Lenningen-Schlattstall / Römerstein-Böhringen: Kernzone Lange Steige
GPS-Wandertour: Albsteige anno dazumal
Rund 80 Albsteigen erschließen das 200 Kilometer lange Schwabengebirge für Autofahrer. Unzählige Wanderpfade winden sich die Alb hinauf. Jedoch nur eine Handvoll dieser Himmelsleitern führt durch wilde Felsschluchten und Urwälder von morgen.
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Abenteuer Kernzone: Tief im Dunkel schlängelt sich die historische Lange Steige vom Lenninger Tal über Schlattstall nach Böhringen – früher als Mühlensteige bekannt.
- Start/Ziel: Schlattstall im Lenninger Tal oder Römerstein-Böhringen
- ■■ Lange-Steige-Tour: 13,7 km / 450 Höhenmeter
- Abkürzung: Über Sperberseck
- Höhe: min/max 550/863 m
- Gehzeit: 4:00 Std./schwer
- Sehenswert: Schlattstall, Römersteinturm, Ruine Sperberseck
- Pause: Römersteinturm, Burgbrunnen
Kernzone lautet das verheißungsvolle Kunstwort, das ein wenig heile Welt verspricht. Nur ein wenig? Ja, denn Deutschland rückt seinem Holz mit gewaltigen Erntemaschinen immer dichter auf den Pelz, respektive die Rinde. In dem Maße wie die Republik Nationalparke aus der Taufe hievte, steigerte sie den Holzeinschlag: Das Statistikamt der EU, Eurostat, beziffert die entnommene Rohholzmenge 2020 in Deutschland auf 84,05 Millionen Kubikmeter. 2016 genügten noch 52,19 Millionen Kubikmeter.
Mit anschaulichen Slogans wie „Natur Natur sein lassen“ oder „hier darf Natur machen, was sie will“ steuern Schutzgebiete wie das Biosphärengebiet Schwäbische Alb dagegen. Die Kernzonen sind für den Urwald reserviert, bei dem nicht der Mensch regiert, sondern Flora und Fauna.
Gutes Schuhwerk gefragt.
Die Architekten der Biosphäre allerdings konnten sich nicht entschließen, große zusammenhängende Wälder vor den gierigen Holzerntemaschinen zu schützen. Die Urwälder von morgen haben die Macher, wie es Kritiker formulieren, auf „viele kleine Kernzönchen“ verteilt.
Schade. Um so mehr sei diese Wanderung empfohlen durch eine der doch respektabelsten Kernzonen. Die wilde Lange Steige von Schlattstall nach Böhringen hinauf und wieder das Donntal hinab Richtung Gutenberg genossen schon vor der Anerkennung zum Biosphärengebiet im Jahre 2009 als Bannwald höchsten Schutz. Hier mussten nicht erst die stürmische Xanthippe (2020) oder Ignatz (2021) die Stämme knicken. Schon über Jahrzehnte vermodert hier das Holz. Zeitweise schoben Sturzbäche der sonst trockenen Talsohle die moosbewachsenen, dunkelfeuchten Stämme zu unüberwindlichen Barrikaden zusammen. Deshalb umgeht ein vor elf Jahren angelegter Treppenanstieg und anschließender Trail diese natürliche Hürde. Dieser Pfad gilt als einer der schönsten Abschnitte dieser Tour.
Im hellen Frühlingswald macht Wandern auf schmalen Pfaden doppelt Spaß.
Kaum zu glauben, dass einst auf dieser unwegsamen Steige die Ur-Böhringer ihr mühsam gedroschenes Korn hinabkarrten zu den Mühlen im Lenninger Tal. Die Lange Steige, die wir im Foto ganz oben tief im Schatten dieses Felsblocks sehen, haben wohl schon die Kelten als Alb-Aufstieg genutzt, hinauf zu der gigantischen Keltensiedlung bei Grabenstetten (Stichwort Heidengraben). Vor 2000 Jahren war dieser Anstieg quasi die A8 der Antike. So wundert es denn auch nicht, dass diese Autobahn der Kelten auch unsere Urgroßväter kräftig nutzten. Die Lebensader vom Lenninger Tal über Schlattstall hinauf nach Böhringen hieß seinerzeit Mühlenweg. Die Verlängerung dieser Verkehrsachse findet sich noch heute dokumentiert als Straßenschild in Zainingen: „Mühlensteige“.
Kinderprogramm: Vespern, grillen oder doch reiten?
Abstecher: Pause mit Fernsicht.
Zwischen Lange Steige hinauf und Donntal hinab liegt die höchste Erhebung der Mittleren Alb: der 874 Meter erhabene Bergsporn Römerstein mit 28 Meter hohem Aussichtsturm. Mehrere Grillstellen samt Sitzgelegenheiten laden zum Verweilen ein – ideal für Familien mit Kindern. Auch die versteckte Grillstelle am historischen Burgbrunnen eignet sich für Abenteuerspiele.
Quelltopf Burgbrunnen.
Alternativ können sich die Kleinen auch über einen Spazierritt mit Kutsche oder Pony freuen. Der Ferien- und Pferdehof Schepper liegt am Ortsrand von Böhringen: www.ferienhof-schepper.de
Pferdeland: Ponyreiten für die Kids.
Wohnmobil & Camping
Nur von Feld, Wald und Wiesen gesäumt. Während viele Campingplätze oftmals an stark befahrenen Straßen liegen, herrscht auf dem Campingplatz Lauberg des Örtchens Böhringen himmlische Ruhe. Das angegliederte Cafe-Bistro bietet Kuchen und kleine Speisen. Wer feste vier Wände bevorzugt, kann ein Gästezimmer buchen oder eine Ferienwohnung (5 Personen).
Info: www.lauberg.de
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Printausgabe: Sphäre 1/2022, Seite 12-13
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