Münsingen, Laichingen: Leinenweber-Tour
Sie dreht sich doch, die Sonne um die Erde. Zumindest noch im 17 Jahrhundert. Doch war dies den Bewohnern in dem ärmlichen Laichinger Häuschen ziemlich gleich. Für sie drehte sich die Welt um einen anderen Mittelpunkt: Die Leinenweberei.
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GPS-Biketour: Drehscheibe
Sie dreht sich doch, die Sonne um die Erde. Zumindest noch im 17 Jahrhundert. Doch war dies den Bewohnern in dem ärmlichen Laichinger Häuschen ziemlich gleich. Für sie drehte sich die Welt um einen anderen Mittelpunkt: Die Leinenweberei.
- Start/Ziel: Bahnhof Münsingen Mobilitätszentrum oder Laichingen Marktplatz
- ■■ Leinenwebertour: 70 km / 1006 Hm.
- Höhe: min/max 683/856 m
- Fahrzeit: 4:00 Std./leicht
- Sehenswert: Ponyhof & Märchenpark Machtolsheim, Tiefenhöhle und Wildtiergehege Laichinger, Turm Hursch, Biosphärenzentrum
Die Leinenweber-Biketour dreht am Rad der Zeit. Als Neuzugang der beispiellos umfangreichen Münsinger E-Bike-Tourensammlung steuert diese Route gen Osten. Während hier zwischen Münsingen als Ausgangspunkt über Laichingen als Mittelpunkt bis Merklingen als Wendemarke den genüsslich pedalierenden Radlern maximal frühlingswarmer Fahrtwind entgegenhaucht, bliesen den Laichinger Älblern 400 Jahre zuvor Stürme und Orkane eines entbehrungsreichen Lebens ins Gesicht.
Der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648 und die zeitgleich grassierende Pest raffte 40 Prozent der Menschen dahin. 1633 zwingt die Kirche den Astronom Galileo Galilei in die Knie: Hausarrest, lebenslang, er muss seiner Erkenntnis abschwören, dass sich die Erde um die Sonne drehe und nicht umgekehrt.
Während dieser Zeit allerdings erhellte ein Hoffnungsschimmer die Gemüter: Laichingen wuchs neben Bielefeld zu einem der wichtigsten Zentren der traditionellen Leinenweberei heran. Als Zeitzeuge wurde das Laichinger Leinenweberhäuschen (Foto unten) fein säuberlich abgetragen und originalgetreu im Freilichtmuseum Beuren zusammengesetzt.
Laichinger Weberhäuschen im Freilichtmuseum Beuren.
Um 1677 errichtet, fristete es als Bauernhaus sein Dasein. Später, in der Blütezeit der Leinenweberei wurden daraus zwei Doppelhaushälften. Unter dem Stroh-Lehm-Dach lebten und arbeiteten ab 1835 drei Familien auf 94 Quadratmetern, im feuchten Keller schlug und knarzte der Webstuhl.
Nur ein entbehrungsreiches Dasein war seinerzeit den Webern vergönnt, eine Menge Abwechslung bei Freizeit und Arbeit dagegen genießt der Laichinger heute. Im Erholungswald Westerlau fühlt sich Schwarzwild im Wildtiergehege sauwohl (Foto unten).
WIldschweinnachwuchs im Laichinger Gehege.
Dieser Abstecher liegt nur wenige 100 Meter von der Tour nähe des Sportplatzes entfernt. Ein Besuch in der Tiefenhöhle mit angrenzendem Klettergarten ist Standardziel bei Schulausflügen, während die ganz Kleinen mit Eltern den Märchenpark am Ponyhof in Machtolsheim erkunden.
Diese überwiegend auf Asphalt geführte Tour (bis auf einige 100 Meter) eignet sich perfekt auch für Rennradler. In Merklingen dann taucht man aus der leisen Einsamkeit einer erfreulich wenig frequentierten Radroute ins Dauerrauschen fossiler Mobilität. Merklingen liegt an der A8, parallel rast die Schnellbahn. Ab Ende 2022 geht der Regionalbahnhof Merklingen ans Schienennetz als erster und einziger Halt hoch oben auf der Alb (Foto und Infokasten ganz unten).
Radeln über den ehemaligen Truppenübungsplatz.
Volles Programm: 14 Touren für E-Bikes gemacht
Münsingens E-Bike-Offensive liegt voll im Trend. Die hier besprochene Leinenwebertour ist nur eine, allerdings die neuste von insgesamt 14 Eintagestouren. Wer im Laufe einer Radsaison alle Münsinger Routen unter die Räder nimmt, sammelt rund 700 Kilometer. Die Routen führen durch die eindrucksvolle Landschaft des UNESCO-Biosphärengebiets Schwäbische Alb und zu den schönsten Sehenswürdigkeiten. Ausgangspunkt ist stets das Mobilitätszentrum am Bahnhof. Dort stehen 27 Pedelecs zum Ausleihen bereit. Besser Sie reservieren: www.muensingen.com/e-Bike
Stop & Go: Alb-Bahnhof
Merklingen ist Radio-bekannt für „Stop-and-Go“ auf der Autobahn (Foto). Ab 2023 allerdings wandelt sich dieser Anglizismus, bis dato der Schrecken aller Autofahrer, zum Segen: „Stop“ am neuen Merklinger Alb-Regionalbahnhof „and Go“ – einfach losradeln. Zuerst das Bike als Zugbegleiter, dann als treuer Wegbegleiter zu den schönsten Reisezielen auf der Alb. Ulm liegt nur 10 Bahnminuten entfernt.
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Printausgabe: Sphäre 1/2021, Seite 14-15
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