schließlich versprach der Riese dem, der so mutig war, den letzten Nagel einzuschlagen, einen Sack voll Geld. Da trat ein junger Schlossergeselle vor. Er war fleißig, aber arm, und deshalb hatte sein Meister ihm bisher immer die Bitte abgeschlagen, ihm die schöne Tochter, die er herzlich liebte, zur Frau zu geben.
„Menschenzwerglein, du hast Mut, deshalb will ich dir helfen“, sagte der Riese freundlich, packte den Schlossergesellen behutsam im Genick und hob ihn zum Fenster hinaus. Der Bursche schaute nicht nach unten auf die jäh abstürzende Felswand, sondern griff beherzt nach Hammer und Nagel und schlug drauflos, bis der letzte Balken festsaß. »So ist’s recht« ‚ sagte der Riese und stellte den Schlosser vorsichtig in den Kreis der anderen zurück.
Nun war der Jubel groß. jeder bekam an Lohn, was ihm zustand, unser tapferer Schlossergeselle aber hatte sein Meisterstück vollbracht. Bald waren Haus und Werkstatt sein eigen – und nichts konnte mehr dem Glück der beiden jungen Leute im Wege stehen.

Reussenstein_3BFW4318 Ruine Reußenstein

 

Zur Verfügung gestellt vom Albengel am Schopflocher Moor, besser als Otto-Hoffmeisterhaus bekannt

WEBcode 181192

Die Kommentare sind geschlossen.